MitgliederparteitagWie sich die SPD Leverkusen auf die kommende Europawahl einschwört

Lesezeit 4 Minuten
Die SPD schwor sich auf ihrem Mitgliederparteitag in der Stadthalle Bergisch Neukirchen auf die anstehenden Wahlen ein.

Die SPD schwor sich auf ihrem Mitgliederparteitag in der Stadthalle Bergisch Neukirchen auf die anstehenden Wahlen ein.

Karl Lauterbach äußerte sich in Leverkusen auch zur aktuellen Haushaltskrise der Ampel-Koalition.

Es steht viel auf dem Spiel bei der kommenden Wahl zum Europäischen Parlament am 9. Juni 2024. Das machen alle Rednerinnen und Redner auf dem Mitgliederparteitag der Leverkusener SPD in der Stadthalle Bergisch-Neukirchen am Samstag unmissverständlich deutlich. „Europa driftet auseinander“, sagt Oberbürgermeister Uwe Richrath. Finnland, Holland, Frankreich, Italien – „die Welt tickt momentan anders“, verweist er auf die teils enormen Zugewinne von rechten Parteien und Gruppierungen bei den vergangenen Wahlen in Europa. „Wir müssen Europa zusammenhalten“, wird der Bürgermeister vor dieser „richtungsweisenden Wahl“ deutlich.

Bei dieser Wahl ins Rennen geht für Leverkusen Marco Sahler. Er ist 2019 in die Partei eingetreten und engagiert sich im Ortsverein Schlebusch-Alkenrath. Er wolle ein soziales Europa, sagt er. Eines mit europaweit geltenden sozialen Standards. Zum Beispiel bei der Kindergrundsicherung. Sahler greift häufig die Positionen der AfD an, wohlwissend, dass ihm in dieser Runde der Beifall seiner Genossinnen und Genossen dafür sicher ist.

Zum Thema Europa spricht auch Claudia Walther, Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl in Mittelrhein. Sie wolle ein sozialeres, demokratischeres und stärkeres Europa. Die Lebensverhältnisse müssten nach oben angeglichen werden, sie wolle den Mindestlohn europaweit durchsetzen. Auch sie wählt dramatische Worte in Bezug auf den Rechtsruck durch Europa: „Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg wurde Europa so gebraucht wie jetzt. Aber noch nie wurde es so herausgefordert.“

Alles zum Thema Karl Lauterbach

Marco Sahler (v.l., Leverkusener SPD-Kandidat für die Europawahl), Claudia Walther (Spitzenkandidatin in Mittelrhein für die Europawahl), Alexander Finke (SPD-Vorsitzender), Milanie Kreutz (Fraktionsvorsitzende), Karl Lauterbach (Leverkusener MdB und Bundesgesundheitsminister) und OB Uwe Richrath.

Marco Sahler (v.l., Leverkusener SPD-Kandidat für die Europawahl), Claudia Walther (Spitzenkandidatin in Mittelrhein für die Europawahl), Alexander Finke (SPD-Vorsitzender), Milanie Kreutz (Fraktionsvorsitzende), Karl Lauterbach (Leverkusener MdB und Bundesgesundheitsminister) und OB Uwe Richrath.

Mit Spannung erwarten die Genossen auch die Rede vom Leverkusener Bundestagsabgeordneten und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Er spricht zum ersten Mal öffentlich in Leverkusen, seit das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil zu den 60 Milliarden Euro für den Klima- und Transformationsfonds die Ampel in Berlin in eine tiefe finanzpolitische Krise gestürzt hat. Der Staat müsse investieren, sonst könne die Wirtschaft in Deutschland irgendwann nicht mehr mithalten. Eine schwarze 0 nütze nichts, wenn am Ende keine Arbeitsplätze mehr da seien. „Wir werden und müssen eine Lösung finden“, sagt Lauterbach.

Lauterbach wiederholte sein Mantra, was er zum Beispiel vor Monaten beim Wirtschaftsempfang schon mitgeteilt hatte: „Wir dürfen die Industrie nicht im Stich lassen.“ Auch dafür holt sich der Minister den obligatorischen Applaus ab. Aus seinem eigenen Ressort geht Lauterbach auf die viel kritisierte Krankenhausreform ein. „Das System ist ökonomisch getrieben“, kritisiert er. Er verspricht sich von seinen geplanten Veränderungen „mehr pflegerische Autonomie“ und „mehr Freiheiten für die Krankenhäuser“. Konkret sagt er, dass es Vorhaltepauschalen für eine Daseinsvorsorge geben müsse.

Leverkusen: Karl Lauterbach gegen Autobahnausbau

Sehr klar positioniert sich der Minister erneut zum Autobahnausbau in Leverkusen: „Leverkusen hat keinen Bedarf für zwei achtspurige Autobahnen durch die Stadt.“ Das sei aus der Zeit gefallen und zerschneide die Stadt. Zudem sei eine Tunnellösung mit vielleicht 300 Millionen Euro nicht exorbitant teurer als die bisher angedachte Stelze. Einen Seitenhieb auf den großen Nachbarn Köln und die Kostenexplosion beim Opern-Bau kann sich der Minister nicht verkneifen: „Der Erhalt der Innenstadt ist mehr wert als ein Opern-Neubau in der Großstadt.“

Milanie Kreutz, Fraktionschefin, berichtet aus der Ratsarbeit. Die SPD-Fraktion habe „krachend verloren“, als sie die verkaufsoffenen Sonntage verbieten wollte. Auch der Parteiaustritt von Sven Tahiri, der zur CDU gewechselt ist, sorgt für ein Raunen im Stadtsaal. Mut macht die Fraktionschefin in Sachen Wiesdorfer Innenstadt. „Es tut sich einiges.“

Sie äußert sich auch zu den Personalproblemen in städtischen Kindertagesstätten und kritisiert den zuständigen Dezernenten Marc Adomat (CDU) und dessen Organisation. Personal müsse eingestellt werden, bevor die Gebäude fertig sind, spielt sie auf das Problem am Fester Weg an, wo eine neue Kita nicht eröffnen konnte, weil keine Erzieherinnen da sind. Auch in puncto Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz ab 2026 zeigt sich Kreutz nicht optimistisch: „Ich bin ehrlich: Ich weiß nicht, ob wir das schaffen.“

Alexander Finke, Parteivorsitzender, stellt einen Leitantrag zum Thema Innenstadt, den die Genossen beschließen. Unter anderem sollen die Marktplätze mehr für die Menschen genutzt werden, es soll mehr barrierefreie Toiletten geben und Leverkusen soll eine Stadt werden, in der Menschen alles zu Fuß in 15 Minuten erreichen können. Für satzungsändernde Anträge waren nicht genug Mitglieder vor Ort, 93 hätte man dafür gebraucht, 82 stimmberechtigte waren vor Ort.

KStA abonnieren