20 Jahre VizekusenDie Relikte von Bayers verspielter Meisterschaft

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Ein Meisterschal, der nie zur Anwendung kam in Vizekusen.

  • Im Jahr 2000 verlor Bayer 04 Leverkusen die schon sicher geglaubte Deutsche Meisterschaft an Bayern München.
  • Am 20. Mai jährt sich das Ereignis zum 20. Mal. Einige Relikte aus der verspielten Meisterschaft sind noch erhalten.
  • Meinolf Sprink, heute Direktor für Fans und Soziales bei Bayer 04, erinnert sich an das Spiel und den Schock danach.

Leverkusen – Das größte sporthistorische Ereignis der Stadt Leverkusen wurde in Gold gegossen. 1000 Münzen mit der Prägung „Deutscher Meister 2000 Bayer Leverkusen“ ließ der damalige Sparkassen-Chef Manfred Herpolsheimer anfertigen. Zwei oder drei davon gibt es noch, der Rest wurde wieder eingeschmolzen nach jenem verhängnisvollen 20. Mai, der sich am Mittwoch zum 20. Mal jährt.

Eine der Münzen ist in Besitz von Meinolf Sprink, der heute Direktor für Fans und Soziales bei Bayer 04 Leverkusen ist. Im Jahr 2000 war er Sportbeauftragter der Bayer AG und als solcher im Sportpark Unterhaching, um die sicher geglaubte erste Deutsche Meisterschaft des Werksklubs zu feiern. Er hält sie in Ehren, als Erinnerung an einen Traum, der zerplatzt ist.

„Bei manchen hatte man das Gefühl, das Spiel sei schon gewesen“

Zwei Ereignisse sind Meinolf Sprink vom 20. Mai 2000 besonders in Erinnerung geblieben. Und das ist nicht das Eigentor von Michael Ballack oder das 2:0 für die Spielvereinigung Unterhaching eines „gewissen Herrn Oberleitner, das musste ich gerade noch mal nachschlagen“, sagt Sprink 20 Jahre später. Die erste bleibende Erinnerung ist die von dem Mittagessen vor dem Spiel. „Da saßen Vertreter von beiden Vereinen und auch einige DFB-Leute zusammen und alle haben uns auf die Schulter geklopft“, erinnert sich Sprink.

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Meinolf Sprink hat einige vorbereitete Artikel zur erwarteten Meisterschaft aufbewahrt. 

Tolle Saison gespielt, vor dem abschließenden Spiel beim Aufsteiger drei Punkte Vorsprung auf den großen FC Bayern, die Meisterschaft nur noch Formsache. „Bei manchen hatte man das Gefühl, das Spiel sei schon gewesen“, sagt Sprink. Aber je näher die Leute am Sport waren, desto zurückhaltender seien sie gewesen. „Reiner Calmund hat sämtliche Gratulationen abgewiesen und war sehr ruhig bei diesem Essen.“ Die zweite prägende Erinnerung ist die, wie regelmäßig ein Alphorn ertönte, das Tore im nahen München verkündete. Drei Mal in den ersten 16 Minuten.

Kurz nach der 72. Minute die Gewissheit - „Das war’s“

Und wie sich schließlich die ganze DFB-Delegation, angeführt von Präsident Egidius Braun, von ihren Plätzen erhob. Es muss kurz nach der 72. Minute gewesen sein, als Unterhaching das 2:0 erzielte. Die DFB-Delegation verließ nicht alleine das Stadion, sie nahm die Meisterschale mit, das Original, das nach Unterhaching gebracht worden war. Und fuhr sie die 17 Kilometer ins Münchner Olympiastadion. „In dem Moment machte sich die Gewissheit breit: Das war’s“, erinnert sich Sprink.

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Die Sparkasse ließ solche Goldmünzen zur Meisterschaft prägen. Sie wurden fast alle eingeschmolzen. 

Natürlich war der Verein vorbereitet auf die Meisterfeier, hatte T-Shirts bedrucken lassen, eine CD mit „Wir sind Deutscher Meister“ liegt heute auf Sprinks Schreibtisch. In Umlauf gekommen ist sie nie, ebenso wie die Shirts und Schals, von denen fast alle dem Schredder zum Opfer gefallen sind. „Das passiert natürlich unter dem Deckmantel größter Verschwiegenheit, weil es sonst als schlechtes Omen und Arroganz ausgelegt wird“, sagt Sprink. „Aber jder Verein macht das, wenn es um einen Titel geht.“ Wie viele Shirts schon im Schredder der Bundesliga gelandet sind – keiner weiß es genau, aber es sind sehr sehr viele.

„Vize“ haftet bis heute am Klub

Für die rauschende Meisterfeier war das Casino gebucht. „Wir sind dahin gefahren, aber es wurde nicht viel getrunken, irgendwie waren alle wie in einem Schockzustand“, erinnert sich Sprink. „Das war alles wie in einem Traum, der an einem vorüber gezogen ist.“ Das Banner im Casino wurde noch in der Nacht schnell in: „Glückwunsch zur Vizemeisterschaft“ umfirmiert. Das „Vize“ haftet seitdem so sehr an dem Klub, dass er sich den Begriff „Vizekusen“ schützen ließ.

Das war aber später, lange nachdem im Jahr 2002 erneut viele Schals geschreddert werden mussten. Die mit der Aufschrift „Pokalsieger 2002“, „Deutscher Meister 2002“ und „Champions-League-Sieger 2002“. Aber das ist eine andere Geschichte.

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