„Zaltho Sangha“Wie ein buddhistischer Verein in Leverkusen Achtsamkeit vermittelt

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Marion GenRai kniet in einem Gewand auf einem Kissen.

Marion GenRai ist Vereinsvorsitzende des buddhistischen Vereins „Zaltho Sangha“.

Die Vereinsmitglieder treffen sich regelmäßig in Opladen, um zu meditieren.

In einer japanischen Robe gekleidet öffnet Marion GenRai Lukas lächelnd die Haustür, vor der ein steinerner Buddha steht. An diesem Abend findet in Opladen, im Vereinsheim des buddhistischen Vereins „Zaltho Sangha“, eine Meditationsrunde statt. Die Schuhe werden ausgezogen, der Weg führt eine Treppe herunter in den Keller.

Die Wände des Gemeinschaftsraumes sind voller Fotos. Auf vielen ist der Lehrmeister von Marion GenRai Lukas und Gründer des Vereins, Claude AnShin Thomas, zu sehen. Einige Fotos zeigen Marion GenRai Lukas mit langen blonden Haaren, inzwischen trägt sie eine Glatze. „Um Haare wird so viel Brimborium gemacht, es ist viel Anhaftung“, sagt die buddhistische Nonne.

Das Bild einer schönen Frau mit langen Haaren sei ein gesellschaftlich erlerntes Schönheitsideal. Wer an so etwas festhalte, könne nicht frei werden und schwieriger erwachen, erklärt die 52-Jährige. „Meditation heißt, sich zu lösen von dem Gedanken: Ich bin meine Haare, ich bin mein Auto, ich bin mein Job“, sagt sie.

Leverkusenerin schaute sich Meditieren bei Spock ab

Vor allem in der heutigen schnelllebigen Zeit sei Meditation hilfreich, um Achtsamkeit und Gelassenheit im Alltag zu üben. Damit dies im täglichen Leben funktionieren kann, solle man aber erstmal in Ruhe im Sitzen damit beginnen.

Die Faszination für Meditation startete bei der gelernten Diplomverwaltungswirtin schon als Kind, als sie bei Raumschiff Enterprise Spock beim Meditieren zuschaute. Später begann sie mit tibetanischem Yoga. Als sie 1998 den Dalai Lama traf, erzählte dieser, dass man einen Lehrer brauche. Etwas Greifbares, was einem den Buddhismus nahebringe, kein Buch.

Ihren Lehrmeister hat sie dann in Claude AnShin Thomas gefunden. Kurz nachdem sie ihn im August 2000 bei einem Meditationsseminar in Köln kennengelernt hatte, trat sie dem von ihm gegründeten Verein „Zaltho Sangha“ bei. Mittlerweile ist sie Vereinsvorsitzende.

„GenRai“ heißt „Subtiler Donner“

Claude AnShin Thomas ist ein US-Amerikaner, der freiwillig im Vietnamkrieg diente. Nachdem er eigenen Aussagen zufolge für den Tod vieler Menschenleben verantwortlich gewesen und schwer verwundet aus dem Krieg wiedergekehrt sei, habe er Erfahrungen mit Arbeitslosigkeit und Drogensucht gemacht. Mittlerweile lebt er als Wander- und Bettelmönch und ist Autor mehrerer Bücher.

Durch ihre Novizenordination im Jahr 2002 erhielt Marion Lukas von ihrem Lehrmeister den Beinamen „GenRai“, was „subtiler Donner“ bedeutet. Zu der Zeit war sie noch Beamtin bei der Stadt Leverkusen. Dort habe sie große Unterstützung für ihren religiösen Werdegang erhalten, auch als sie sich 2017 im Zuge der vollen Nonnenordination die Haare abrasierte. Im selben Jahr bekam sie eine Brustkrebsdiagnose und musste behandelt und operiert werden. Als sie wieder anfing zu arbeiten, litt sie unter extremer Erschöpfung und stand am Rande eines Burnouts. „Seitdem bin ich Vollzeit-Nonne“, erzählt sie lächelnd.

Der Verein „Zaltho Sanga“ finanziert sich durch den Verkauf von Büchern, Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Damit sie bei externen Veranstaltungen erscheinen können, müssen sie eingeladen und die entstehenden Kosten übernommen werden. Ausnahmen sind Orte, bei denen das den Organisatoren nicht möglich ist.

Leverkusen: Vereinsgründer kommt als Ehrengast

An diesem Mittwochabend ist auch Gründer des Vereins Claude AnShin Thomas im „White Light Zendo“, dem Vereinsheim von „Zaltho Sangha“. Als Ehrengast nimmt er an der Gruppenmeditation teil und sitzt am Glockenspiel. Über Zoom werden drei weitere Vereinsmitglieder dazugeschaltet und ein Youtube-Livestream gestartet.

Beim Betreten des Meditationsraums verbeugen sich die Mitglieder des buddhistischen Vereines. „Wir verbeugen uns vor dem Raum aus Dankbarkeit für einen warmen Ort und einem Dach über den Kopf“, sagt Marion GenRai Lukas. Der Meditationsraum ist mit beigem Teppichboden ausgelegt, an den Holzwänden hängen Tankas – buddhistische Rollbilder.

Auf einem Altar stehen Räucherstäbchen, ein Buddha und weitere buddhistische Figuren. In der Mitte des Altars thront ein Foto von JiZo, dem verstorbenen Kater von Marion GenRai Lukas. „Bei der Meditation ist der Atem der Anker“, sagt die Nonne. Man solle probieren, sich nur auf die Atmung zu konzentrieren. Fühlen, wie kalte Luft durch die Nasenwände einströmt und aus dem Mund wieder herausströmt. „Andere Gedanken werden kommen und das dürfen sie auch. Aber man muss versuchen, sie wieder ziehen zu lassen und sich wieder auf die Atmung zu konzentrieren“, rät Lukas.

Meditation beginnt mit dreifachem Glockenschlag

Zu viert sitzen die Vereinsmitglieder im Meditationsraum. Die Novizin erklärt, man sitze richtig, indem man drei Kontaktpunkte zum Boden habe. Die Fortgeschrittenen – an dem Abend sind das Marion GenRai Lukas und Claude AnShin Thomas – sitzen im klassischen Meditationssitz, bei dem die Knie und das Gesäß den Boden berühren, während man die Füße über Kreuz auf die Kniekehlen legt. Die anderen Gruppenmitglieder nehmen einen Hocker oder Stuhl zur Hilfe.

Die Meditation beginnt mit einem dreifachen Glockenschlag, auf den absolute Stille folgt. Die Augen werden entweder geschlossen gehalten oder der Blick auf einen festen Punkt gerichtet. Nach 20 Minuten erfolgen zwei weitere Glockenschläge und es wird sich aus der Meditation gelöst. Nacheinander laufen Marion GenRai Lukas und Claude AnShin Thomas in einer festen Schrittabfolge durch den Meditationsraum und verneigen sich vor den einzelnen Gruppenmitgliedern – auch vor denen, die per Zoom zugeschaltet sind – sowie einigen Punkten des Raumes.

Darauf folgt die Rezitation buddhistischer Texte. An diesem Mittwoch wird ein glückversprechender Sprechgesang zur Abwendung von Unheil rezitiert. Nach weiteren Rezitationen ist die Gruppenmeditation beendet.

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