Mehr Geld, weniger Einfluss?Leverkusener Künstler sollen Corona-Hilfe erhalten

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Petra Clemens, r. (hier mit Katharina Meierjohann) (Archivfoto)

Leverkusen – Weil es aufgrund der Corona-Pandemie vorerst keine Konzerte, Ausstellungen, Theateraufführungen oder sonstigen Kulturveranstaltungen mehr gibt, wollen Leverkusener Politiker den freien Kulturmachern der Stadt helfen: Die Fraktionen von CDU, FDP und Bürgerliste beantragen eine erhöhte finanzielle Unterstützung für Künstler und Vereine. Indes: Es ist eine Forderung, die trotz ihres löblichen Ansatzes einen Haken hat, entzieht sie doch der freien Szene gleichzeitig deren Selbstbestimmung.

90 000 Euro zusätzlich

Der Plan umfasst unter anderem folgende Punkte: Die für das erste Halbjahr 2020 bereits bewilligte Förderungen haben weiterhin Bestand – alleine schon, um eventuelle Verlegungen der wegen des Coronavirus entfallenen Veranstaltungen in die zweite Jahreshälfte zu ermöglichen.

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Und: Den freien Kulturschaffenden sollen zusätzlich zu den bereits im Haushalt veranschlagten 90 000 Euro weitere 90 000 Euro als „Maßnahmenpaket Kulturförderung und Kulturhilfen 2020“ zur Verfügung gestellt werden. Auch weil sich laut Bernhard Marewski (CDU) die Zahl der Antragstellungen – die Antragsfrist war wegen der Pandemie jüngst verlängert worden – gegenüber dem Vorjahr verdreifacht habe.

Kulturpolitikerin übt Kritik

Kritik an den Plänen üben jedoch Roswitha Arnold von den Grünen und Petra Clemens. Arnold ist Vorsitzende des Kulturausschusses. Clemens ist freie Regisseurin sowie Mitglied des Jungen Theaters und gehört jener Jury an, die gemäß der Kulturförderrichtlinien mit darüber entscheidet, wem das im Haushalt für die freie Szene veranschlagte Geld zugutekommt.

Sie begrüßen zwar die Motivation, die hinter dem Antrag steckt. „Ich werde mich ihm sicherlich nicht verwehren“, sagt Arnold, während Clemens betont: „Wir würden diese weiteren 90 000 Euro wahnsinnig gerne nehmen.“ Wenn die Stadt zusätzlich Geld für Künstler bereitstelle, dann sei das „absolut gut“.

Störender Passus im Antrag

Jedoch stören sich beide an einem Passus im Antrag, der am heutigen Donnerstag im Rat auf den Tisch kommt. Darin heißt es nämlich: „Aufgrund des außergewöhnlichen Ereignisses der aktuellen Corona-Krise können Entscheidungen und Höhe der Hilfen […] alleine nur den politischen Gremien obliegen.“ Übersetzt aus dem Beamtendeutsch bedeutet dies: Jene Jury, die nach den verbindlichen Förderrichtlinien für die Verteilung des Geldes mitverantwortlich ist, hätte keinerlei Einfluss mehr. Eine Jury wohlgemerkt, die unabhängig ist und aus Vertretern der freien Szene besteht sowie von deren Akteuren gewählt wurde.

„Das ist eine kalte Entmachtung“, sagt Arnold. „Es wäre total fatal, wenn jetzt allein die Politik über die Verwendung des Geldes entscheidet.“ Dies komme einem Rückschritt gleich: „Wir haben die Jury ja einst eingesetzt um eben zu verhindern, dass einzelne Politiker versuchen, zuvorderst die ihnen persönlich nahe liegenden Institutionen zu unterstützen.“

Expertise ist wichtig

Petra Clemens sagt: „Gerade wir in der Jury kennen uns in der freien Szene aus und verteilen das Geld stets sehr gerecht.“ Das könne die Politik nicht leisten.

Hinzu komme, dass man ja noch gar nicht absehen könne, wann es überhaupt wieder Veranstaltungen geben werde, betont Arnold. Die Hilfe müsse aber zielgerichtet sein. Was auch Clemens so sieht: „Wenn es bald nicht nur um Projekte, sondern eventuell um Existenzen geht, müssen wir handeln können.“

Arnold schlägt deshalb einen Aufschub des Antrags auf die Zeit nach der Sommerpause vor. Bis dahin würden die Vertreter der freien Szene genauer wissen, wer welche Förderung benötige. Ein erstes Treffen der Jury ist für den Freitag anberaumt.

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