Opladen bis DürscheidSo stark sind die Schäden am Wiembach – ein Jahr nach der Flut

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Juli 2022, Volker Schumacher steht auf dem Radweg, darunter ist Luft: Hier ist noch nichts geschehen, außer Absperrungen. 

Leverkusen – Zwei Tage nach dem großen Regen am 14. Juli 2021 fuhren wir den Wiembach hinauf bis nach Dürscheid um von Zerstörungen am Bach zu berichten. Ein Jahr danach haben wir die Tour wiederholt.

Das Naturgut Ophoven hatte es vor einem Jahr schwer getroffen: Untergeschoss, Werkstatt, Ausstellung und Seminarräume waren zerstört. Auch heute noch stehen auf dem ehemaligen Parkplatz ein paar Container, weil die Räume noch nicht benutzbar sind. Naturgut-Chef Hans-Martin Kochanek sagt ernst: „Die bleiben erstmal, weil wir eine komplette Renovierung bekommen, nicht nur das Erdgeschoss.“

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Hochwassermarke am Naturgut Ophoven. 

Das Problem: Heute gibt es strengere Richtlinien zu Dämmung, Brandschutz und so weiter als zur Entstehungszeit des Naturguts in den 1980er-Jahren. Kochanek: „Das passt dann technisch alles nicht zusammen.“

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„Wir müssen weniger versiegeln“

Seine Erkenntnis aus einem Jahr ständiger Beschäftigung mit den Flutfolgen: „Jetzt kommen die wichtigen Einbauten unters Dach.“ Zum Beispiel die Heizung. Und was muss sonst geschehen? „Der Bach muss seinen Raum für Hochwasser bekommen und wir müssen insgesamt weniger versiegeln.“

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2021: Die Brücke am Naturgut. 

Die Holzbrücke im Naturgut, die das Hochwasser herausgerissen hatte, liegt längst wieder in den Lagern.

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Talstraße: Professionell vergitterte Brücke. 

Etwas weiter oberhalb am Ende der Talstraße ist die Brücke  auch nach einem Jahr immer noch gesperrt. Sehr professionell wirkt die bombenfeste Absperrung mit einem stabilen Stahlgitterzaun.

Weiter nach Biesenbach: Der Wiembach fließt heute ganz ruhig. Man bekommt den Eindruck, dass die Behörden beim Brückensperren kompromisslos sind. Der hölzerne Übergang zwischen Biesenbach und dem Werner-Heisenberg-Gymnasium ist – wie in der Talstraße – ein Jahr nach der Flut mit einem Profi-Zaun versperrt.

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Biesenbach, 16.7. 2021

Volker Schumacher wohnt in der Nähe, schüttelt den Kopf und sagt, es gehe hier wohl nur darum, dass die Sperrung für die Stadt juristisch wasserfest sei: „Wie oft die hier waren, kann ich gar nicht zählen. Jetzt gibt es am gegenüberliegenden Ufer ein seltsames Geländer. Dann waren sie Tage mit dem Zaunbauen beschäftigt, ich will nicht wissen, was das gekostet hat.“ Schüler umgehen den Zaun, sie hangeln sich außen am Brückengeländer über den Bach. 

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Ein Waldweg-Geländer gegenüber Biesenbach. 

Viel gefährlicher als die dem Augenschein nach stabile Brücke ist sowieso die Auswaschung unter dem Radweg am Wiembach. An dem Schaden hat seit einem Jahr anscheinend niemand auch nur einen Handschlag gemacht. Eine Kunststoff-Sperre soll wohl bedeuten, dass die Benutzung des Weges untersagt ist, aber alle nutzen ihn, obwohl die Abbrüche am Bach heftig sind und an manchen Stellen nichts als Luft unter dem Asphalt ist.

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Die Schäden sind hier und da noch gut zu sehen. 

Schumacher wohnt ein paar Meter weiter. Er hat nicht nur sich selbst, sondern auch den Nachbarn Karla und Karl Schmitz viel geholfen im vergangenen Jahr. Sie alle wohnen in Fachwerkhäusern und so nah am Wiembach, dass man ihn heute gurgeln hört.

„Nie mehr Estrich“

Karl Schmitz sagt, beim Renovieren habe er einen Fehler gemacht: „Ich würde hier nie mehr Estrich legen, den kann ich nach der nächsten Flut doch gleich nochmal rausreißen.“ Sein Tipp: Beton rein und fertig. Von Juli bis Dezember haben er und Frau Karla unten am Wendehammer in Biesenbach im Wohnwagen gewohnt. Stressig sei die Renovierungsphase gewesen.

Einmal sind sie in den Urlaub fahren: Nach Ischia, dort gab es Massagen. Den Wohnwagen ließen sie aber stehen: „Das Ding kann ich nicht mehr sehen“, sagt Karla Schmitz. Sie ist sogar entschlossen, den Wohnwagen dauerhaft stillzulegen.

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Neubauten an der Höhestraße. 

Kaum hundert Meter Luftlinie entfernt sieht man nagelneue edle Einfamilienhäuser. Beispiele der Versiegelung, von der Kochanek gesprochen hatte.

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Die Brücke am Tennisclub Schwarz-Rot Lützenkirchen liegt noch schief. Inge Eisele nimmt die Hürde sportlich. 

Im Tennisclub Schwarz-Rot Lützenkirchen sehen sie es nicht so eng mit ihrem Brückchen, das gebraucht wird, um auf die Tennisplätze zu kommen: Der Wiembach hat daran vor einem Jahr übel gezerrt. Es liegt schief überm Bach und die Geländer sind weggerissen. Es ist notdürftig gesichert. So geht's auch.

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2021: Die Brücke in Dürscheid. 

Dürscheid ist der Schlusspunkt unserer Fahrt, vom Tal her kommt man nicht ins Dorf. Nur hintenrum über die Berge. Es ist ein Umweg von über zehn Kilometern, um ans andere Bachufer zu kommen.

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Achim Wolf – zu Fuß kommt er über die Brücke in Dürscheid, mit dem Auto fährt er weite Umwege. 

Der Dürscheider Achim Wolf muss ihn täglich zweimal fahren. Er sagt, das seien im Monat 540 Kilometer, seit einem Jahr ist das so, er findet, dass die Stadt längst was Provisorisches hätte machen müssen. Die Burscheider Stadtverwaltung hat angekündigt, dass eine neue Brücke zum Jahresende fertig werde. Achim Wolf: „Ich hoffe, sie meinen dieses Jahr.“ 

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