Projekt der Suchthilfe LeverkusenWenn Mama oder Papa süchtig sind

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Kämpferinnen für Kinder aus suchtbelasteten Familien: Sophie-Maxime Nowak, Nadja Robertson und Daniela Thum (v.r.) von den Suchthilfe und dem Diakonischen Werk Leverkusen.

Leverkusen  – Diese Zahlen sind erstens eindringlich: Über drei Millionen Kinder und Jugendliche im Land haben mindestens einen Elternteil, der an einer Sucht erkrankt ist. Zehn Prozent der Menschen in Deutschland waren oder sind in ihrer Kindheit durch ein Suchtproblem in der Familie belastet. Und sie erzeugen zweitens auf Leverkusen heruntergebrochen nicht weniger Schrecken, denn: In der Stadt wachsen demnach 6000 junge Menschen in suchtbelasteten Familien auf.

Das zumindest schätzt Nadja Robertson. Sie ist Mitarbeiterin der Suchthilfe gGmbH in Leverkusen. Und sie leitet seit nunmehr gut eineinhalb Jahren das Projekt „Vernetzt für Kids“, das sich genau dieses Problems annimmt und ihrer Meinung nach mehr Aufmerksamkeit benötigt.

Diakonisches Werk: „Wir sind nicht allein“

Es geht Nadja Robertson und ihrem Team darum, Angebote speziell für Familien zu entwickeln, in denen die Erwachsenen süchtig sind. Süchtig nach Drogen, nach Alkohol, nach dem Spielen, nach digitalen Medien. Sprich: Angebote, bei denen sich die Betroffenen austauschen und vernetzen können. Bei denen Kinder wie Eltern sehen: „Wir sind nicht allein mit diesem Problem. Da gibt es noch andere“, wie Daniela Thum vom ebenfalls beteiligten Diakonischen Werk anmerkt.

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Zudem wolle man das Thema der suchtbelasteten Familien „enttabuisieren“ und die darin verwickelten Menschen „entstigmatisieren“, wie sie sagt. Das komme nämlich zu kurz in der Gesellschaft und führe dazu, dass betroffene Kinder und Eltern soziale Kontakte aufgäben, um nicht aufzufallen. „Wir dürfen nicht vergessen: Auch Eltern, die an einer Sucht leiden, wollen gute Eltern sein – und sind gute Eltern.“

Workshops für Familien, Eltern und Kinder

Und so werden unter der Federführung der Suchthilfe, in Kooperation mit dem Diakonischen Werk und dem Jugendamt der Stadt Workshops für Familien und Erlebnistage und Aktionen für Kinder angeboten. Stets kostenlos und somit niedrigschwellig. „Was sehr wichtig ist“, wie Nadja Robertson betont. Viele Betroffene könnten sich die Teilnahme sonst nicht leisten.

Ein weiteres Problem: Viele wüssten davon gar nichts – weswegen Nadja Robertson, Daniela Thum und ihre Projektmitarbeiterin Sophie-Maxime Nowak von der Suchthilfe immer auch „auf die Hilfe von Fachkräften“ angewiesen seien. Sprich: Sie tauschen sich regelmäßig mit Drogenberatenden, mit Jugendamtsmitarbeitenden, mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Kitas und Schulen aus, um an die entsprechenden Familie heranzukommen, denen geholfen werden muss.

Es soll weitergehen

Bezahlt wird das Projekt „Vernetzt für Kids“ vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW – vorerst aber auch nur bis zum März 2023. Dann endet die befristete Förderung – weswegen die Beteiligten in Leverkusen schon jetzt an die Öffentlichkeit gehen: Sie wollen Aufmerksamkeit erregen, damit es im kommenden Jahr weitergehen kann und die leidenden Familien mit Kindern nicht wieder auf sich allein gestellt sind.

„Zwei Jahre – also die Zeit, für die dieses Projekt ausgelegt ist – reichen, um so ein Vorhaben anzustoßen“, sagt Nadja Robertson. Um es nachhaltig zu gestalten, müsse es weitergehen. 

Interviews mit Fachkräften und Betroffenen

Entsprechend motiviert sind sie und ihre Mitstreitenden: Sie führten in den vergangenen Monaten 54 Interviews mit Fachkräften und zehn mit erwachsenen Kindern aus suchtbelasteten Familien, um immer weiter und weiter Informationen und Anregungen zu erhalten, wie man „Vernetzt für Kids“ voranbringen könne. Sollte sich der Einsatz am Ende lohnen, der Dank vieler hilfsbedürftiger Menschen wäre ihnen gewiss. 

Zu den Angeboten von „Vernetzt für Kids“ gehören Kreativworkshops und regelmäßige Treffen von betroffenen Familien. Am 26. November findet etwa von 14 bis 17 Uhr eine „Weihnachtswerkstatt“ statt. Am kommenden Samstag, 22. Oktober, gibt es von 14 bis 17 Uhr eine „Offene Malwerkstatt“ für Kinder im Alter von fünf bis 13 Jahren. Zudem laden die Mitarbeitenden der Suchthilfe und des Diakonischen Werks jeden Freitag von 14 bis 16 Uhr zu einem offenen Spielangebot namens „Spielraum für Kids“ ein. Sämtliche Angebote finden in den Räumen der Suchthilfe an der Pfarrer-Schmitz-Straße 9 in Wiesdorf statt. Die Teilnahme ist kostenlos.

www.suchthilfe-lev.de

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