Geschäftsführer in BergneustadtJan Quast über Mexiko, Metalsa und das Werk

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interview jan quast

Vor dem Verkauf: Jan Quast und das Metalsa-Werk in Bergneustadt stehen vor einer ungewissen Zukunft. Allerdings sieht der Geschäftsführer auch Chancen für das Werk.

  • Das Metalsa-Werk in Bergneustadt soll verkauft werden.
  • Im Interview äußert sich Jan Quast, Geschäftsführer von Metalsa in Bergneustadt, zu der Zukunft des Werks.
  • Außerdem spricht er über Mexiko und die Firma selbst, die Bergneustadt verlassen will.

Bergneustadt – In unserer Reihe „Über Wirtschaft reden“ spricht Frank Klemmer mit Jan Quast, Geschäftsführer von Metalsa in Bergneustadt, über die Zukunft des oberbergischen Standortes.

Sie sind in Schleswig-Holstein geboren. Wie hat es Sie zu Metalsa verschlagen?

Jan Quast: Der Kontakt kam durch meine Zeit in Mexiko zustande. Ich war 14 Jahre bei ThyssenKrupp, einige Jahre davon auch als Geschäftsführer in Mexiko. So bin ich dann später auch ins Visier eines Headhunters geraten. Ich habe das Angebot, zu Metalsa zu kommen, dann angenommen. Nicht nur, weil es ein Karrieresprung war, sondern auch weil mir die Arbeit in Mexiko so viel Spaß gemacht hat.

Was macht denn in Mexiko so viel Spaß?

Ich habe gerne mit Mexikanern zusammengearbeitet. Natürlich kann man nicht pauschal sagen, wie ein Mexikaner ist – das wäre ja ein Vorurteil. Ich habe dort aber ein sehr produktives Land kennengelernt mit einer sehr jungen und gut ausgebildeten Bevölkerung. Ja, auch Kriminalität ist ein wichtiges Thema in dem Land, aber es ist eben auch nur ein Teil. Mexiko ist ein Beispiel dafür, dass die deutschen Vorurteile über bestimmte Länder einfach nicht mehr stimmen. Egal, ob Mittelamerika oder Osteuropa: Da stimmt der Gedanke, dass es sich einfach um Billiglohnländer handelt, gegenüber denen wir uns mit unserer großen Produktivität automatisch durchsetzen, heute nicht mehr. Diese Länder und ihre Menschen haben viel dazugelernt. Im Oberbergischen spricht man oft über den prägenden Charakter von Familienunternehmen für den Standort.

Metalsa als Teil eines internationalen Konzerns fällt da etwas aus dem Rahmen.

Na ja, eigentlich ist ja auch Metalsa Teil eines Familienunternehmens – nur eben des Unternehmens einer mexikanischen Familie. Der Proeza-Konzern, zu dem Metalsa gehört, ist familiengeführt, von den Zambranos aus Monterrey. Neben Metalsa gehört dazu auch zum Beispiel das Unternehmen Citrofrut, das auf Grundstoffe von Obstsäften spezialisiert ist. Außerdem hat die Familie auch schon ein Krankenhaus geführt.

Klingt nach einem Gemischtwarenladen ...

(schmunzelt) Das stimmt, ist aber bei größeren Unternehmen nicht unüblich und reduziert Risiken. Vor allem ist Metalsa aber inzwischen ein internationaler Konzern, dessen Produktion seit jeher vor allem auf Rahmengestelle für Pick-ups und Leiterrahmen für Lkw ausgerichtet ist, vornehmlich für den nord- und südamerikanischen Markt.

Was bedeutet das für die Verbundenheit zu einem Standort wie dem in Bergneustadt?

Das bedeutet, dass diese Verbundenheit natürlich einfach nicht so da ist. Wir sind einer von vielen Standorten im Konzern. Das zeigt sich jetzt auch: Metalsa sucht neue Optionen für das Bergneustädter Werk.

Das ist eine Neuigkeit, die in der Belegschaft sicher für Verunsicherung sorgen wird ...

Die Mitarbeiter sind informiert worden. Auch in der Branche ist es inzwischen bekannt. Und ja, es gibt Ängste in der Belegschaft. Die Menschen machen sich Sorgen um ihren Job – und das kann ich auch gut verstehen. Schließlich haben wir trotz unserer laufenden Restrukturierung immer noch mehr als 1000 Mitarbeiter – und da hängen bei jedem Einzelnen auch Familien dran.

Was sind die Gründe für diese Entscheidung?

Metalsa will sich in Zukunft wieder verstärkt auf das Kerngeschäft wie die Produktion von Rahmengestellen für Pick-ups konzentrieren. Der Bau der amerikanischen Geländewagen prägt schon seit 60 Jahren das Geschäft von Metalsa. Und der Markt boomt – nicht nur in den USA. Der Ford F150 dürfte im Augenblick das am meisten verkaufte Auto auf der ganzen Welt sein. Selbst Elektromobilität spielt bei den Pick-ups inzwischen eine Rolle. Deshalb hat Metalsa schon Anfang des Jahres entschieden, andere mögliche Optionen für das Pkw-Geschäft zu untersuchen. Das betrifft nicht nur das Werk in Bergneustadt, sondern auch weitere Standorte in den USA, Mexiko, China und Südafrika.

Und was bedeutet das für Sie persönlich? Sind Sie als Metalsa-Mann damit ein Geschäftsführer auf Abruf?

Ich sehe mich da als Metalsa-Mann, aber als erstes als Geschäftsführer des Werkes. Genauso wie mein Führungsteam, zu dem auch viele Oberberger gehören, sehe ich mich deshalb zunächst weiter natürlich in der Pflicht. Die Entscheidung darüber muss aber natürlich ein neuer Eigentümer treffen.

Bevor Sie nach Bergneustadt kamen, gab es eine ganze Reihe verschiedener Geschäftsführer. Wie wichtig ist Kontinuität auf diesem Posten – gerade in der jetzigen Situation?

(schmunzelt) Stimmt, vor mir war da viel Fluktuation – auch vor dem Einstieg von Metalsa. Meine Sekretärin hat mir mal erzählt, dass sie in all den Jahren insgesamt 17 Geschäftsführer erlebt hat. Das ist schon eine ganze Menge. Dabei ist es durchaus wichtig, dass so ein Werk ein Gesicht hat.

Sind Sie das inzwischen – ein Gesicht des Werkes?

Na ja, meine Familie lebt in Trier, aber ich habe eine Wohnung in Bergneustadt. Wenn ich da in den Supermarkt gehe, werde ich schon erkannt und angesprochen. Zumindest die Mitarbeiter kennen mich.

Als klassischer Automobilzulieferer stehen Sie und Ihr Werk ohnehin vor großen Umbrüchen – egal, ob unter dem Dach von Metalsa oder unter einem anderen. Spüren Sie schon die aktuelle Krise?

Ja, wir spüren einen Umsatzrückgang gegenüber der Planung, wir rechnen mit einem Minus von fünf bis sieben Prozent. Im Moment können wir damit aber noch leben – wahrscheinlich auch noch in den kommenden sechs Monaten. Das liegt auch daran, dass wir zwei stabile Kunden haben, durch die unsere Aufträge in nächster Zeit gesichert sind. Wie die gesamte Zuliefererbranche stehen wir aber unter erheblichem Druck.

Wie sehen Sie das Werk für die Zukunft gerüstet?

Das Stichwort in der Branche ist Elektromobilität. Einige Bereiche, vor allem wenn es um Getriebeteile geht, werden dadurch in Frage gestellt. Aber auch in Elektroautos wird die Karosserie weiter aus Stahl sein. Also wird alles, was wir sonst machen – Achsen, Lenker, A-Säulen und B-Säulen – weiter gebraucht. Das ist ein Markt, auf dem wir auch schon unterwegs sind und auf dem weitere, vielversprechende Aufträge winken.

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Zur Person

Jan Quast ist 45 Jahre alt und in Eutin in Schleswig-Holstein geboren. In Braunschweig studierte er später Maschinenbau und machte einen Abschluss Diplom-Ingenieur. 14 Jahre lang arbeitete Quast für ThyssenKrupp – davon unter anderem fünf Jahre zwischen 2008 und 2013 in Mexiko, dann drei Jahre nahe Trier. Anfang 2016 kam er zu Metalsa, wo man ihn aus seiner Zeit in Mexiko kannte. Seit Februar 2016 ist er Geschäftsführer des Bergneustädter Werkes – offiziell firmiert er als „Managing Director Light Vehicle Europe & South Afrika“.

Quasts Familie lebt weiter bei Trier. Der 45-Jährige, der eine Wohnung in Bergneustadt hat, pendelt am Wochenende dorthin. 

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