Vierte WelleWaldbröler Krankenhaus merkt Anstieg bei Covid-Patienten

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Mehr Arbeit auf der Intensivstation? Die Zahl der Covid-Patienten hat vor allem in Waldbröl wieder zugenommen.

Mehr Arbeit auf der Intensivstation? Die Zahl der Covid-Patienten hat vor allem in Waldbröl wieder zugenommen.

Waldbröl – Auf den ersten Blick scheint alles gar nicht so schlimm zu sein. Zwar steigt die Sieben-Tage-Inzidenz der neuen Corona-Fälle weiter, am Mittwoch auf jetzt 75,7. Zuvor meldete der Kreis 35 neue laborbestätigte Fälle. Andererseits sinkt die Zahl der aktuell Infizierten leicht auf 337, nach wie vor also nur ein Bruchteil der Betroffenen in der dritten und vor allem in der zweiten Welle. Und: Auch die Situation in den Krankenhäusern scheint noch verhältnismäßig entspannt zu sein.

Laut Klinikum Oberberg ändert sich das aber gerade vor allem im Waldbröler Krankenhaus. Stand Mittwochmorgen waren dort sieben Patienten auf der Infektionsstation, zwei auf der Intensivstation, davon einer unter Beatmung. Deshalb sagt Dr. Jörg Niehüser-Saran, als Chefarzt der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie Leiter der Intensivstation dort: „Es waren die üblichen 14 Tage. Zuerst war die Inzidenz in Oberberg überdurchschnittlich hoch, jetzt steigt auch die Zahl der Patienten im Krankenhaus.“

Fälle aus dem Kreissüden

Dieser Anstieg betrifft aber zunächst vor allem Waldbröl. Die Klinik möchte sich zwar nicht zur Herkunft ihrer Patienten äußern, aber nach Informationen dieser Zeitung kommen diese vor allem aus dem Süden des Kreises, also aus Wiehl, Reichshof und Waldbröl. Dort waren die Fallzahlen im Verhältnis zur Einwohnerzahl zuletzt besonders schnell gestiegen. Was Niehüser-Saran sagen kann: Die Krankenhausfälle stehen ganz im Zeichen von Delta. „Alle Patienten, die wir haben, tragen diese Variante des Virus in sich“, stellt Niehüser-Saran fest.

Und: Es seien vor allem Ungeimpfte, die jetzt im Krankenhaus behandelt werden müssen: „Durchgeimpfte Patienten haben wir keine. Zwei unserer Patienten waren einmal geimpft, bevor sie sich infiziert haben. Alle anderen gar nicht.“ Warum? „Auf diese Frage antworten sie in der Regel nicht offen“, sagt der Intensivmediziner, der vor allem Impfskepsis vermutet.

Am Alter kann es nicht liegen

Denn am Alter kann es nicht liegen. „Ja, die Patienten sind jünger als in der zweiten und dritten Welle“, sagt der Chefarzt, meint aber ein Alter von 40 bis 65 Jahren. Wenn der Anstieg der Fallzahlen in Oberberg immer noch nicht mit aller Vehemenz in den Krankenhäusern ankomme, habe das aber sicher auch damit zu tun, dass die Mehrzahl der Neuinfizierten noch jünger ist – und nicht im Krankenhaus landen, mutmaßt Niehüser-Saran.

Die Zahlen scheinen ihm recht zu geben: Von den fast 200 Neuinfizierten in Oberberg innerhalb von sieben Tagen waren Stand Montag laut Statistik des Landeszentrums Gesundheit (LZG) NRW 96 unter 30 Jahre alt, 47 davon allein in der Altersgruppe zwischen 10 und 19 Jahren. Zum Vergleich: Älter als 60 Jahre waren nur 21 Patienten.

Noch kein Mittel zur Behandlung

Das hat auch Auswirkungen für Intensivmediziner wie Niehüser-Saran: „Die vulnerablen Gruppen sind geimpft.“ Das erhöht die Chance, dass wir weniger Patienten bekommen, die schwere Verläufe haben oder sogar sterben. Tatsächlich sei in der vierten Welle bisher noch niemand in Waldbröl gestorben: „Stattdessen konnten wir die Beatmung aller Patienten mit Erfolg beenden.“ Zuvor habe die Sterblichkeit im Falle einer Beatmung bei 30 bis 35 Prozent gelegen: „Es scheint, als sei das geringer geworden“, sagt Niehüser-Saran und schränkt gleich ein: „Die Fallzahlen aktuell sind natürlich aber noch viel zu gering für einen echten Vergleich mit der zweiten und vor allem der dritten Welle.“

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Dabei haben die Mediziner noch immer kein echtes Mittel zur Behandlung. „Es stimmt, ein Medikament gibt es nach wie vor nicht“, sagt der Chefarzt – und seine Enttäuschung ist spürbar. Alle Hoffnungen seien enttäuscht worden und für den wirksamen Antikörpercocktail sei es oft zu spät, wenn die Patienten im Krankenhaus landen.

Wie es weitergeht? Da hat Intensivmediziner Niehüser-Saran eine klare Meinung: „Entweder die Menschen werden geimpft oder sie werden in den nächsten ein oder zwei Jahren mit dem Virus infiziert gewesen sein.“ Eine Alternative sehe er wegen der ansteckenderen Delta-Variante nicht. Was das für Krankenhäuser bedeutet? Da ist er vorsichtiger: „Noch sehe ich keine Escape-Variante, die die Impfung wirkungslos machen würde.“ Erst dann aber, meint Niehüser-Saran, wäre die vergleichsweise ruhigere Lage in den Kliniken endgültig vorbei.

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