Schulhund und Kuchen als EisbrecherUkrainische Schwestern an Bergneustädter Schule

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In den Klassenräumen oberbergischer Schulen sitzen nun auch Kinder und Jugendliche aus der Ukraine.

In den Klassenräumen oberbergischer Schulen sitzen nun auch Kinder und Jugendliche aus der Ukraine.

Bergneustadt – Ohnehin arbeiten die Schulen im Oberbergischen seit Pandemieausbruch unter erschwerten Bedingungen. Die Aufnahme von aus der Ukraine geflüchteten Kindern und Jugendlichen stellt sie nun vor eine weitere Herausforderung. So auch die Hauptschule Bergneustadt, wo am Montag zwei Schwestern (15 und 13) aus der ukrainischen Millionenstadt Odessa begrüßt wurden.

Eine dritte Ukrainerin (15), die auf der Schule angemeldet wurde, konnte den Unterricht wegen einer Corona-Quarantäne noch nicht antreten. Doch seien Chemie, Geschichte oder Mathe für die jungen Kriegsflüchtlinge derzeit zweitrangig, sagt Schulleiterin Carmen Bloch: „Das Wichtigste ist jetzt, sie sozial zu integrieren – und ihnen die deutsche Sprache beizubringen.“

Fünf weitere Geflüchtete noch erwartet

Die 230 Kinder und Jugendliche zählende Bergneustädter Hauptschule hat nicht erst seit dem großen Flüchtlingszustrom im Jahr 2015 reichlich Erfahrung damit, Schüler ohne Deutschkenntnisse aufzunehmen. Bloch erklärt, dass an ihrer Schule schon immer viele Türken und Griechen neu hinzukamen, die in der Stadt eine neue Heimat gefunden hatten. Zu den drei Schülerinnen aus der Ukraine sollen sich ab nächster Woche fünf weitere Geflüchtete gesellen. Wie viele noch kommen werden? Bloch zuckt mit den Schultern. Noch klappt es mit den Ressourcen, doch vielleicht komme bald der Punkt, an dem sie die Bezirksregierung um personelle Unterstützung bitten muss.

Für die Ukraine

Spende aus der Schulkasse

Die Bergneustädter Hauptschule hat 1000 Euro für die Ukraine-Hilfe der Caritas Oberberg gespendet. Schulleiterin Carmen Bloch sowie ihre Kollegen Wolfgang Hilbring und Katrin Rupprich übergaben den symbolischen Scheck jetzt an Caritas-Direktor Peter Rothausen. Die Hälfte des Betrags stammt aus der Kasse des Schulkiosks, den Schüler ab der siebten Klasse als Wahlpflichtfach eigenständig führen. Weitere 500 Euro kamen bei einer Sammlung im Kollegium hinzu, sagt Bloch: „Als der Krieg in der Ukraine begann, war uns allen klar: Wie müssen den Menschen helfen.“ Die Caritas kann das Geld gut gebrauchen, sagt Rothausen: Gerade erst habe ein weiterer Lkw mit Hilfsgütern aus dem Kreis die polnisch-ukrainische Grenze erreicht. Dort wurde die Fracht in einen ukrainischen Laster umgeladen. Der Fahrer braucht dringend Geld, um die Tanks seines Lkw zu füllen. (ag)

Schon jetzt hat sie das Unterrichtssystem umgekrempelt, um den Neudazugekommenen einen adäquaten Beginn zu ermöglichen. Lehrerin Katrin Rupprich wurde von ihren Aufgaben freigestellt, um die Ukrainer in einer nun eingerichteten „Daz-Gruppe“ unterrichten zu können. Daz ist die Abkürzung für „Deutsch als Zweitsprache“. Jeden Tag lernen die Ukrainer in den ersten vier Schulstunden dort unserer Sprache, erklärt Rupprich: „Wir fangen bei Null an. Heute ging es darum, wie man sich auf Deutsch anderen vorstellt.“ Nach den Daz-Stunden geht’s für die Ukrainer in die große Pause, wo sie mit den gleichaltrigen Schülerinnen und Schülern der ihnen zugewiesenen Klassen in Kontakt kommen. In der fünften und sechsten Schulstunde machen sie dann den regulären Unterricht mit.

Schulhund kann Trost spenden

Dass die Mädchen trotz ihrer Kriegserfahrungen in den Schulalltag hineingeworfen werden, liege mitnichten an mangelnder Empathie, erklärt Schulleiterin Bloch. Es sei wichtig, den Kindern und Jugendlichen wieder Sicherheit und Orientierung zu bieten. Schulsozialarbeiterin Heike Veit hat ein Auge darauf, ob die Mädchen ihre Hilfe brauchen. Und natürlich seien alle ihrer 29 Kolleginnen und Kollegen für die besondere Situation der Ukrainer sensibilisiert, ergänzt Lehrerin Rupprich: „Das Beste ist jetzt, mit den Kindern normal umzugehen. Wenn sie etwas von ihren Erfahrungen und ihrer Situation erzählen wollen, machen sie es meist ganz von selbst.“

So weiß auch Schulleiterin Bloch nicht, wie es um den Vater der Schwestern gestellt ist. „Das war eine Frage, bei der ich gespürt habe, dass ich sie jetzt noch nicht stellen sollte.“ Im Vorgespräch hat Bloch aber erfahren, dass die Mädchen ihren geliebten Hund in Odessa zurücklassen mussten. Umso erfreuter waren sie, dass die Hauptschule einen Schulhund namens Ben hat.

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Die Lehrer sind zuversichtlich, dass die Ukrainer auf der Schule rasch Freunde finden. Die ältere der beiden Schwestern hatte am Montag Geburtstag und einen Kuchen für ihre neue Klasse mitgebracht. Klassenlehrer Wolfgang Hilbring berichtet, dass sie damit das Eis schnell gebrochen hatte – auch ohne Deutschkenntnisse.

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