Prozessauftakt86-Jährige bei Raub in Bergneustadt mit Kabelbindern gefesselt

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Zwei Beschuldigte (M.) von vermutlich vier bis fünf Tätern sitzen seit Dienstag auf der Anklagebank.

Zwei Beschuldigte (M.) von vermutlich vier bis fünf Tätern sitzen seit Dienstag auf der Anklagebank.

Es müssen schlimme Minuten für eine Seniorin gewesen sein, als sie von unbekannten Männern ausgeraubt und gefesselt wurde. Zwei Angeklagte stehen jetzt vor Gericht

Als die 86 Jahre alte Seniorin die Tür zu ihrer Wohnung öffnete, ahnte sie nichts böses. Doch dann standen da drei kräftige und dunkel gekleidete Männer, mit OP-Masken im Gesicht. Die Männer stürmten ins Haus, brachten die Seniorin zu Boden und raubten anschließend rund 3000 Euro Bargeld sowie Schmuck und Uhren im Wert von 2000 Euro.

Seit Dienstag stehen nun zwei der insgesamt wohl vier bis fünf Täter wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor dem Kölner Landgericht. Die beiden 43 Jahre alten Angeklagten räumten ihre Tatbeteiligung über ihre Verteidiger ein. Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft sollen die beiden mit ihren Komplizen am 16. Juni 2023 zum Haus des späteren Opfers an der Kölner Straße in Bergneustadt gefahren sein.

Täter gaben vor, Polizisten zu sein

Gegen 8.11 Uhr habe einer der beiden dann an der Tür geklingelt, während andere vorm Grundstück Schmiere gestanden hätten. Laut Angaben von Verteidiger Gottfried Reims sei dem Mandanten hierfür ein Funkgerät überreicht worden, mit dem er die Komplizen im Fall der Fälle hätte warnen sollen. Nachdem die 86-Jährige die Haustür geöffnet habe, soll der Angeklagte „Hallo, Polizei“ gesagt haben und anschließend mit seinen beiden Mittätern in den Hausflur vorgedrungen sein. Dabei sollen sie die Seniorin zu Boden gebracht haben. Anschließend sei die Frau mit Kabelbindern gefesselt worden.

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Einer der Täter „wickelte ihren Kopf in einen Kissenbezug“, sagte die Staatsanwältin bei der Anklageverlesung. Dann sei das Haus nach Beute durchsucht worden, wobei Bargeld, Schmuck und Uhren erbeutet worden seien. Anschließend seien die Räuber geflüchtet. Die 86-Jährige erlitt laut Anklage Platzwunden an Schienbein und Kopf sowie ein Schädel-Hirn-Trauma. Ob die Frau in dem Prozess als Zeugin aussagen wird, blieb zunächst unklar.

Ein Paar (38 und 43), das zur Tatzeit in der Souterrain-Wohnung des Hauses der 86-Jährigen lebte, war von Hilfeschreien der 86-Jährigen alarmiert worden und hatte ihr die Fesseln gelöst. „Das waren richtig breite“, sagte der 43-Jährige. Feste zugezogen seien die Kabelbinder ebenfalls gewesen. Der 43-Jährige zeigte sich bei seiner Zeugenaussage schockiert von dem Überfall: „Das war schon bitter, eine alte Frau so zu überfallen.“ Die Seniorin sei „ziemlich durch den Wind“ gewesen, ihre Wohnung sei „komplett auf links gedreht“ gewesen. Schränke und Schubladen seien allesamt offen gewesen, ihr Inhalt habe überall herumgelegen.

Die von dem 43-Jährigen alarmierte Polizei hatte sofort Fahndungsmaßnahmen eingeleitet, die jedoch zunächst ins Leere liefen. Zirka eine Woche später kursierten dann Videoaufnahmen von Überwachungskameras am Haus des Opfers im Internet. Im September 2023 wurden dann die beiden Angeklagten festgenommen und sitzen seither in Köln in Untersuchungshaft. Ein Urteil in dem Fall soll Anfang März gesprochen werden.


Privates Video

Die Aufnahmen, die der Sohn des Opfers mithilfe einer an der Haustür installierten Videokamera aufgenommen hat, haben dem Vernehmen nach zum Fahndungserfolg beigetragen. Diesen Film hatte er damals im Internet veröffentlicht, was die Polizei aus Gründen des Datenschutzes kritisch bewertete. Daraufhin äußerte sich der Sohn in dieser Zeitung und beklagte, dass in Deutschland Täterschutz vor Opferschutz gehe. Nicht die Verbrecher, sondern der unbescholtene Bürger werde „an den Pranger gestellt“. (tie)

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