NetzwerkMit der „Bergischen Wohnschule“ kommt ein neues Bildungsprojekt nach Oberberg

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Mehrere Menschen sitzen bei einem Vortrag in einem großen Kreis.

In Netzwerktreffen wurden bereits erste Ideen gesammelt.

Der Mensch lebt nicht gern allein, aber wie möchten wir denn eigentlich in Zukunft leben und wohnen? Das soll in Workshops überlegt werden. 

Wie stelle ich mir meine eigene Wohnsituation in der Zukunft vor? Möchte ich in einem Haus oder in einer Wohnung leben? Habe ich vielleicht Angst, im Alter alleine zu sein? Kann ich mir vorstellen, mit anderen Menschen zusammenzuwohnen und sich dabei im Alltag gegenseitig zu unterstützen? Das sind nur einige von zahlreichen Fragen, die schon bald in mehreren Workshops gefragt und   beantwortet werden sollen, und zwar im Rahmen eines   neuen und speziellen Bildungsangebotes für Erwachsene, der „Bergischen Wohnschule“.

Das Konzept der Wohnschule als Aufbau eines Netzwerkes ist bereits vor zehn Jahren entstanden und wurde seitdem immer weiterentwickelt. Bislang war es vor allem im städtischen Raum beheimatet, nun kommt das Angebot erstmals ins Bergische. An dem Bildungsprojekt des Vereins zur Förderung der Quartiersentwicklung (WQ4) sind auch der Oberbergische und der Rheinisch-Bergische Kreis sowie die oberbergische Akademie Gesundheits-Wirtschaft und Senioren (Agewis) und die Regionalbüros Alter, Pflege und Demenz beteiligt. Sie alle haben sich zum Ziel gesetzt, mit Menschen über das Thema Wohnen ins Gespräch zu kommen.

Wohnen im Bergischen: Erste Ideen bei Netzwerktreffen gesammelt

„Wir möchten ein Netzwerk spinnen und gemeinsam mit den Menschen Ideen und Konzepte für alternative Wohnformen entwickeln“, erklärt Christina Docken vom Verein zur Förderung der Quartiersentwicklung. Dabei gehe es in erster Linie darum, die Menschen zu befähigen, Entscheidungen in Bezug auf ihre Wohnwünsche zu treffen und eigene Ideen umsetzen zu können, ergänzt Nicole Meyer von der Agewis. Doch warum Wohn-„Schule“?

„Natürlich müssen wir wohnen nicht lernen, denn wir wohnen ja alle. Uns geht es vielmehr darum, sich intensiver mit dem Thema Wohnen auseinanderzusetzen“, erläutert Christina Docken. Die Zielgruppe sei dabei vollkommen offen – sowohl jüngere als auch ältere Menschen sind in der Bergischen Wohnschule willkommen. Die ersten Rückmeldungen zeigen jedoch, dass sich vor allem Ältere immer häufiger mit dem Thema auseinandersetzen, weil das „Wohnen im Alter“ oftmals mit Ängsten verbunden ist.

Diesen Sorgen möchten die Beteiligten der Wohnschule mit dem neuen Bildungsangebot entgegenwirken. Drei Netzwerktreffen haben im Bergischen bereits stattgefunden, um zunächst einen Eindruck davon zu bekommen, welche Themen den Menschen im ländlichen Raum beim Thema Wohnen auf den Nägeln brennen. Darauf aufbauend sind vier thematische Workshops entstanden, die 2024 in Gummersbach, Bergisch Gladbach und in Solingen stattfinden sollen.

Drei Frauen stehen nebeneinander. Eine hält einen Flyer zur „Bergischen Wohnschule“ in den Händen.

Im Bergischen solll eine Wohnschule entstehen. Dafür engagieren sich (v.l.) Anja Henk-Göbel (Agewis), Christina Docken (Quartiersentwicklung) und Nicole Meyer (Agewis).

„Wir laden die Menschen in einem ersten Schritt dazu ein, über sich selbst und über ihren Stand im Leben nachzudenken“, berichtet Anja Henk-Göbel von der Agewis. Nachdem die eigenen Wünsche deutlich geworden sind, soll der Austausch mit anderen vor allem dabei helfen, neue Wohnideen zu sammeln. Zudem werden die Teilnehmenden für die Herausforderungen des demografischen und gesellschaftlichen Wandels sensibilisiert.

„Manche wohnen alleine in einem riesigen Haus. Sie wollen aber gar nicht alleine sein oder können dies auch nicht mehr, da sie alltägliche Aufgaben oder die Umlage alleine nicht meistern können. Durch die Workshops möchten wir Menschen zusammenbringen, die durch den Austausch vielleicht sogar zusammenfinden und Wohngemeinschaften gründen“, sagt Henk-Göbel.

Auch die Beteiligten haben über ihre eigenen Wohnwünsche nachgedacht

Die Wohnschule bildet dabei aber nur das Netzwerk und bringt die Menschen schlicht und einfach zusammen. Sie fördert Selbsthilfe und Selbstorganisation. Den nächsten Schritt müssen die Teilnehmenden dann alleine gehen. Eine finanzielle Unterstützung oder gar bestehenden Wohnraum stellt die Bergische Wohnschule nicht zur Verfügung. An vier Samstagen in 2024 sollen Interessierte miteinander ins Arbeiten kommen.

Und auch die Beteiligten selbst sind durch ihre Arbeit für die Bergische Wohnschule ins Nachdenken über ihre eigenen Wohnwünsche gekommen. „Ich arbeite in der Pflege, da sieht man täglich viele Wohnungen und betreut auch Menschen, die sehr einsam sind. Ich habe dieses Thema jeden Tag vor Augen“, berichtet Nicole Meyer.

Da das Pflegesystem schon jetzt komplett überlastet sei, könnten alternative Wohnformen, in denen man sich gegenseitig unterstützt, auch hier eine Lösung sein. Wo jedoch die persönlichen Grenzen der gegenseitigen Hilfe liegen, sei individuell und müsse in den Arbeitstreffen ehrlich besprochen werden. „Und in Bezug aufs Zusammenwohnen spielt sicher auch der finanzielle Aspekt eine Rolle. Denn Altersarmut gibt es auch bei uns im Kreis“, weiß Meyer.

Aufbauend auf den Workshops im kommenden Jahr soll es   2025 weitere Angebote geben. Die Beteiligten der Bergischen Wohnschule sind schon jetzt gespannt, welche Ideen aus den vier Treffen wachsen und   dann hoffentlich auch in der Praxis sichtbar werden. Denn sie könnten Vorbild für andere Menschen sein, sich zu trauen, beim Thema Wohnen auch -mal über den Tellerrand zu blicken.


Bergische Wohnschule: Alle Termine und Workshops

Die offizielle Eröffnung der Bergischen Wohnschule findet am Donnerstag, 2. November, von 16 bis 18 Uhr, in den Räumen der Agewis, Steinmüllerallee 28, in Gummersbach statt. Anmeldung per Mail an Anja Henk-Göbel.

Das sind die Workshops:

  • Wohn(t)räume – Wohnen, leben, arbeiten: 20. Januar, 11 bis 15 Uhr, Gummersbach; 15. Februar, 16 bis 20 Uhr, Solingen; 7. März, 16 bis 20 Uhr, Bergisch Gladbach; Referenten: Karin Nell, Tina Docken
  • Zuhause leben, zuhause sterben: 13. April, 11 bis 15 Uhr, Gummersbach; 16. Mai, 16 bis 20 Uhr, Solingen; 13. Juni, 16 bis 20 Uhr, Bergisch Gladbach; Referenten: Dorit Knabe, Kai Zander
  • Es ist Zeit, neue Wege zu gehen: 4. Juli, 16 bis 20 Uhr, Solingen; 31. August, 11 bis 15 Uhr, Gummersbach; 17. Oktober, 16 bis 20 Uhr, Bergisch Gladbach; Referenten: Lisa Valerius, Bonnie Schreiner
  • Leben und Wohnen mit leichtem Gepäck: 31. Oktober, 16 bis 20 Uhr, Solingen; 7. November, 16 bis 20 Uhr, Bergisch Gladbach; 7. Dezember, 11 bis 15 Uhr, Gummersbach; Referenten: Tina Docken, Kai Zander

Eine Anmeldung für die Workshops ist erforderlich per E-Mail an info@wq4.de; die Teilnahmegebühr beträgt 20 Euro.

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