Gegen den AbrissStadthäuser in Bergisch Gladbach sind Zeitzeugen

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Die Stadthäuser in Bergisch Gladbach. Davor (v.l.) Thomas Klostermann, Lothar Eschbach und Mark vom Hofe vom Bergischen Geschichtsverein.

Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und der Bergische Geschichtsverein kämpfen für den Erhalt der Stadthäuser (im Bildhintergrund). Thomas Klostermann, Lothar Eschbach und Mark vom Hofe (v.l.).

Die Bauten aus den 50er Jahren sind architektonisch wertvoll, meinen Denkmalpfleger und kürten die Häuser zum "Denkmal des Monats". 

Mit dem „Denkmal des Monats“ mache der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz seit Jahren auf „Sorgenkinder“ aufmerksam, erklärte Alexander Hess vom Arbeitskreis Denkmal des Monats. Auf bedeutende, unbeachtete oder bedrohte Denkmäler. Auf die beiden Stadthäuser vis à vis der Villa Zanders in der Stadtmitte treffen gleich alle drei Kriterien zu.

Das zeigte sich bei der Präsentation der jüngsten Kandidaten. Die Gebäude wurden in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erbaut und ergänzten mit ihrer funktionalen Architektur der Nachkriegszeit die bis dato in der Stadtmitte vorherrschenden repräsentativen Gebäude aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, für die das Rathaus und die Villa Zanders anschauliche Beispiele sind.

Die Stadthäuser in Bergisch Gladbach enthalten architektonische Überraschungen

Einen deutlichen Kontrapunkt zu ihnen setzten die neuen Verwaltungsbauten, deren schlichte Formensprache erst auf den zweiten Blick gewinnt und mit versteckten architektonischen und künstlerischen Überraschungen aufwartet. Heute noch von der Bergisch Gladbacher Stadtverwaltung genutzt, könnten die Häuser schon bald Geschichte sein und der Abrissbirne zum Opfer fallen, befürchtet der Bergische Geschichtsverein.

Denn mit dem Beschluss der Stadt, ab 2025/26 mit den Büros in das ehemalige Gebäude der AOK an der Bensberger Straße umzuziehen, ist es wahrscheinlich, dass die als Verwaltungsbauten nicht mehr benötigten Häuser wegen ihres erheblichen Sanierungsbedarfs und der erstklassigen Grundstückslage abgerissen werden. Dies, obwohl sie im Denkmalpflegeplan der Stadt als „ortsbildprägend und schützenswert“ eingestuft seien und sich zudem in einem der beiden Häuser ein verstecktes Denkmal befinde, kritisieren die Denkmalschützer.

Das Wandbild "Lebensfreude" steht unter Denkmalschutz

Das Stadthaus An der Gohrsmühle 18, in dem heute das Jugend- und auch das Sozialamt untergebracht sind, wurde von 1953 bis 1955 ursprünglich vom Land als Finanzamt errichtet. Vielleicht war diese beim Bürger eher mit Vorbehalten verbundene Nutzung Anlass, ausgerechnet das Finanzamt mit einem großen Wandgemälde zu schmücken, das den Titel „Lebensfreude“ trägt.

Das Wandbild Lebensfreude von Eberhard Schlotter zeigt tanzenden und musizierende Frauen.

Das Wandbild "Lebensfreude" im Treppenhaus des Bergisch Gladbacher Stadthauses war lange übermalt und kam erst durch Zufall wieder ans Tageslicht. Es ist als Denkmal eingetragen.

Das schuf der Künstler Eberhard Schlotter im Rahmen der für die 1950er Jahre typischen Bewegung „Kunst am Bau“. Die Lebensfreude verschwand dann allerdings mit den Jahren und einigen Umbauten, wurde komplett überstrichen und durch ahnungslos hineingedübelte Garderobenhaken beschädigt.

Nur durch Zufall kam das Wandgemälde wieder ans Licht

„Vermutlich wäre das bedeutsame Wandgemälde auch nie wieder aufgetaucht, wenn nicht Dr. Hans Reinhardt, Professor aus Siegen, der sich mit Schlotters Wandmalerei befasste, Nachforschungen angestellt hätte“, berichtete Mark vom Hofe vom Bergischen Geschichtsverein über die Wiederentdeckung und Restaurierung. Das Wandbild ist inzwischen in die Denkmalliste der Stadt eingetragen.

Sonnenuhr an der Fassade des Bergisch Gladbacher Stadthauses An der Gohrsmühle.

Auch die Sonnenuhr an der Fassade des Bergisch Gladbacher Stadthauses gilt als schützenswertes Detail.

Bemerkenswert sei auch die Sonnenuhr an der linken Fassadenseite, eine Mosaikarbeit nach Entwürfen von Hubert Benatzky, so vom Hofe. 1974 erwarb die Stadt das Gebäude für 6,2 Millionen D-Mark „mitsamt dem Wandgemälde, auf dessen künstlerische Bedeutung in der Wertermittlung des Gebäudes in einer Akte ausdrücklich hingewiesen wird“, betonte vom Hofe bei der Präsentation des Denkmals des Monats.

Das schwarze Treppenhaus wurde mit Material aus Lindlar gebaut

Auch das Nachbargebäude an der Zufahrt zum Konrad-Adenauer-Platz, in den 50er Jahren als Kreisgesundheitsamt errichtet, in dem heute unter anderem das Gewerbeamt untergebracht ist, hat innere Werte: Markant ist die sogenannte Treppenhaus-Spirale, komplett mit dunklem Marmor ausgekleidet, „gewissermaßen ein schwarzes Treppenhaus“, sagte vom Hofe. Das Material stammt aus Lindlar, Ergebnis der Bemühungen, verstärkt heimische Baustoffe einzusetzen.

Das Treppenhaus in einem der beiden Stadthäuser in Bergisch Gladbach. Wie eine Spirale winden sich die Stufen nach oben.

Typisch für die Architektur der 1950er Jahre: das spiralförmige, offene Treppenhaus. Beim Bau wurden heimische Materialien genutzt.

Die beiden Häuser zu opfern, „käme einem Verzicht auf einen bedeutenden Teil der Stadtgeschichte und der städtischen Baukultur gleich“, warnen die Denkmalpfleger und Stadthistoriker. Zumal beide Häuser in der Bergisch Gladbacher und Bensberger Baukultur „ein Alleinstellungsmerkmal“ besäßen. Der Erhalt sei zudem ressourcen- und damit klimaschonend, meinte vom Hofe. Materialien seien schon vorhanden, Arbeitsleistungen bereits erbracht. „Denkmalschutz ist heute auch Klimaschutz“, meinte er.

Dem Thema „Bauten der 1950er Jahre als Denkmale“ widmet sich auch ein Vortrag am Samstag, 14. Oktober, 11 Uhr, im Kunstmuseum Villa Zanders, zu dem Lothar Eschbach, Vorsitzender des Geschichtsvereins Rhein-Berg, einlud. Die Veranstaltung mit Referentin Prof. Stefanie Lieb ist Teil der Reihe „Denkmalschutz in unserer Stadt“. Der Eintritt ist frei.

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