Eine Demo für die Geschichtsbücher2500 Menschen demonstrieren in Bergisch Gladbach

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Demonstranten in Bergisch Gladbach.

Bergisch Gladbach – Die ersten, die die Auswirkungen der Klimademonstration zu spüren bekamen, waren die Autofahrer. Ein Bild mit Symbolkraft: Als der riesige Zug der Demonstranten kurz vor 11 Uhr über den Kreisverkehr an der Gohrsmühle zog, bildeten sich lange Staus in alle Richtungen.

Schul- und klassenweise waren vor allem junge Leute dem Aufruf der Klima-Freunde Rhein-Berg zum „Klimastreik“ in Bergisch Gladbach gefolgt. Rund eine Viertelstunde wurde der Verkehr auf der Hauptkreuzung lahmgelegt. Danach zogen die Teilnehmer nach Heidkamp und zurück in die Stadtmitte.

Tränen in den Augen

Diese Demonstration wird in die Geschichte der Kreisstadt eingehen. Mit 500 Teilnehmern hatten die Veranstalter im Vorfeld gerechnet. Aber es waren viel, viel mehr, die Polizei schätzt die Zahl auf rund 2500. In den letzten Jahrzehnten hat es eine Aktion dieser Größenordnung nicht mehr gegeben in der Kreisstadt. Der Konrad-Adenauer-Platz war schwarz vor Menschen, aus allen Richtungen strömten vor allem Kinder und Jugendliche.

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„Ich habe Tränen in den Augen. Das ist ja der Hammer“, erklärte Mitorganisator Ron Wojdowski bei der Begrüßung. Mit dieser Resonanz habe er „nie gerechnet“. Von vielen Gladbacher Schulen kamen die Schüler in Klassenstärke zur Demonstration. Vom Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Heidkamp zogen Hunderte Schüler gemeinsam in die Stadtmitte, mit dabei Protestplakate wie „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unser Klima klaut.“ Auch Schüler der Berufskollegs zeigten sich solidarisch, gingen gemeinsam Richtung Markt. Lisa, Schülerin der Waldorfschule Refrath, erzählte, dass gleich die gesamte Schülerschaft zur Demo gekommen sei.

Rund um die Bühne auf dem Marktplatz herrschte eine ausgelassene Stimmung, irgendwo zwischen Fete und Happening. Mindestens drei Viertel der Teilnehmer waren jugendlichen Alters, Erwachsene waren eher eine Randerscheinung. Slogans wie „Die Welt retten“ und „Unser Planet brennt“ hatten die Jugendlichen auf Plakate gepinselt. Lautstark forderten sie die Ausrufung des Klimanotstands, sofort müsse gehandelt werden. „Wir lassen uns nicht mehr vertrösten“, sagte Josefina, 15. Einen Plan B für die Erde gebe es nicht. „Es ist unsere Zukunft.“ Stefan Häusler aus dem Organisationsteam brachte die vorherrschende Meinung unter dem Jubel der Teilnehmer auf den Punkt: „Viele kleine Menschen können gemeinsam Großes bewirken.“ Dank der Hilfe zahlreicher Vereine und Verbände und der Fridays-for-Future-Bewegung sei es erst möglich gewesen, diesen Tag zu organisieren. „Ich bin überwältigt von der Resonanz“, erklärte er.

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Sehr geordnet verlief dann der Start der Protestierenden, Ordner gaben rechts und links Geleit. Über die Bensberger Straße zog der hunderte Meter lange Demonstrationszug, friedlich und im Schutz der Polizei. „Das ist für uns ein normaler Verkehrseinsatz“, sagte ein Beamter. Zwischenfälle gab es keine. Nur der Verkehr ruhte.

Musik und Reden

Höhepunkt der anschließenden Kundgebung mit Musik und Reden auf dem Konrad-Adenauer-Platz war der Auftritt von Künstlerin Mary Bauermeister, 85. Interviewt von Lya Eberhardt (8) gewährte sie emotionale Einblicke: „Ich entschuldige mich bei Mutter Erde, dass ich früher Tiere gegessen habe.“ Heute esse sie kein Fleisch mehr. Jeder könne etwas beitragen zum Klimaschutz, etwa mit einem Gemüsegarten und dem Verzicht, Obst und Gemüse von weither zu kaufen. Obwohl es abends kühl sei, habe sei daheim die Heizung noch aus. „Dafür ziehe ich mir einen Pullover an.“ Und im Winter ziehe sie aus ihrer Wohnung in einen Wohnwagen um und spare damit Energie. Friedensaktivist Roland Vossebrecker, Roland Gollmer vom „Forum für Nachhaltigkeit“ und Mark vom Hofe (Bergischer Naturschutzvereins) forderten ebenfalls Bewegung beim Klimaschutz. Für die „Fridays-for-Future“ sagte Lena Olivier, 16 Jahre alte Schülerin des Gymnasiums Herkenrath: „Wir ermorden gerade Mutter Natur. Das ist ein Kapitalverbrechen.“ Den Klimanotstand zu vertagen sei keine Lösung. Gehandelt werden müsse jetzt.

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