Das Thema Abwasserkonzept sei mit den Schulsanierungen eines der wichtigsten Themen der Stadt, heißt es aus dem Infrastrukturausschuss.
Kanalsanierung400 Millionen Euro kostet die Stadt Bergisch Gladbach das Abwasser

Auf die Mitarbeiter der Abwasserwirtschaft kommt viel Arbeit zu
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Nicht nur, dass sich die neu in den Infrastrukturausschuss von Bergisch Gladbach entsandten Politiker an die ungewöhnliche Sitzordnung im Ratssaal Bensberg gewöhnen mussten (alle CDU-ler in der ersten Reihe, alle übrigen in zweiter Reihe). Direkt zum Auftakt stellte sich mit dem Thema Abwasserbeseitigungskonzept ein seit langem heikles Thema zur Beratung vor.
Schauen alle in die Röhre – das könnte man wohl salopp sagen. Rund 390 Millionen Euro Kosten für 200 Projekte stehen im Programm der nächsten Jahre und Jahrzehnte. Das sind mehr als dicke Bretter, die die Verwaltung bohren muss. Was einige Politiker alarmierte: Seit Jahren hat die Stadt kein gültiges Konzept zur Abwasserbeseitigung. Das betrifft das Netz für Abwasser und Schmutzwasser und im großen Maße auch die 1974 in Betrieb gegangene Stadtkläranlage am Beningsfeld in Refrath.
Sie ist, so die aktuelle Dokumentation, am Ende ihrer Leistungsfähigkeit angekommen. „Wir haben verstanden und sind bereit zu liefern“, fasste der Erste Beigeordnete Ragnar Migenda (Bündnis 90/Die Grünen) die laufenden Beratungen mit der Bezirksregierung Köln zusammen. Das Stadtgebiet Bergisch Gladbach sei besonders, „aber dahinter können wir uns nicht verschanzen.“
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Frage der Haftung
Dass die Gespräche mit der Aufsichtsbehörde schwierig sind, deutet Geschäftsbereichsleiter Martin Wagner an: „Die Bezirksregierung ist nicht auf dem Pfad der Kuschelrunde.“ Die Stadt müsse aufzeigen, was alles möglich sei. Denn: Sie könne haftbar gemacht werden. Die Politiker im Ausschuss eher nicht, beruhigte er Nachfrager Thomas Klein (Gruppe Bürgerpartei GL). Der zuständige Dezernent Thore Eggert (FDP) formulierte die Situation wie folgt: „Wir können für die Stadt nur Überforderungsschutz anfordern.“ Die Aussagen der Stadtverwaltung beruhigten die Fachpolitiker nicht in Gänze.
Insbesondere der Vertreter der Fraktion Volt/Freie Wählergemeinschaft, Jörg Laschet, blickte ausführlich auf die Situation. Vor vier Jahren habe der Umfang der Kanalsanierung noch bei 100 Millionen Euro gelegen. Jetzt lese er zu seiner Überraschung von knapp 400 Millionen. Das Thema Abwasserkonzept sei mit den Schulsanierungen eines der wichtigsten Themen der Stadt.
Umfang der Projekte
Aber in den Beratungen stelle sich dies aus seiner Sicht anders dar. Der „schiere Umfang der Projekte“ sei kaum mehr überschaubar und die laufende Rechtsprechung zum Thema überhole die Verwaltung. Laschet schloss seinen Vortrag mit den Worten: „Der Frust bei mir ist groß.“
Bei der Stadt wolle man nachsteuern und die Schlagzahl erhöhen, versprach Ragnar Migenda. Denn die Zusammenarbeit mit einem externen Planungsbüro sei bislang nicht so abgelaufen, wie sich die Stadt dies gewünscht habe. Zum Jahresende 2027 laufe der geschlossene Vertrag aus, und dieser werde nicht verlängert werden. Das seien schon die zweiten Planer, mit denen es nicht funktioniert habe. Alternativ schaut die Verwaltung jetzt in die Fachabteilung: Sechs neue Ingenieurstellen sind im Stellenplan 2026/2027 beantragt.
Die Politik solle dieses Stellenplus bitte in den Planungen belassen, appellierten Migenda und Wagner an die Fachrunde. Auch danach müsse aufgestockt werden fürs Abwasser. Was in Zukunft kommen könnte, verdeutlichte Martin Wagner in passender Bildsprache. Sollte der momentan gültige Trennerlass zwischen Schmutz- und Abwasser weiter verschärft werden, sei dies nicht mehr leistbar für die Stadt. „Dann können wir die weiße Fahne hissen“, sagte er in aller Deutlichkeit. Die Schwierigkeiten seien schon jetzt enorm, vor allem beim Kauf von Schlüsselgrundstücken zur Sicherung der Entwässerung.
Die Stadt zahle überhöhte Preise, um diese Grundstücke zu bekommen. Ohne solche Grundstücke drohe aber ein Stillstand bei der Infrastruktur. Und das könne sich die Stadt wirklich nicht leisten.

