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EnergiewendeStreit in Bergisch Gladbach um Solarparks auf Ackerland

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Eine Wiese mit Bäumen liegt im Nebel.

Wo könnten in Bergisch Gladbach Solarparks auf der grünen Wiese entstehen. Die Politik ringt um eine Lösung. 

CDU und AfD verhindern Konzept für Solarparks in Bergisch Gladbach. Der Bauherr auf Schloss Lerbach spürt die Konsequenz.

Solaranlagen auf Äckern und Weiden? Die Konkurrenz um begrenzte Flächen in Bergisch Gladbach nimmt zu. Deshalb empfiehlt die Stadtverwaltung unbedingt die Erarbeitung eines Kriterienkatalogs für Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Darüber kommt es im Planungsausschuss zum Streit. Die Erstellung einer Potenzialanalyse scheitert am Widerstand von CDU und AfD.

Das städtebauliche Entwicklungskonzept zur Steuerung von Solaranlagen auf Freiflächen, Standbein der Energiewende, sollte der Stadt die Entscheidungen erleichtern, indem Spielregeln festgelegt werden. Eine Kettenreaktion von immer mehr Solarfeldern brauche niemand zu befürchten, versichert die Stadtverwaltung. Die Erarbeitung des Konzepts beinhalte die Identifikation von Ausbauzielen sowie Ausschlussbereichen – unter Einbindung der Bürger sowie anderer Akteure wie Landwirte, Energieversorger oder Naturschützer.

Erste Anfragen von Investoren liegen bereits vor

„Wir können ein Ranking festlegen und behalten im Bebauungsplanverfahren die volle Kontrolle“, betont Ragnar Migenda, Erster Beigeordneter (Grüne). Mit einem Konzept könnte die Stadt selbst bestimmen: „Hier gestatte ich Solaranlagen aus diesen und jenen Gründen und dort nicht.“ Erste Projektanfragen lägen der Verwaltung bereits vor.

„Machen Sie sich nicht unnötig blank“, warnt Migenda eindringlich davor, dieses Thema dem Rheinisch-Bergischen Kreis zu überlassen, der dabei sei, ein eigenes Konzept zu erstellen.

Die Verwaltung versucht hier Angst zu machen
Robert Martin Kraus, CDU

Die Christdemokraten als stärkste Fraktion im Stadtrat sind entschieden gegen eine solche Potenzialanalyse. Dafür gebe es keine Notwendigkeit. „Die Verwaltung versucht hier Angst zu machen“, sagt Robert Martin Kraus. „Wir sehen einen Interessenskonflikt zwischen großen Solar-Gewerbeparks und unserem Ziel, die heimische Landwirtschaft zu schützen und die Versorgung mit regionalen Produkten sicherzustellen.“

70 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen im Kreisgebiet befänden sich nicht im Eigentum der Bauern, sondern seien gepachtet. Diesen Markt wolle die CDU nicht befeuern. Stattdessen sollten zuerst Dächer und Flächen an Autobahnen mit PV-Anlagen bestückt werden.

SPD und Grüne kritisieren Blockade der CDU

„Unsere Landwirte brauchen Verlässlichkeit – keine Konkurrenz durch die Energiewirtschaft, die mit überhöhten Pachten den Boden unerschwinglich macht“, ergänzt Michael Metten, CDU-Fraktionsvorsitzender, nachträglich in einer Pressemitteilung.

Ohne Konzept muss die Stadt nun jeden Einzelfall prüfen. „Es droht eine unnötige Belastung der Verwaltung und der politischen Gremien“, kritisieren die Fraktionen von SPD und Grüne die „Blockade“ der CDU. „Das Konzept hilft uns, mit einheitlichen Standards die Vorhaben zu ordnen“, argumentiert Sascha Gajewski (Grüne). Eine verbindliche, transparente Planung werde benötigt statt einer „Fall-zu-Fall-Lotterie“. Die CDU argumentiere gegen ein Instrument, das genau ihre eigenen Sorgen entschärfen würde.

Vermittlungsversuch der SPD scheitert

Ausschussvorsitzender Andreas Ebert (SPD) versucht es mit einem dringenden Appell: „Wir müssen handlungsfähig bleiben. Sonst haben wir vielleicht nicht mehr die Möglichkeit, Nein zu sagen, auf einer Fläche, wo wir keinen Solarpark wollen.“

Manfred Habrunner, noch bis zum 1. Januar Geschäftsführer der Belkaw und Fraktionsmitglied der CDU, berichtet, die Belkaw habe bereits eine Potenzialanalyse durchgeführt. „Als Fazit kam heraus, im Stadtgebiet gibt es gar keine Flächen, die sich wirtschaftlich sinnvoll für Photovoltaik auf Freiflächen eignen.“

Die Verwaltung hat ebenfalls im Vorfeld auf Basis des Energieatlas NRW mögliche Flächen analysiert. Das Ergebnis: „Weite Teile des Freiraums, mit Ausnahme der Flächen, die dem Naturschutz unterliegen, sind grundsätzlich für die Nutzung von Solaranlagen geeignet“, heißt es.

Die AfD hält ihr Statement kurz: „Eine Potenzialanalyse ist sinnlos. Die Freiflächen sollten anders genutzt werden“, meint Fraktionsvorsitzender Günther Schöpf. CDU und AfD stimmen gegen die Erstellung eines Solarkonzepts für Freiflächen. Die Befürworter SPD, Grüne und Bürgerpartei Gl unterliegen.

Die Entscheidung hat sofort Konsequenzen. Denn die Investoren von Schloss Lerbach wollen bei der Energieerzeugung möglichst autark sein, wie Migenda berichtet. „Jetzt müssen wir ihnen mitteilen, dass der Wunsch für eine PV-Anlage nicht möglich ist“, reagiert Migenda ungehalten, „man schlägt Bauherren nicht einfach die Tür vor der Nase zu.“