Bergisch GladbachStadt will stärkeren Einfluss auf Städtebau und Mieten

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45 Hektar Flächen für Wohngebiete sieht der neue Flächennutzungsplan vor.

45 Hektar Flächen für Wohngebiete sieht der neue Flächennutzungsplan vor.

Bergisch Gladbach – Die Stadt betritt Neuland und zwar mit Riesenschritten. Das städtische Planungsamt möchte so schnell wie möglich einen sogenannten Baulandbeschluss umsetzen, der es der Stadt erlaubt, künftig im Grundstücksmarkt kräftig mitzumischen. Das Ziel: Spekulationen soll ein Riegel vorgeschoben werden. Mehr Wohnraum soll entstehen im Sinne des Gemeinwohls – nicht so teuer und so, wie er benötigt wird.

Luxus-Wohnungsbau, steigende Mieten und soziale Verdrängung: Die Stadt steht vor großen Herausforderungen angesichts ihrer sehr überschaubaren Flächenreserven und des angespannten Bodenmarktes – in einer Zeit, in der private Investoren Flächen vermarkten zu einem vielfach höheren Preis des Bodenrichtwertes.

45 potenzielle Hektar für Wohngebiete

Deshalb möchte sich die Stadt ein Mitspracherecht sichern bei der Gestaltung neuer Bebauungsgebiete. Im neuen Flächennutzungsplan sind insgesamt 45 Hektar für potenzielle Wohngebiete ausgewiesen. Im Kern geht es um eine politische Grundsatzentscheidung, der zufolge privatwirtschaftliche Akteure nur noch in Kooperation mit der Stadtverwaltung Bauprojekte umsetzen können. Für die Umsetzung sollen zwei Instrumente sorgen: der kommunale Zwischenerwerb und das Kooperationsmodell (siehe Infokasten).

Zwei Strategien

Beim Kommunalen Zwischenerwerb im Außenbereich soll nur dann neues Baurecht geschaffen werden, wenn sich Eigentümer verpflichten, Grundstücke zu einem festgelegten Preis an die Stadt zu verkaufen. Beim Kooperationsmodell werden B-Pläne aufgestellt, wenn über städtebauliche Verträge gemeinwohlorientierte Leistungen vereinbart wurden. (ub)

Demnach sollen unbeplante Flächen außerhalb der Stadtzentren nur noch dann zu Bauland umgewandelt werden, wenn die Eigentümer größere zusammenhängende Areale vorab preisreduziert unter Marktwert an die Kommune veräußern. Damit würde ein Teil des Wertzuwachses abgeschöpft, den ein bislang eher wertloses Grundstück wie eine Wiese oder Ackerland durch die Ausweisung als Bauland erfährt.

Kosten gerecht aufteilen

Den Gewinn, den die Stadt beim Weiterverkauf an Bauherren erzielt, will sie nutzen, um durch die Bebauung entstehende Lasten wie Planungskosten zu finanzieren. Zudem könnten sozialverträgliche Mietpreise sichergestellt werden. Die Kosten könnten für den Ausbau der Infrastrukturen (zum Beispiel Kitas, Spielplätze, Schulen oder Straßen) „zwischen öffentlicher Hand und den privaten Vorhabenträgern gerecht aufgeteilt werden“, heißt es in der Beschlussvorlage, über die der Stadtrat am Dienstag abschließend abstimmen soll. „Die Wertsteigerung durch Baulandentwicklung soll zu einem Großteil der Allgemeinheit zugute kommen“, erklärt Stadtkämmerer Frank Stein. Er verspreche sich dadurch eine Entlastung des Kernhaushalts.

Die Nußbaumer Wiese ist zum Symbol des Anwohnerprotests gegen unerwünschte Bebauung geworden.

Die Nußbaumer Wiese ist zum Symbol des Anwohnerprotests gegen unerwünschte Bebauung geworden.

Im innerstädtischen Bereich soll zur Nachverdichtung das Kooperationsmodell angewendet werden. Der Grund: Die zu erzielenden Bodenwertsteigerungen sind im Innenbereich geringer. Aber Baurecht soll auch hier nur dann geschaffen werden, wenn sich die Investoren verpflichten gemeinwohlorientierte Leistungen zu erbringen, zum Beispiel bezahlbaren Wohnungsbau ermöglichen, sich an Infrastrukturmaßnahmen beteiligen. Eine Angemessenheitsprüfung soll gewährleisten, dass die mit der Stadt vereinbarten Leistungen die Wirtschaftlichkeit von Bauvorhaben nicht zu stark belasten. Aber letztendlich gilt auch hier: Nur wenn ein Investor im Interesse des Gemeinwohls sich zu solchen Regelungen bereit erkläre, werde die Stadt künftig noch Baurecht ermöglichen.

Großer Mehrheit – außer FDP

Im Haupt-und Finanzausschuss haben sich die Fraktionen bereits mit großer Mehrheit auf dieses Vorgehen geeinigt. Nur die FDP stimmte dagegen. Allerdings nicht, weil sie grundsätzlich gegen eine Baulandstrategie sei, heißt es in einer Mitteilung. Die Liberalen präferieren das Kooperationsmodell und halten das Zwischenerwerbsmodell für „realitätsfern“. Nur sehr wenige Grundstückseigentümer werden nach Einschätzung der FDP bereit sein, unter Marktwert an die Stadt zu verkaufen.

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Natürlich rechnet auch die Stadtverwaltung mit Widerstand der Investoren. Sie glaubt aber, am längeren Hebel zu sitzen. Wenn ein Unternehmen den Bedingungen der Stadt nicht zustimme, dann bleibe das betreffende Grundstück eben ohne Entwicklung liegen, heißt es in der Verwaltungsvorlage.

Die Details des geplanten „Baulandbeschlusses“ sind nach Auskunft der Stadtverwaltung aber noch mit den Fraktionen auszuhandeln. Dazu gehören auch die Festlegung auf Quoten für bezahlbaren Wohnungsbau sowie Grundstücksgrößen, für die die Regelungen gelten sollen. Die Eckpunkte der künftigen Gladbacher Baulandstrategie orientieren sich auch daran, wie andere Städte verfahren. Baulandbeschlüsse gibt es etwa in Millionenstädten wie Köln und München, aber auch in kleineren Städten wie Münster und Offenburg. In München beispielsweise ist gewährleistet, dass den durch einen Bebauungsplan Begünstigten mindestens ein Drittel des Wertzuwachses verbleibt.

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