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Stichwahl in Bergisch GladbachWenn Wahlempfehlungen ganz unwillkommen sind

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Mit diesem Wahlplakat wirbt die Bürgerpartei GL für Alexander Felsch, den Kandidaten von CDU und FDP.

Mit diesem Wahlplakat wirbt die Bürgerpartei GL für Alexander Felsch, den Kandidaten von CDU und FDP. 

Wahlempfehlungen können Wahlen entscheiden - manchmal sind sie vollkommen unwillkommen und schaden dem Kandidaten mehr, als dass sie ihm helfen.

Die Situation ist im privaten Leben meist ziemlich pikant: Jemand bekundet seine Liebe, aber der so Geliebte hat nichts, aber auch gar nichts, für den Liebenden über. In der Politik sprechen wir nicht über Liebe, sondern über Wahlempfehlungen. Es macht Sinn, wenn all die Parteien ohne Kandidaten für die Stichwahl eine Empfehlung abgeben. Die Empfehlungen können – in der Theorie – den Wahlausgang beeinflussen.

Fangen wir bei den Empfehlungen für den Bergisch Gladbacher Bürgermeisterkandidaten von SPD und Grünen, Marcel Kreutz, an. Da gibt es eine vom AfD-Bürgermeisterkandidaten Günter Schöpf (wir berichteten). Kreutz überzeuge ihn eher menschlich und sei kein zugereister Kandidat. Das war seine persönliche Empfehlung, eine offizielle seiner Partei gibt es nicht. Die hält sich in Bergisch Gladbach heraus.

Herr Schöpf weiß schon, dass ich mich für ein Verbot der AfD ausspreche?
Marcel Kreutz, Bürgermeisterkandidat von SPD/Grüne

Rund zehn Prozent der Stimmen hat die AfD bekommen. Diese Wähler hätte jeder Kandidat schon gerne – dem ausgefüllten Wahlzettel sieht man ja nicht an, mit welcher Geisteshaltung das Kreuzchen gemacht wurde. Marcel Kreutz war erst einmal bass erstaunt über die Aussage von Schöpf. „Herr Schöpf weiß schon, dass ich mich für ein Verbot der AfD ausspreche?“, fragt Kreutz. Aber wie gesagt: der Geliebte sucht sich den Liebenden nicht aus.

Kurze Freude der CDUNun können Wahlempfehlungen ja auch ganz gezielt eingesetzt werden, um den Unterstützten in Wirklichkeit zu schaden. Bei der CDU in Bergisch Gladbach bestand die echte Sorge, dass die AfD eine Wahlempfehlung für Alexander Felsch, den gemeinsamen Kandidaten von CDU und FDP, ausspricht. Das hätten SPD und Grüne weidlich ausgeschlachtet und argumentiert: Wie kann man einen Kandidaten unterstützen, der von der AfD unterstützt wird? Noch liegt keine offizielle Wahlempfehlung der Linken für Kreutz vor, aber dann geht das Spielchen andersherum.

Bürgerpartei GL mit Wahlempfehlung für Felsch

Die Freude bei der CDU war jedenfalls groß, als sich Schöpf für Kreutz aussprach. Aber lange währte sie nicht. Denn die Bürgerpartei GL hat eine Wahlempfehlung für Felsch ausgesprochen und plakatiert für ihn, verschickt Flyer – das kostet ja Geld.

Zum Verständnis für alle, die sich nicht so gut in der Gladbacher Lokalpolitik auskennen: Die Bürgerpartei GL wird in der Gladbacher Lokalpolitik mindestens genauso gemieden, wie die AfD gemieden wird. Aber aus ganz anderen Gründen. Der AfD wird Rechtsextremismus vorgeworfen, die Bürgerpartei GL ist in den Augen aller im Rat vertretenen Parteien, überhaupt keine richtige Partei. Der Bergisch Gladbacher Wahlausschuss hatte die Zulassung der Bürgerpartei GL zur Kommunalwahl verhindern wollen.

Ich verzichte ausdrücklich auf diese Unterstützung
Alexander Felsch, Bürgermeisterkandidat von CDU/FDP

Das letzte Wort hatte der Kreis-Wahlausschuss, der widerwillig die Partei zur Wahl zuließ. Der Ausschussvorsitzende sprach von einer „möglichen Lücke im Gesetz“. Satzung, Programm, Mitgliederbetreuung und die in Anspruch genommen Aufwandsentschädigungen sind so ganz anders als bei den anderen Parteien. Dieses ganze Konstrukt Bürgerpartei GL wird gelenkt von ihrem Vorsitzenden Frank Samirae. Im Wahlkampf fielen Plakate mit Kandidaten auf, deren Konterfei nicht ein wenig, sondern massiv mit Computerprogrammen nachgearbeitet worden waren. In ihrer eigenen Darstellung sieht sich die Bürgerpartei als Bollwerk der Demokratie und versteht den Versuch, sie von der Wahl ausschließen, als „Intrige gegen die Demokratie“.

Alexander Felsch möchte mit der Bürgerpartei GL nichts zu tun haben: „Ich verzichte ausdrücklich auf diese Unterstützung.“

Wie sich diese Unterstützungen, oder Nicht-Unterstützungen auswirken, ist unklar. Sowohl Felsch als auch Kreutz wissen, worauf es wirklich ankommt: auf die erneute Mobilisierung der eigenen Wähler vom 14. September – das ist wichtiger als die unerwiderte Liebe.