„Enorme finanzielle Herausforderungen“Finanzprüfer vergeben Hausaufgaben an Bergisch Gladbach

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Ein Spielzeughaus und die Nachbildung von Euro-Geldscheinen liegen auf einem Abgabenbescheid für die Entrichtung der Grundsteuer. (Symbolbild)

Das freiwillige Haushaltssicherungskonzept der Stadt kam bei den Experten gut an. (Symbolbild)

Die Gemeindeprüfungsanstalt NRW hat die Bergisch Gladbacher Finanzen unter die Lupe genommen und gibt Handlungsempfehlungen.

Ein Team der Gemeindeprüfungsanstalt NRW hat in Bergisch Gladbach die Finanzen, Beteiligungen, Hilfe zur Erziehung, Bauaufsicht sowie Verkehrsflächen unter die Lupe genommen. Im Stadtrat wurden die wesentlichen Ergebnisse vorgelegt. Die Prüfanstalt gibt in ihrem Bericht auch Handlungsempfehlungen.

Die Stadt Bergisch Gladbach hat weiterhin enorme finanzielle Herausforderungen zu bestehen.
GPA-Abteilungsleiter Manfred Wiethof

Die Freien Wähler fordern einen interfraktionellen Arbeitskreis, um weitere Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung anzugehen. „In vielen Kommunen bestehen nur noch geringe finanzielle Spielräume. Auch die Stadt Bergisch Gladbach hat weiterhin enorme finanzielle Herausforderungen zu bestehen“, betont GPA-Abteilungsleiter Manfred Wiethof in einer Pressemitteilung.

Bergisch Gladbach: Minus von rund 17 Millionen Euro

Es gelte nun nicht nachzulassen, sondern mit Hartnäckigkeit die finanzielle Lage zu verbessern. Ausdrücklich befürwortet wird das freiwillige Haushaltsicherungskonzept als Anstrengung, die Stadtfinanzen zu stärken. Projektleiter Heinrich Josef Breidenbach analysiert die Situation so: „Da der Haushalt strukturell nicht ausgeglichen ist, besteht weiterhin Handlungsbedarf, die Stadtfinanzen zu stärken.“

Wie berichtet stehen im aktuellen Haushaltsplan Einnahmen von rund 395 Millionen Euro Ausgaben von 413 Millionen Euro gegenüber. Unterm Strich plant Kämmerer Thore Eggert (FDP) mit einem Minus von rund 17 Millionen Euro. Gedeckt wird das Defizit mit dem Griff in Rücklagen.

Bauaufsicht als wichtiges Aushängeschild für Kommunen

Beim Thema Bauaufsicht sieht GPA-Experte Alexander Gumnior „Verbesserungspotenziale bei der Laufzeit von Baugenehmigungsverfahren, dem Grad der Digitalisierung der Bauverwaltung und der Informationsbereitstellung für Bauwillige auf der städtischen Website.“ Eine gut funktionierende Bauaufsicht sei ein wichtiges Aushängeschild der Kommunen. Den Prozessablauf beurteilten die Prüfer als „klar geregelt.“

Kosten für Verkehrsflächen belaufen sich auf 150 Millionen Euro

Die Erhaltung der Verkehrsflächen erfordere enorme Investitionen. Wie berichtet belaufen sich die geschätzten Kosten, um Mängel zu beseitigen, auf mindestens 150 Millionen Euro. „Die Stadt sollte eine Gesamtstrategie erarbeiten, damit die benötigten finanziellen Ressourcen sichtbar werden und zielgenau eingesetzt werden können“, skizziert Gumnior die Handlungsziele. Letztlich gehe es darum, im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten dem bilanziellen Werteverzehr entgegenzuwirken.

Haushalt in Bergisch Gladbach erfordere „einen langen Atem“

Beim Handlungsfeld Hilfe zur Erziehung stellt die GPA „einen überdurchschnittlichen Fehlbetrag je Einwohner von 0 bis 21 Jahren fest. Dieser werde hauptsächlich verursacht durch hohe Aufwendungen je Hilfefall und einen vergleichsweise erhöhten Anteil an stationären Hilfen. „Eine Chance, die städtischen Finanzen zu entlasten, sieht die GPA im dezentralen Fach- und Finanzcontrolling sowie in einer Intensivierung der Fallsteuerung.

„Bergisch Gladbach hat schwierige Haushaltsjahre hinter sich“, betont Manfred Wiethoff. Die Lage sei weiter herausfordernd. Sie erfordere „einen langen Atem.“ „Wichtig ist für mich insbesondere die Feststellung, dass wir uns auch nach Ansicht der Kommunalaufsicht mit unseren Bemühungen zum Haushalt auf einem guten Weg befinden, der uns als Kommune in absehbarer Zeit größere Handlungsfreiheit ermöglicht“, zeigt sich Bürgermeister Frank Stein (SPD) zufrieden mit dem Ergebnis. Die Prüfer der GPA seien versierte Fachleute, deren Expertise er gern annehme.


Freie Wähler sehen dringenden Handlungsbedarf

Die Fraktion der Freien Wählergemeinschaft (FWG) kritisiert, dass in der gemeinsamen Pressemitteilung von Stadt Bergisch Gladbach und Gemeindeprüfungsanstalt NRW anlässlich der überörtlichen Prüfung kaum kritische Töne angeschlagen werden. Der Prüfungsbericht selbst, spreche dagegen eine deutlichere Sprache, betont Rainer Röhr, Sprecher der FWG.

Bemühungen zur Konsolidierung der Finanzen würden in Bezug auf das freiwillige Haushaltssicherungskonzept zwar gewürdigt. Vieles würde aber auch ernsthaft angemahnt. In ihrem Statement zählen die Freien Wähler unter anderem auf: Fehlen eines wirksamen Fördermittelmanagements, unvollständige Digitalisierungsprozesse bei der Bauaufsicht, unzureichende Straßendatenbank mit der Folge fehlerhafter Schwerpunktsetzung bei der Erhaltung der Verkehrsflächen sowie unzureichende Aufbereitung von Entscheidungsgrundlagen für die Politik.

An dem letzten Punkt stört sich Röhr besonders. Als jüngstes Beispiel nennt er das geplante Verwaltungsgebäude für das Abwasserwerk. Genauere Kalkulationsunterlagen habe die Stadtverwaltung erst am Tag vor der Ausschusssitzung vorgelegt. „Das ist unzumutbar“, ärgert sich Röhr. In der Sitzung des Stadtrates habe die FWG daraufhingewiesen, dass ein zu bildender interfraktioneller Arbeitskreis ernsthaft „weitere Maßnahmen zur Konsolidierung des Haushalts angehen muss.“

Tue er das nicht, würden die Rücklagen nicht ausreichen. Die Stadt würde vor einer erneuten pflichtigen Haushaltssicherung stehen, mit vielen Einschränkungen bei den Ausgaben. Auch dies unterstreiche die GPA in ihrem Bericht, stellt Röhr fest.

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