S-Bahn nach KölnEinjährige Streckensperrung in Gladbach kommt „mit Sicherheit“

Die S-Bahnlinie 11 auf dem Weg zur Haltstelle Duckterath.
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Bergisch Gladbach – Über den Bau des zweiten S-Bahn-Gleises nach Bergisch Gladbach und die Veränderungen rund um den Bahnhof sprach Claus Boelen-Theile mit dem Bergisch Gladbacher Beigeordneten Ragnar Migenda und seinem persönlichen Referenten und Geschäftsführer der Stadtverkehrsgesellschaft Willi Schmitz.
Wie wird der Bahnhof in Bergisch Gladbach in einigen Jahren aussehen?
Migenda: Er soll Visitenkarte sowie Eintrittskarte zur Stadt sein. Wir blicken da nicht nur auf die S-Bahn. Als Mobilitäts-Hub soll er Bahn, Rad, ÖPNV und Auto vernetzen. Schon in der Bahn soll der Reisende vor Ankunft am Zielort über eine einzige App zum Beispiel Lasten- oder E-Bike oder ein Carsharing-Fahrzeug buchen. All dies gehört zur Verkehrswende.
Schmitz: Für die Autofahrer denken wir in erster Linie an den Park-and-ride-Platz in Duckterath, der erweitert werden könnte. Vielleicht durch ein weiteres Parkdeck in die Höhe mit direktem Zugang zur S-Bahn in Richtung Köln.
Wie ist bei Ihnen der Planungsstand beim Gesamtprojekt?
Migenda: Wichtige Entscheidungen zur Bahnstrecke sind von der Politik in Bergisch Gladbach beschlossen worden, so der Ausbau der Querungspunkte, die Schließung des Bahnübergangs Tannenbergstraße sowie der Bau einer Überführung am Bahnhof für Fußgänger und Radfahrer. Für die Stadt hat das zweite Gleis absolute Priorität.
Was wird aus dem städtischen Grundstück an der Bahn?
Migenda: Es gibt aktuell Interessenten, mehr kann ich Ihnen aber derzeit noch nicht sagen. Wir können uns vorstellen, dass dort in Erbpacht gebaut wird. Es könnte zum Beispiel eine Landmarke entstehen, zum Beispiel in Form eines weithin sichtbaren, schlanken höheren Gebäudes, das bereits bei der Einfahrt der Züge charakteristisch und unverkennbar für unsere Stadt wahrnehmbar wäre.
Wie wird es mit dem Bahnservice aussehen?
Schmitz: Die jetzigen Verkaufsstellen im Container sind provisorisch. In einem neuen Gebäude soll es weiterhin eine Anlaufstelle für den Fahrkartenverkauf geben, ebenso auch für touristische Angebote in der Region.
Wie denken Sie das Bahnhofs-Umfeld?
Migenda: Wir müssen die gesamte Eingangssituation betrachten, von der unteren Hauptstraße, über die Neubauten an den Kalkwerken Cox, dem Isotec-Campus auf dem Köttgen-Gelände und den Tausenden Menschen, die später auf dem Zanders-Areal leben werden. Der Driescher Kreisel könnte sich da als zentraler Anknüpfpunkt eignen. Der Bahnhof wird eine wichtige Gelenkfunktion in alle Richtungen übernehmen. Er liegt mitten in der Stadt, das ist ideal.
Wird es in Gladbach eine neue Straße über das Gleisdreieck geben, von der Buchholzstraße zum Anschluss Kalkstraße?
Migenda: Im Frühjahr 2023 wird eine gemeinsame Untersuchung von Bahn und Stadt dazu Klarheit bringen. Dass diese Studie Zeit benötigt wird, ist nachvollziehbar. Anschließend haben wir eine belastbare Aussage zu einer möglichen neuen Straße. Dann wird es uns auch möglich sein, eine Zeitschiene für die Gladbacher Projekte aufzustellen. Noch ist das nicht möglich. Nach der Studie werden entscheidende Pflöcke eingeschlagen, das Bild des Bahnhofs und seines Umfelds verändert sich für Generationen.
Was ist mit den Kosten?
Migenda: Auch dazu lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt keine verlässliche Aussage treffen. Allein der Neubau der Unterführung an der Buchholzstraße könnte 20 Millionen plus X kosten. Andererseits wird eine neue Straße über das Gleisdreieck den verbleibenden Platz und dessen künftige Nutzbarkeit verringern. Nach Schließung des Bahnübergangs an der Tannenbergstraße benötigen wir eine Ersatzmöglichkeit, um die Schienen zu queren. Die Stadt sollte dies möglichst keinen Cent kosten.
Welche Grundstücke benötigt die Bahn?
Schmitz: Um Leerfahrten am Morgen oder nachts zu verhindern, müssen künftig S-Bahnen in Bergisch Gladbach übernachten. Auch zur Reinigung der Züge ist das wichtig. Die Fläche wird nicht gering sein, die die Bahn benötigt. An welcher Stelle entlang der Strecke dies in Bergisch Gladbach sein wird, lässt sich momentan nicht sagen. Es gibt Wunschflächen der Bahn und es gibt alternative Flächen, eine anstehende Untersuchung wird im kommenden Jahr hierüber Aufschluss geben.
Was ist mit dem Naturschutzgebiet Thielenbrucher Moor auf Kölner Stadtgebiet?
Migenda: Das liegt nicht in unserer Hand. Die Deutsche Bahn hat in ihren Bahn-Konferenzen auf ein frühzeitiges Miteinander der Akteure gesetzt. Das ist wichtig für das weitere Verfahren und könnte Klagen verhindern.
Können Sie etwas zum Planfeststellungsverfahren sagen?
Migenda: Für den Bau des zweiten Gleises ist dieses Verfahren entscheidend. Es wird voraussichtlich im Herbst 2022 beim Eisenbahnbundesamt beginnen, vier Abschnitte sind von Köln bis Bergisch Gladbach geplant. Niemand kann sagen, wie lange es dauern wird. Es hängt davon ab, ob es Klagen gegen das Verfahren geben wird.
Wann erreicht das zweite Gleis Bergisch Gladbach?
Migenda: Auch das können wir derzeit nicht seriös sagen. Meine Wunschvorstellung ist, dass das Verfahren nur sieben oder acht Jahre dauert. Das ist für ein Projekt dieser Dimension eine sehr kurze Zeit. Die Studie zur Verkehrsuntersuchung, die wir im Frühjahr erwarten, wird das Projekt nicht verzögern.
Ist schon klar, welche Linien künftig verkehren?
Schmitz: Die S11 wie bislang zwischen Bergisch Gladbach und Düsseldorf Flughafen Terminal, neu hinzu kommen die neue S10 nach Köln-Worringen und die S14 nach Köln-Nippes. Da alle drei Linien die gleiche Achse bedienen, versuchen wir, die Bahn zu überzeugen, auch in Richtung Bonn zu denken und statt der Linie S14 die Linie S17 von Köln Kalk-West nach Bergisch Gladbach zu verlängern. Viele Pendlerinnen von und nach Gladbach haben Verbindungen nach Bonn. Bergisch Gladbach ist überdies die einzige Großstadt in NRW ohne ICE-, IC- und RE-Anschluss.
Und der Bahndamm?
Migenda: Mit mir und Bürgermeister Frank Stein (SPD) wird es keinen Einstieg in eine Straße über den Bahndamm geben. Wir denken dort eher an eine Anbindung an die Linie 1 mit autonomen Fahrsystemen in Richtung Stadtmitte, wie sie es auch aus Bensberg in Richtung Moitzfeld und Herkenrath geben kann. Bislang wird in Richtung Technologiepark geplant, aber über dem Bahndamm würden viel mehr Menschen davon profitieren. Darüber sprechen wir mit dem Kreis.
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Schmitz: Bauarbeiten und Bahnbetrieb sind gleichzeitig nicht möglich. Es wird mit Sicherheit eine einjährige Streckensperrung geben, mit Schienenersatzverkehr entweder von Bergisch Gladbach oder von Duckterath aus.