Wasserstoff-WirtschaftRheinisch-Bergischer Kreis und Nachbarn setzen auf H2

Lesezeit 3 Minuten
Mit Wasserstoff betriebene Busse sind klimaneutral im Straßenverkehr unterwegs.

Mit Wasserstoff betriebene Busse sind klimaneutral im Straßenverkehr unterwegs.

Rhein-Berg – Mitten in Bergisch Gladbach, hinter den Mauern der ehemaligen Papierfabrik Zanders, wird das ABC des Klimaschutzes seit neuestem von hinten buchstabiert; genauer gesagt mit Doppel-W. Landrat Stephan Santelmann weihte am Samstag bei einem kleinen, regionalen Klimagipfel, die „Wasserstoff-Werkstatt“ ein. Was auf den ersten Blick wie ein Labor klingt, in dem es zischt, knallt und brodelt, ist ein Büro, in dem es vor allem um Vernetzung geht, um Wasserstoff als grünen Energieträger stärker ins Bewusstsein zu rücken.

„Die Idee ist nicht neu, aber revolutionär“, heißt es im eingespielten Trailer, der für H2 wirbt, ein kleines Molekül, das zum großen Hoffnungsträger werden soll, ist es doch ein farb- und geruchloses sowie ungiftiges Gas, das sich gut speichern und transportieren lässt, und mit dem schwere Fahrzeuge wie Busse, Lastwagen, Züge (und auch Schiffe) klimaneutral fahren könnten. Die „brennbare Luft“, wie Wissenschaftler die Weiterentwicklung des im 17. Jahrhundert entdeckten Knallgases einst nannten, könnte in hiesigen Breiten nachhaltig das Klima verbessern.

Erläuterten das Konzept der H2-Werkstatt: (v.l.) Dezernentin Elke Reichert, Dezernent Alexander Lünenbach, Landrat Stephan Santelmann, Landrat Jochen Hagt und Sprecher Torsten Wolter.

Erläuterten das Konzept der H2-Werkstatt: (v.l.) Dezernentin Elke Reichert, Dezernent Alexander Lünenbach, Landrat Stephan Santelmann, Landrat Jochen Hagt und Sprecher Torsten Wolter.

Die Strukturen dafür zu schaffen, hat sich die H2-Werkstatt zum Ziel gesetzt. Unter der Federführung des Rheinisch-Bergischen Kreises sind die Stadt Leverkusen sowie der Oberbergische Kreis mit im Boot; Interesse, zuzusteigen, hat auch bereits die Region Rhein-Sieg bekundet. Lotse und Vermittler soll die Werkstatt sein. „Wir wollen etwas verändern“, stellte Santelmann klar.

Sei der Klimawandel früher eher ein Thema für die Experten gewesen, ist er mittlerweile für alle erlebbar geworden, fügte der Landrat des Oberbergischen Kreises, Jochen Hagt, an. Die Wasserstoff-Werkstatt stelle einen großen Schritt nach vorne dar, auch mit Blick auf die Gründung eines geplanten Kompetenzzentrums.

Von besonderem Wert sei zudem die Nachbarschaft zur Regionale-Agentur, um „gemeinsam Zukunft zu entwickeln. Wir sind nicht schläfrig unterwegs.“ Zwei Katalysatoren nebeneinander: Darin sieht auch der stellvertretende Regionale-Geschäftsführer Thomas Kemme „eine absolute Chance“.

Alexander Lünenbach, Dezernent der Stadt Leverkusen, fand es „faszinierend, Teil des Bergischen Rheinlands sein zu dürfen“. Mit Reinhard Haase (Kreis), Eugen Puderbach (Projektbegleiter im Auftrag des Kreises und ehemaliger Geschäftsführer Regionalverkehr Köln GmbH) sowie Ulrik Dietzler (Energieversorgung Leverkusen EVL) habe man zudem Fachleute mit dabei, „die wissen, wie man das auf die Straße bringt.“ Und das nicht nur im buchstäblichen Sinn, sondern auch in die Köpfe der Menschen.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Wir brauchen eine Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit“, unterstrich Elke Reichert, Dezernentin für Umwelt und Planung des Rheinisch-Bergischen Kreises. Dazu dient unter anderem eine Internetseite mit zugehöriger E-Mail-Adresse, die seit dem Wochenende freigeschaltet ist. Dort kann man Studien und Konzepte abrufen und sehen, was alles möglich ist: von den Erfahrungen der Regionalverkehr Köln GmbH (RVK) mit ihrer wasserstoffbetriebenen Busflotte bis zum Leuchtturmprojekt eines „Grünen Mobilhofs“ nahe der Autobahn in Moitzfeld.

H2-Speicher können Notstromaggregate betreiben

Bei Stromausfällen könnten über H2-Speicher Notstromaggregate betrieben werden, Müllfahrzeuge könnten schadstofffrei durch Wohngebiete fahren – und neues Material für den Öko-Treibstoff sammeln. Aus Abfall oder Biomasse lasse sich ebenso Wasserstoff gewinnen wie aus Wasserkraft und Photovoltaik-Anlagen, erklärte Torsten Wolter, der als stellvertretender Leiter der Kreis-Pressestelle die Runde moderierte. Zum Transport könnten neben Tankwagen auch alte Erdgasnetze dienen, regte Elke Reichert an.

Damit der Nachfolger des Knallgases auch nachhaltig zum Knaller wird, will die neue Werkstatt auf dem alten Zanders-Gelände Ansprechpartner für Kommunen und Politiker, für die regionale Wirtschaft, für Schulen, Forschung und Lehre sein. Als Anschubfinanzierung hat jeder der Partner 15.000 Euro beigesteuert. Bis zur 2024 geplanten Überführung in ein H2-Kompetenzzentrum werden es jährlich 30.000 Euro sein.

KStA abonnieren