Vor dem Landgericht muss sich seit Dienstag ein 24-Jähriger verantworten, der auf mehrere Personen eingeschlagen haben soll.
ProzessBergheimer soll sich verfolgt gefühlt haben, als er auf Passanten einschlug

Vor dem Landgericht Köln muss sich seit Dienstag ein 24-jähriger Bergheimer verantworten.
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Leidet der junge Mann, der im Sommer 2024 neun Menschen im öffentlichen Raum überfallen und teils erheblich verletzt hatte, an Verfolgungswahn und ist deshalb nur eingeschränkt schuldfähig? In der Anklage vor dem Landgericht hieß es zu den Schmerzen und Verletzungen infolge von Schlägen, Tritten und Würgen immer wieder „was der Angeklagte so wollte“. Die 14. Große Strafkammer unter Vorsitz von Richter Ralph Ernst muss nun herausfinden, ob exzessiver Cannabis- und Bierkonsum tatsächlich akute Psychosen auslösen kann, die zu unkontrollierbaren Gewaltausbrüchen führen.
Der forensische Gutachter will in dem Zusammenhang die Bewährungshelferin des 24-jährigen Bergheimers anhören. Zweifel nährt, dass der Angeklagte, der über seinen Verteidiger Simon Groß ein Teilgeständnis zu den aktuellen Tatvorwürfen ablegte, inzwischen eingeräumt hat, Wahnvorstellungen von unter die Haut injizierten Wanzen, Gas und Giftpartikeln frei erfunden zu haben. Er habe in früheren Verfahren Haftstrafen entgehen wollen.
Fast immer unbekannte Männer angegriffen
Auch durch die Einlassungen im laufenden Prozess zog sich die Erklärung, er habe die ihm mit einer Ausnahme unbekannten Männer angegriffen, weil er glaubte, sie würden ihn verfolgen. Er habe befürchtet, sie wollten ihn wegen seines Drogenkonsums zur Rede stellen und ihn beschimpfen, kein Teil der Gesellschaft zu sein.
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Zwischen dem 19. August und 4. September soll der damals 23-Jährige an den Bahnhöfen Quadrath-Ichendorf und Horrem sowie auf der Straße und an einem Supermarkt zu unterschiedlichen Tageszeiten arglose Männer bedroht, hinterrücks angegriffen, mit der Faust ins Gesicht oder einem Hammer auf den Kopf geschlagen, zu Boden gerissen und auf die Opfer eingetreten haben. Ein Mann fiel dabei auf die Fahrbahn am Busbahnhof Horrem und zog sich eine Schädelfraktur mit kurzzeitiger Bewusstlosigkeit zu.
Ich war selbst schockiert, das war nicht meine Absicht
„Ich war selbst schockiert, das war nicht meine Absicht“, entschuldigte sich der Angeklagte über seinen Verteidiger. Gleich zweimal schlug der Angeklagte am 3. September auf dem Parkplatz eines Discounters in Bergheim zu. Dort hielt sich der Deutsch-Marokkaner nach eigenen Angaben häufig in schwarzer Gesichtsmaskierung auf, um seinen bekifften und betrunkenen Zustand vor Familienmitgliedern, die im Umfeld wohnen, zu verbergen. Er glaubte, ein im Auto wartender Mann sei ein Verfolger und griff ihn an.
Als später der einzige Bekannte unter den Geschädigten auf ihn zuging, dachte er, dieser sei ein Polizeispitzel und attackierte ihn ebenfalls. Keine Erinnerung will er daran haben, dass er am folgenden Tag eine Person aus einem Bus geschubst hatte. Nach einem weiteren Vorfall am Nachmittag, den er einräumte, konnte er gefasst werden. Der Prozess wird fortgesetzt.