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WahrzeichenWie die Kreisstadt Bergheim die Grass-Kastanie in Oberaußem retten will

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Das Bild zeigt eine Kastanie, im Hintergrund sind Häuser und eine Kirche zu sehen.

Um die Wurzel der Kastanie herum soll die Treppe verschlankt werden.

Der nach dem Nobelpreisträger Günter Grass benannte Baum leidet an Altersschwäche. Die Stadt will ihn „so lange wie möglich“ erhalten. 

Seit rund 200 Jahren, so die Schätzung der Stadt, steht die Kastanie am Ende der Treppe zum alten Friedhof. Beim Stadtteilforum geht man gar von bis zu 400 Jahren aus. Doch seit einigen Jahren zeigt der Baum deutliche Altersschwäche. Die Stadtverwaltung will alles tun, um das Leben des Baums, der als ein geschichtsträchtiges Wahrzeichen des Orts gilt und den Namen Grass-Kastanie trägt, zu erhalten oder doch zumindest zu verlängern.

Bergheim: Kastanie in Oberaußem hat knapp vier Meter Stammumfang

Der Baum benötigt dringend Hilfe“, teilte die Verwaltung mit. Auch wenn sich der Zustand des „schwer kranken“ Baumes nicht mehr vollständig erholen werde, will die Stadt ihn „so lange wie möglich“ erhalten. Der Baum, der rund 18 Meter hoch ist und dessen Stamm einen Umfang von knapp vier Metern hat, war laut Darstellung des Stadtteilforums Nachbar der Kirche, die 1884, drei Jahre nach dem Bau der neuen St.-Vinzentius-Kirche im Unterdorf, abgebrochen wurde.

In den 1920er-Jahren soll Boxweltmeister Max Schmeling mit seinen Kollegen vom Kraftwerksbau Fortuna so manchen Sommerabend dort verbracht haben. In den 1930er-Jahren wurde für seine Standfestigkeit an der Hanglage eine Stützmauer errichtet, 20 Jahre später saß dort Günter Grass und genoss den Blick auf das Kraftwerk, den er in seinem Buch „Die Blechtrommel“ („Welch eine Aussicht!“, „Zu unseren Füßen . . . das neue, zischende, immer explodieren wollende Kraftwerk.“) beschreibt. Seitdem heißt der Baum Grass-Kastanie.

Grass-Kastanie: Bald soll die Baumrettung losgehen

2005 wurde eine Rundbank um den Baum gelegt und eine Gedenktafel an Grass und die Blechtrommel angebracht. Die Bank wurde vor einigen Jahren bereits entfernt, um dem Baum mehr Platz zu gönnen. Vor gut zehn Jahren setzte eine Miniermotte dem berühmtesten Baum im Stadtgebiet arg zu. Ehrenamtliche Einsätze konnten dem ein Ende setzen. Ebenso wurden Rückschnitte zur Revitalisierung vorgenommen.

Die Kastanie wehrt sich mit neuen Austrieben an den Schnittstellen trotzig gegen ihr abzusehendes Ende. Aktuell steht ein dicker Ast, der sich über die Treppe ausstreckt, unter ständiger Beobachtung. Diesen abzustützen, ist laut Gutachten derzeit jedoch nicht erforderlich.

Am kommenden Montag soll es mit der Baumrettung losgehen. Dann wird die Treppe auf Höhe der Baumwurzeln teilweise zurückgebaut. Nach der Entsiegelung des Wurzelraums, so das Ziel, sollen die Wurzelanläufe nicht mehr direkt unter Steinen liegen. Die Wurzeln sollen zudem mit einem Injektionsverfahren mit einer Extraportion an Nährstoffen versorgt werden.

Für die Dauer der rund einwöchigen Arbeiten wird die Treppe nicht zu benutzen sein, wie die Verwaltung mitteilt. Bis Ende Februar sollen dann die Bäume entlang der Treppe geschnitten und eine Linde in direkter Nachbarschaft der Kastanie sowie ein Baum am unteren Ende der Treppe gefällt werden. Auch während dieser Pflegemaßnahmen kann es laut Stadtverwaltung kurzzeitig zu Sperrungen der Treppe kommen.

„Weitere 100 Jahre wird der Baum wohl nicht schaffen“, sagt Ortsbürgermeister Hans-Josef Weck, der die „lebensverlängernden Maßnahmen“ sehr begrüßt.