HaushaltsentwurfBrühl macht im kommenden Jahr wohl mehr als 20 Millionen Euro Schulden

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Zu sehen ist eine Luftaufnahme des Brühler Stadtgebietes mit dem Balthasar-Neumann-Platz im Vordergrund.

Die Stadt Brühl wird im kommenden Jahr voraussichtlich rund 20 Millionen Euro mehr ausgeben als einnehmen.

Im Stadtrat hat Bürgermeister Dieter Freytag seinen Haushaltsentwurf vorgestellt. Kämmerer Rolf Radermacher sprach von einer katastrophalen Lage.

Die Einbringung der Haushaltssatzung durch Bürgermeister Dieter Freytag (SPD) war nicht dazu angetan, gute Stimmung in der Aula des Max-Ernst-Gymnasiums zu verbreiten. Erst nach eingehenden Beratungen sei es gelungen, einen Entwurf für das kommende Jahr zu erstellen, der Brühl um die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzepts (HSK) herumbringe, sagte Freytag vor dem Stadtrat.

Die Sorge, in die HSK-Pflicht zu rutschen und damit die Hoheit über die städtischen Finanzen zum Teil einzubüßen, kann nach seiner Einschätzung jedoch nur durch den Dreiklang aus Steuererhöhung, Gebührenanpassung und Einsparungen vertrieben werden. Ein gewaltiges Minus von 20,1 Millionen Euro bliebe aber trotz aller Maßnahmen, wenn der Rat Freytags Entwurf zustimmt. Erträgen von 160,8 stünden Aufwendungen in Höhe von 180,9 Millionen Euro gegenüber. 

Krisen mit Auswirkungen in Brühl

Freytag verwies auf Pandemie, Jahrhundertflut und den Ukrainekrieg: „Die Krisen hatten nicht nur Auswirkungen auf jeden einzelnen von uns, sondern auch auf die kommunalen Haushalte“, sagte er. Viele Kriegsvertriebene seien auch nach Brühl gekommen, die Kosten für deren Unterbringung seien gestiegen, die Inflationsrate hoch und die Konjunktur lahme. So sinken die Gewerbesteuereinnahmen, die Einkommenssteuer wächst nur langsam, doch die Kosten für Schulbauten, die Errichtung der Feuerwache, Betreuungsangebote für Kinder und städtisches Personal stiegen massiv.

Die große Aufgabe bestehe darin, Einsparungen umzusetzen, um die HSK-Pflicht zu vermeiden – „ohne Strukturen zu zerschlagen und ohne die Stadtwerke kaputt zu machen“, so der Bürgermeister mit Blick auf die regelmäßigen Gewinnentnahmen bei dem Versorger.

Wir müssen in Lösungen statt in Problemen denken.
Dieter Freytag, Brühler Bürgermeister

„Ich bin überzeugt, dass es gelingt“, schob er einen Funken Hoffnung hinterher. Das Motto für die anstehenden Haushaltsberatungen laute, in Lösungen statt in Problemen zu denken. Bei der Erstellung des Haushalts haben Freytag und Kämmerer Rolf Radermacher das bereits getan und alle Register gezogen. Entstanden sei ein realistischer Entwurf, aber auch ein „fragiles Gebilde“, wie Freytag sagte. Mit der Ansetzung „globaler Minderausgaben“ habe man in die Trickkiste gegriffen und habe wie vom Gesetzgeber erlaubt 1,75 Millionen Euro aus Etat herausgerechnet.

Die Gebühren für Abwasser, Müll und Straßenreinigung werden um rund zwölf Prozent erhöht. Auch die Friedhofsgebühren steigen und Eltern werden für die Betreuung ihrer Kinder in der Offenen Ganztagsschule verstärkt zur Kasse gebeten. War der Höchstbetrag von monatlich 197 Euro bisher bei einem Jahreseinkommen von mehr als 75.000 Euro erreicht, sollen nun weitere, höhere Einkommensgruppen hinzukommen. Erst wer mehr als 1.125.00 Euro verdient, zahlt von Anfang August 2024 an den neuen Maximalbetrag von 228 Euro. Auch bei den Kita-Gebühren sind zusätzliche Einkommensgruppen geplant.

Gebührenanhebung bringt 2,8 Millionen Euro ein

All das bringt 2,8 Millionen Mehreinnahmen. Wichtigster Punkt ist aber die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B. Wer Immobilien besitzt, sollte nach der ursprünglichen Planung künftig mit einem Hebesatz von 690 statt bislang 600 Punkten zur Kasse gebeten werden, nun plant Freytag mit 800 Prozentpunkten, was 3,1 Millionen zusätzlich in die Kasse spült. Eine vierköpfige Musterfamilie belaste die Gebühren- und Steuererhöhung im Jahr mit zusätzlichen 180 Euro hat die Kämmerei errechnet.

Es sei ein schwacher Trost, dass man mit diesen Schwierigkeiten nicht allein dastehe, so Freytag, der an Bund, Land und Kreis appellierte, den Kommunen beizustehen. Andernfalls seien die kommunale Selbstverwaltung und die Erfüllung der Aufgaben gefährdet.

Größter Ausgabenposten bleiben die Personalkosten. Zwar sei die Zahl der Vollzeitbeschäftigten in der Kernverwaltung nun um eins gestiegen, mit 64,2 Millionen Euro verursacht die Bezahlung der Mitarbeiter aber 5,9 Millionen Euro höhere Kosten, was großenteils auf den Tarifabschluss zurückgehe, der eine Erhöhung der Bezüge um durchschnittlich elf Prozent vorsehe.

Es gibt jedoch auch gute Nachrichten: gestiegene Steuererträge bescherten für das Jahr 2022 ein Plus von 8,4 Millionen Euro im Stadtsäckel und das voraussichtliche Defizit im laufenden Jahr reduziert sich um 6,6 auf 20 Millionen Euro. Zudem beabsichtigt der Landrat für Brühl eine Absenkung der Kreisumlage um rund drei Millionen Euro.

Kämmerer findet mahnende Worte

Dem gegenüber stehen die Folgen der Zinswende, die Kredite verteuert und die sinkenden Gewerbesteuereinnahmen. Da die Erhöhung der Grundsteuer auch viele Unternehmen belastet, habe man von einer höheren Gewerbesteuer abgesehen, sagte Radermacher, der die Lage insgesamt abwechselnd als katastrophal und prekär bezeichnete.

„Alle Beschlüsse müssen daher auf den Prüfstand“, sagte er. Das gelte auch für den Zeitpunkt von Investitionen. „Die Chance zur günstigen Finanzierung ist vorbei. Wir müssen prüfen, was wir verschieben können.“ Noch könne man die HSK-Pflicht verhindern.

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