Die Stadtwerke investieren in Kanäle, Rückhalte- und Versickerungsbecken. Beim Aufstellen eines Notfallaktionsplans wird auch KI eingesetzt.
HochwasserschutzDiese Maßnahmen sollen künftig Überschwemmungen in Hürth verhindern

Auf mobile Flutzäune statt Sandsäcke setzen die Stadtwerke beim Schutz von Gebäuden vor Überflutung.
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Der Starkregen im Juli 2021 richtete auch in Hürth große Schäden an. Keller liefen voll, auch städtische Gebäude wie Schulen und Kitas wurden durch die Wassermassen teils schwer beschädigt. Auf Beschluss des Verwaltungsrats haben die Stadtwerke die Schwachstellen im Kanalnetz analysiert und investieren seit Jahren große Summen in den Hochwasserschutz.
Dr. Friedrich-Wilhelm Bolle, Klimaanpassungsmanager der Stadtwerke und Experte auf dem Gebiet der Wasser- und Abwassertechnik, zog jetzt eine Zwischenbilanz über die Umsetzung eines Maßnahmenplans. Zentrale Grundlage ist eine Starkregengefahrenkarte, die im Internet einsehbar ist und auch Hauseigentümern als Orientierung für eigene Schutzmaßnahmen dient. Inzwischen sind laut Stadtwerken etliche Baumaßnahmen begonnen worden oder bereits umgesetzt.
Hürth: Die Wehranlage in Sielsdorf wird technisch aufgerüstet
In Kalscheuren wurde hinter dem HGK-Stellwerk an der Ursulastraße ein Versickerungsbecken errichtet. Das Becken kann bei Starkregen Wasser aus Kendenich, dem Bereich des Fachmarktzentrums und dem Umfeld des HGK-Stellwerks aufnehmen, das bislang in die Kanalisation abfloss und dort zu Überlastungen führte. Im Bereich der Kendenicher Flurflosse wird das bestehende Versickerungsbecken derzeit erweitert und die Zulaufgräben ertüchtigt.
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Gebaut wird derzeit weiter an der Wehranlage in Sielsdorf. Dort war es nach dem Starkregen im Sommer 2021 zu einer Fehlfunktion gekommen. Die Technik und Steuerung des Sammlers, der das Wasser aus Berrenrath, Gleuel und Sielsdorf zur Kläranlage transportiert, wurden durch die Wassermassen erheblich beschädigt. Derzeit werden Wehr und Technik aufgerüstet, die Bauarbeiten an der Ecke Kölner Straße/Niklausstraße sollen Anfang kommenden Jahres abgeschlossen werden.
Neue Rückhaltebecken im Bereich des Duffesbachs in Alt-Hürth geplant
In Planung befindet sich die Erweiterung eines Rückhaltebeckens in Stotzheim. „Das vorhandene Becken soll vergrößert werden und damit eine weitere große Wassermenge zurückgehalten werden, bevor sie die Siedlung erreicht“, erklärt Experte Bolle.
Auch in Alt-Hürth drohen im Verlauf des Duffesbachs, der heute unterirdisch durch Rohre fließt, Hochwassergefahren. Die Stadtwerke planen deshalb den Bau von zwei Rückhaltebecken und haben dafür vier mögliche Standorte im Abschnitt zwischen Industriestraße und Hürther Bogen genauer unter die Lupe genommen. „Ein Ingenieurbüro befasst sich derzeit mit der Ausarbeitung“, so Bolle.
Um den Bereich zwischen Alt-Hürth und Hermülheim zu entlasten, wird neben dem Bauhaus an der Luxemburger Straße ein großer unterirdischer Wasserzwischenspeicher gebaut. Der Plan liegt vor, noch in diesem Jahr sollen die Arbeiten vergeben werden.
Ausgelastete Bauunternehmen bremsen die Umsetzung aus
Oberhalb des Fachmarktzentrums plant ein Ingenieurbüro darüber hinaus ein weiteres Regenbecken. Außerdem wird der geplante Weg zwischen Fachmarktzentrum und Weingartenstraße um einen Schutzwall ergänzt, damit im Katastrophenfall Wasser und Schlamm westlich am Fachmarktzentrum vorbeigeleitet werden.
Klimaanpassungsmanager Bolle räumt indes ein, dass er bei der Umsetzung der Hochwasserschutzmaßnahmen gern schneller vorankommen würde. Allerdings würden ausgelastete Planungsbüros und Bauunternehmen sowie lange Genehmigungsverfahren das Bauprogramm bisweilen ausbremsen. Allein die Vergabe der Arbeiten am Wehr in Sielsdorf habe über ein Jahr gedauert, weil sich keine Baufirma gefunden habe, so der Experte.
Hürth: „Lebensader Lux“ speichert Wasser wie ein Schwamm zwischen
Der Hochwasserschutz wurde unterdessen auch bei der Planung der „Lebensader Lux“ in Hermülheim berücksichtigt. So wird dort künftig nach dem Prinzip der „Schwammstadt“ Regenwasser aus den Fußgängerbereichen gespeichert und zur Bewässerung der Pflanzbeete genutzt. Aus unterirdischen Speichern gelangt das Wasser in die miteinander verbundenen Wurzelbereiche der Bäume, eine Zisterne sichert bei anhaltender Trockenheit die Bewässerung der Grünflächen. Das Prinzip soll künftig auch bei anderen Bauprojekten angewendet werden.
Darüber hinaus entwickeln die Stadtwerke einen Notfallaktionsplan. Mithilfe künstlicher Intelligenz soll simuliert werden, welche Wege sich die Wassermassen nach Starkregenereignissen suchen werden, damit frühzeitig Schutzmaßnahmen ergriffen werden können. Im Sommer 2026 sollen die Ergebnisse vorliegen, auf deren Grundlage die Stadtwerke auch über die Anschaffung weiterer mobiler Rückhalteanlagen und die künftige Einsatzplanung entscheiden wollen.
Bereits im Winter soll außerdem ein neues Gewässerkonzept vorgestellt werden, das den Abfluss aus Siedlungen sichert und vor verrohrten Bachabschnitten Überschwemmungen verhindert. Darüber hinaus soll es dafür sorgen, dass die Bachläufe in heißen Sommern nicht austrocknen.
Stadtwerke beraten zum Hochwasserschutz
Beim Schutz vor den Folgen von Starkregen sind auch die Einwohnerinnen und Einwohner gefragt. Die Stadtwerke informieren regelmäßig in den Ortsteilen, Einzelberatungen können per E-Mail vereinbart werden.
„Eine Bitte der Stadtwerke an die Bürgerschaft betrifft uns alle“, appelliert Bolle. „Vor oder während des Starkregens ist es geboten, die Gullys an den Straßenrändern freizuhalten, Laub oder andere Materialien wegzufegen und so den Abfluss in die Kanalisation zu ermöglichen.“
https://starkregengefahrenkarte- huerth.cismet.de
starkregen@stadtwerke-huerth.de