Beschäftigte bedrohtKerpen will Rathaus und Erftlagune durch Sicherheitsdienst schützen lassen

Lesezeit 3 Minuten
Der Eingang des Kerpener Rathauses.

Am Eingang des Kerpener Rathauses gibt es Zugangskontrollen.

Die Gewaltbereitschaft gegen kommunale Beschäftigte steigt. Die Stadt Kerpen will deshalb für Zehntausende Euro einen Sicherheitsdienst beauftragen.

Rathäuser sind öffentliche Gebäude. Jeder kann sie betreten, wenn er will. Eine Ausnahme im Rhein-Erft-Kreis ist das Rathaus in Kerpen. Seit der Corona-Pandemie kontrollieren Mitarbeiter des Ordnungsamts, wer das Gebäude betritt. Das soll die städtischen Mitarbeiter schützen. Wie das Bürgermeisterbüro mitteilt, werden diese nämlich häufig beleidigt oder bedroht. Demnächst könnte ein privater Sicherheitsdienst die Einlasskontrollen übernehmen – und das nicht nur im Rathaus, sondern auch in der Erftlagune.

Es habe einige Vorfälle gegeben, sagt Stadtsprecher Harald Stingl. „Die Tendenz ist eindeutig: Die Gewaltbereitschaft steigt. Wir als Stadt haben die Pflicht, unsere Mitarbeiter davor zu schützen.“

Aus Sicht der Verwaltung gelang das mit den Zugangskontrollen bisher ganz gut. Sie würden einen „erheblichen Beitrag“ zur Steigerung der Sicherheit im Rathaus leisten, heißt es in einer Vorlage, in der sich die Stadt für den Einsatz eines Sicherheitsdienstes ausspricht. Laut der Vorlage haben die Kontrollen aber auch einen Nachteil. Ist ein Mitarbeiter des Ordnungsamts arbeitsunfähig, müssen die für die Kontrollen eingeplanten Kräfte nachbesetzt werden. Der Einsatz von externem Sicherheitspersonal würde Abhilfe schaffen.

Kerpen: Ein privater Sicherheitsdienst ist günstiger

Gleichzeitig spart die Stadt Geld. Denn der Einsatz eines Sicherheitsdienstes ist günstiger als der Einsatz eines zusätzlichen städtischen Außendienstmitarbeiters. Dessen Bruttogehalt beziffert die Stadt auf 66.500 Euro pro Jahr. Der Sicherheitsdienst soll nur etwa 50.000 Euro jährlich kosten.

Kritik daran übt allerdings Kämmerer Thomas Schaaf. Die Kontrollen seien für ihn eine „freiwillige Standarderhöhung“. Aus seiner Sicht solle die Verwaltung die Lage noch einmal neu bewerten anstatt Zusatzkosten zu verstetigen.

Mitarbeiter der Erftlagune werden bedroht

Viele Bürger würden die Kontrollen positiv sehen, sagt Stadtsprecher Stingl. „Sie fühlen sich sicherer und wenn sie einen Termin haben, sind die Wartezeiten kürzer.“ Für Bürger, die keinen Termin haben, sind die Kontrollen allerdings ein Ärgernis – sie dürfen das Rathaus nicht betreten. „Wir suchen aktuell nach einem Kompromiss. Denn auch Menschen ohne Termin haben ein Recht darauf, das Rathaus zu betreten“, erläutert Stingl.

Auch die Erftlagune soll ab Sommer ein Sicherheitsdienst schützen. In den vergangenen Jahren sei es in umliegenden Kommunen zu Messerangriffen auf Schwimmbadpersonal gekommen, heißt es in einer Vorlage der Verwaltung. An heißen Tagen seien auch Gäste in der Erftlagune aggressiv. Auf Anfrage bestätigt Stingl das: „Die Mitarbeiter der Erftlagune sind in der Vergangenheit teilweise übelst beschimpft worden“, sagt der Behördensprecher. „Bisher ist glücklicherweise kein Vorfall in körperlicher Gewalt ausgeartet.“ Schon vergangenes Jahr griff die Stadt tageweise auf einen Sicherheitsdienst zurück.

Kommunen wie Kerpen haben eine Fürsorgepflicht

Den Sicherheitsdienst will die Stadt nicht pauschal, sondern je nach Bedarf einsetzen. Das heißt: Sein Einsatz ist abhängig von der Anzahl der Sonnentage und der Stimmung unter den Badegästen. Im vergangenen Jahr gab es einige Regentage im Sommer, weswegen die Stadt nicht täglich auf den Sicherheitsdienst zurückgegriffen hatte. 2023 beliefen sich die Kosten auf 38 022 Euro. Dieses Jahr will die Stadt nachträglich 45 000 Euro in den Haushalt einstellen.

Die Häufigkeit und die Intensität von Attacken auf kommunale Beschäftigte haben laut des nordrhein-westfälischen Innenministeriums zugenommen. Das Ministerium hat deshalb bereits 2022 einen Leitfaden mit Handlungsempfehlungen veröffentlicht, um Beschäftigte im Öffentlichen Dienst vor Gewalt zu schützen. Zu den aufgezählten Maßnahmen gehören auch Zutrittskontrollen zu öffentlichen Gebäuden. Andere Maßnahmen sind zum Beispiel das Arbeiten mit Terminen sowie das Festlegen von Verhaltensregeln und Notfallplänen.

Kommunen wie Kerpen haben als Dienstherr eine Schutz- und Fürsorgepflicht für ihre Beschäftigten – so steht es im Grundgesetz und im Beamtenstatusgesetz. Als Dienstherr muss die Stadt etwa ihre Beamten vor Angriffen schützen. Verletzt sie ihre Fürsorgepflicht, können Beschäftigte im schlimmsten Fall sogar auf Schadenersatz klagen. Über den Einsatz eines Sicherheitsdienstes für Rathaus und Erftlagune beraten sich heute Abend die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses. Am Dienstag, 19. März, soll das Thema im Stadtrat behandelt werden.

KStA abonnieren