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Psychisch erkranktBruder des getöteten Syrers in Kerpen steht wegen Mordes vor Gericht

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Das Foto zeigt die Container-Unterkunft des Geflüchteten-Wohnheims Bruchhöhe.

Die Flüchtlingsunterkunft in Kerpen-Sindorf, Bruchhöhe.

Dem 26-Jährigen aus Syrien steht ein Sicherungsverfahren wegen eines Heimtücke-Mordes sowie wegen gefährlicher Körperverletzung bevor.

Am frühen Sonntagmorgen des 13. April 2025 soll der 26-jährige Angeklagte seinen drei Jahre älteren Bruder in der Unterkunft für Geflüchtete an der Bruchhöhe in Kerpen-Horrem getötet haben. Am kommenden Donnerstag (9. Oktober) muss sich der 26-Jährige dafür vor dem Landgericht Köln verantworten. Zuerst wurde wegen Totschlags ermittelt, die Anklage lautet nun aber Mord, wie das Gericht mitteilt.

Der Tatverdächtige soll seinen Bruder, einen Geflüchteten aus Syrien, am frühen Sonntagmorgen „unversehens mit einem Messer angegriffen haben“, so Dr. Hans Logemann, Vorsitzender Richter. Zuvor hatten die Brüder sich, so berichteten Polizei und Staatsanwaltschaft im April, am Samstagabend gestritten. Der Sicherheitsdienst der Unterkunft fand den Toten am Sonntagmorgen.

Kerpen: Opfer erwartete vermutlich keinen Angriff

Die Tat war ausgesprochen brutal. Logemann erläutert: „In Tötungsabsicht soll er ihn mehrfach im Brustbereich mit dem Messer gestochen haben. Auch nachdem der Geschädigte aufgrund der Verletzungen bereits in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei, soll der Beschuldigte ihm weitere Stichverletzungen beigebracht haben. Schließlich soll er dem Geschädigten die Kehle durchtrennt haben.“

Das entscheidende Mordmerkmal, das dem mutmaßlichen Täter angelastet wird, ist Heimtücke: „Der Heimtückevorwurf (und damit der Vorwurf des Mordes) stützt sich auf den Umstand, dass sich der Bruder zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Messerattacke keines Angriffs auf seine Person versehen habe.“

Der Beschuldigte gilt jedoch laut aktuellem Stand als schuldunfähig. Ihm steht ein Sicherungsverfahren mit einer möglichen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bevor. „Der Beschuldigte soll psychisch erkrankt sein“, teilt der Vorsitzende Richter mit.

Angriff auf Justizvollzugsbeamten in Untersuchungshaft

Neben dem mutmaßlichen Mord an seinem Bruder muss sich der 26-Jährige zusätzlich wegen der gefährlichen Körperverletzung verantworten. Auch diese Tat wird im Sicherungsverfahren aufgrund einer möglichen Schuldunfähigkeit behandelt. Der Mann habe in Untersuchungshaft Anfang Juni einen Justizvollzugsbediensteten unvermittelt nach dem Öffnen des Haftraums angegriffen. Dem Justizbeamten sei es jedoch schnell gelungen, sich aus dem Griff des Beschuldigten zu befreien.

Der 26-Jährige habe anders als das Opfer nicht in der Kerpener Unterkunft gewohnt, sondern sei in Magdeburg gemeldet, sagte ein Sprecher der Polizei Köln im April. Er habe die Unterkunft nach der mutmaßlichen Tat am darauffolgenden Dienstag noch einmal aufgesucht. Was er dort wollte, ist unklar. Der Sicherheitsdienst habe jedoch umgehend die Polizei informiert, sodass die Beamten den 26-jährigen Syrer festnehmen konnten. In Untersuchungshaft habe der Tatverdächtige das Tötungsdelikt bestritten, wie die Staatsanwaltschaft Köln mitgeteilt hatte.

Zu Konflikten kam es in der Unterkunft für Geflüchtete bereits in der Vergangenheit. Auch deshalb hatte der Stadtrat im Jahr 2024 beschlossen, einen Sicherheitsdienst in der Bruchhöhe einzusetzen. Das hatte zuvor die Kerpener Stadtverwaltung gefordert. In der Einrichtung leben, je nach Belegung, zwischen 250 und 280 Menschen. Mitte April waren es 262 Bewohnerinnen und Bewohner.

Die Einrichtung an der Bruchhöhe ist derzeit die größte der Stadt. Künftig soll es aber eine deutlich größere Flüchtlingsunterkunft an der Humboldtstraße geben. Diese Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) wird im Gegensatz zur Einrichtung an der Bruchhöhe vom Land finanziert und soll 700 Menschen eine zeitweise Unterkunft bieten. Der Baustart ist für 2026 geplant.

Zum Motiv des mutmaßlichen Täters machte der Richter keine Angaben. Geplant sind zehn Verhandlungstage. Das Urteil wird vermutlich am Dienstag, 2. Dezember, gesprochen.