Geisterrad zum GedenkenZwei tödliche Unfälle auf Feldweg in Kerpen – ADFC wirft Stadt Untätigkeit vor

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Auf dem Foto sind ein Rettungshubschrauber, der in einem Feld neben dem Vinger Weg gelandet ist, Polizeiwagen und ein Rettungswagen zu sehen.

Ein Rettungshubschrauber brachte den Schwerverletzten ins Krankenhaus.

Auf einem Wirtschaftsweg zwischen Kerpen und Wissersheim sind seit 2011 zwei Radfahrer ums Leben gekommen. Jeweils nach Zusammenstößen mit Pkw.

Es war der 27. Mai 2022, Christi Himmelfahrt. Drei Jahre lang hatte er sich auf den Ironman in Frankfurt vorbereitet: 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und zum Abschluss noch ein Marathon – 42,195 Kilometer Laufen. Mit seinem Rennrad war der 46-Jährige auf dem Vinger Weg zwischen Kerpen und Erftstadt unterwegs. Ein asphaltierter Landwirtschaftsweg, der für den Autoverkehr gesperrt ist – Anliegerverkehr ist erlaubt. Die perfekte Trainingsstrecke. Eigentlich.

An einer Kreuzung passierte es. Ein Auto kam von rechts. Bei dem heftigen Zusammenstoß erlitt der 46-Jährige schwerste Verletzungen. Mit einem Hubschrauber wurde er in die Kölner Uniklinik gebracht. Mehrere Wochen lag er im Koma, sein Arbeitgeber hatte einen Spendenaufruf gestartet, da absehbar, dass die nachfolgende Pflege immens viel Geld kosten würde. Im August 2023 ist der Familienvater an den Folgen des Unfalles verstorben.

Kerpen muss hier endlich aufwachen
Anja Georg

An diesem Sonntag (26. November) gedenkt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) des Getöteten und stellt am Vinger Weg ein Geisterrad auf. Zugleich will er an die Brisanz dieser von Radfahrern gerne genutzten Strecke erinnern und die Verantwortlichen im Kerpener Rathaus zum Handeln auffordern. „Die häufigen, auch tödlichen Unfälle der letzten Jahre im Rhein-Erft-Kreis sprechen eine deutliche Sprache. Kerpen muss hier endlich aufwachen“, fordert Anja Georg, Sprecherin der Kerpener ADFC-Ortsgruppe.

Schon 2011 war ein Rennradfahrer (55) auf dem Wirtschaftsweg ums Leben gekommen. Er und ein weiterer Radfahrer (51) waren an einer Kreuzung gegen einen Kleinwagen geprallt. Der 51-Jährige war in ein künstliches Koma versetzt worden und überlebte. Er wird laut Anja Georg am Sonntag dabei sein, wenn das in weiß lackierte Geisterrad aufgestellt wird. Zunächst aber wird eine stille Gedenkfahrt mit dem Fahrrad vom Rathaus Kerpen (Jahnplatz 1) zum Vinger Weg führen. Sie beginnt um 15 Uhr.

Auf dem Foto ist ein Geisterrad in Hürth zu sehen. Es ist weiß lackiert. Es erinnert an den 15-jährigen Radfahrer, der dort im Dezember 2021 von einem abbiegenden Lkw überrollt und getötet wurde.

Hürth: Ein symbolisches Geisterrad an der Frechener Straße vor der Kreuzung Sudetenstraße erinnert an den 15-jährigen Radfahrer, der dort im Dezember 2021 von einem abbiegenden Lkw überrollt und getötet wurde.

Anschließend findet eine Rundfahrt entlang des Vinger Weges statt. Die Veranstaltung endet gegen 17 Uhr an der Kreuzung Vinger Weg / Bachstraße in Kerpen.

Nach dem verhängnisvollen Unfall 2022 hatte der ADFC eigenen Angaben zufolge sofort Gespräche mit der Stadt Kerpen aufgenommen, um zu erreichen, dass diese Anliegerstraße ausschließlich als solche genutzt wird: von den anliegenden Höfen und den Radfahrern. Als Konsequenz daraus veranlasste die Stadt eine Verkehrszählung in Verbindung mit einer Geschwindigkeitsmessung. Das Ergebnis schockierte Anja Georg: „Täglich hunderte Durchfahrten und mehr als die Hälfte mit überhöhter Geschwindigkeit – die höchste lag bei knapp 140 km/h. Das kann so nicht weitergehen!"

ADFC fordert, dass der Weg für Autofahrer unattraktiv werden muss

In der Folge habe  die ADFC-Ortsgruppe Kerpen mehrere Vorschläge vorgestellt, die für Sicherheit sorgen könnten: von technischen Möglichkeiten wie Zufahrtsbeschränkungen durch ein Schrankensystem, wie es in der Nachbargemeinde Merzenich bereits erfolgreich umgesetzt worden sei, bis hin zur Fahrradstraße, die eine Durchfahrt mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h bedeuten und die Straße für motorisierte Verkehrsteilnehmer, die eine Abkürzung fahren, unattraktiv machen würde.

Denn eines habe die Zählung auch ergeben, berichtet Anja Georg: „80 Prozent der Durchfahrten finden zu Pendlerzeiten statt, und es ist nicht schwer, daraus zu schließen, dass es sich um illegale Abkürzungen für den Berufsverkehr handelt, obwohl es in unmittelbarer Nähe gut ausgebaute Landstraßen gibt.“

Wie sie berichtet, hätten die Gespräche mit der Stadt Kerpen nicht gefruchtet. Die Verkehrsexperten hätten argumentiert, dass es in der Kolpingstadt zahlreiche Wirtschaftswege gebe. Es sei nicht möglich, alle zu Fahrradstraßen zu machen. Weiteres Argument: Der Vinger Weg gehöre auch in Teilen der Gemeinde Wissersheim im Kreis Düren, dies erschwere es, entsprechende Maßnahmen zu treffen.

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