KohleausstiegKerpener Initiative vermisst bei Leitentscheidung Aussagen zu Hambach

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Das Foto zeigt die Kirche in Manheim-alt.

Die Kirche in Manheim-alt soll erhalten werden.

Den vorgezogenen Ausstieg des Braunkohleabbaus hat Schwarz-Grün bestätigt. Für so manchen im Rhein-Erft-Kreis bleiben Fragen offen.

Die Leitentscheidung des Landeskabinetts zu einem vorgezogenen Ende des Braunkohleabbaus 2030 stößt im Rhein-Erft-Kreis auf ein geteiltes Echo. Kritik kommt von der „Initiative Buirer für Buir“ und dem BUND, die Grünen sehen sich dagegen in ihren Forderungen bestätigt, kündigen aber an, dass sie die angekündigten Entwicklungen für Manheim-Alt im Auge behalten werden.

Andreas Büttgen, Vorstand der „Initiative Buirer für Buir“ bezeichnet das Papier als eine große Enttäuschung: Es habe sich angedeutet, dass die Landesregierung im Kern an der Leitentscheidung aus dem Jahr 2021 für die Region rund um den Tagebau Hambach festhalten wolle. Die Konzentration auf den Tagebau Garzweiler und die wenigen Aussagen zum Tagebau Hambach ließen der RWE Power AG „viel Spielraum zur Durchsetzung privatwirtschaftlicher Interessen ohne Berücksichtigung von Naturschutz und kommunaler Belange“.

Initiative beklagt fehlende Planungssicherheit für Kommunen, Unternehmen und Anrainer

Es bestehe weder Klarheit, wie die Wald- und Biotopvernetzung des Hambacher Waldes mit den anderen alten Wäldern erfolgen soll, noch über die zukünftige Größe des Tagebaus, da auch das Manheimer Loch unbehandelt bleibe. Damit verbunden sei auch weiter ungeklärt, wie mit den noch in Manheim lebenden Menschen und dem „historisch und symbolisch wertvollen Kirchenbau“ umgegangen werden soll.“ Durch die fehlende Begrenzung des Manheimer Lochs bestehe keine Planungssicherheit für Kommunen, Unternehmen und Anrainer, um sich zukunftsfähig aufzustellen.

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Außerdem fehlten konkrete Aussagen darüber, wie die RWE Power AG als Verursacher der Tagebaufolgen finanziell zu deren Bewältigung vollumfänglich in die Pflicht genommen werde. Darüber hinaus fehle die unabhängig festgestellte Machbarkeit der Restseen – sowohl quantitativ hinsichtlich der benötigten und zu realisierenden Wassermenge als auch qualitativ hinsichtlich der Auswirkungen auf die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben zur Wasserreinheit. Abschließend kritisiert Büttgen, dass Bürger im Leitentscheidungsprozess nur unzureichend beteiligt worden seien.

Als unzureichend bezeichnet auch der BUND das Papier des Kabinetts. Er lehnt die geplante Inanspruchnahme weiterer Flächen zur Abraumgewinnung am Tagebau Hambach deutlich ab: „Die geplante See-Erweiterung Manheimer Bucht ist ein weiterer Beweis für die fehlgeleiteten Prioritäten der Landesregierung. Es ist geradezu absurd, dass uralte Kulturlandschaften inklusive des dortigen Agrarlandes geopfert werden sollen, um bereits beschädigte Gebiete zu rekultivieren“, so Thomas Krämerkämper vom BUND. „Neue Löcher zu graben, um alte wieder aufzufüllen, ist keine nachhaltige Politik.“

BUND befürchtet Rückschlag für die geplante Wiedervernetzung der verbliebenen Wälder

Die geplante bis zu 60 Meter tiefe Abgrabung der Manheimer Bucht wäre ein herber Rückschlag für die angestrebte Wiedervernetzung der restlichen Wälder in der Region. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Landesregierung nicht dem Vorschlag der eigenen Gutachter folgt, das alte Tagebaurestloch bei Garzweiler nicht vollständig zu verfüllen, sondern der natürlichen Entwicklung zu überlassen („Arche Lösung“). Mit dieser und anderen Ideen könnte der Boden eingespart werden, der in Hambach und Garzweiler nun noch abgegraben werden soll, so der BUND.

Die Grünen in der Landesregierung verweisen darauf, dass sie bereits im Landtagswahlprogramm aufgeschrieben hätten, „dass wir die Kohleverstromung bis 2030 beenden werden“. Dies sei umgesetzt worden und mache sie sehr froh“, sagt die Landtagsabgeordnete Anja von Marenholtz aus Pulheim. „Die neue und letzte Leitentscheidung, welche zu dem Thema geschrieben wurde, stellt die dringend benötigte Grundlage, um den Strukturwandel im Rheinischen Revier zu gestalten.“

Ein solches Konzept müsste beinhalten, dass so wenig Fläche wie irgend möglich in Manheim-alt für den Kies- und Sandabbau in Anspruch genommen wird.
Annika Effertz

Bei den Grünen in Kerpen klingt dies etwas verhaltener: Annika Effertz, Vorsitzende des Ortsverbandes in Kerpen, sieht mit Erleichterung, dass die Kirche in Manheim-alt nicht der Abraumbeschaffung zum Opfer fallen soll. Weitere Berechnungen liefen und es soll ein angepasstes Abbaukonzept für die tagebauübergreifende Massegewinnung erstellt werden. „Ein solches Konzept müsste beinhalten, dass so wenig Fläche wie irgend möglich in Manheim-alt für den Kies- und Sandabbau in Anspruch genommen wird,“ sagt sie.

„Ebenfalls muss berücksichtigt werden, dass eine echte Waldvernetzung zwischen dem Hambacher Wald und der Steinheide, wie sie in der Leitentscheidung angekündigt ist, auch umgesetzt wird. Flächenerhalt in Manheim führt dazu, dass dies gelingen und der Erhalt des Hambacher Waldes erreicht werden kann“, so Effertz. „Außerdem streben wir weiterhin den größtmöglichen Erhalt von wertvollen Ackerböden und eine Lösung ohne Enteignungen an.“

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