Raus aus der MinderheitInterview mit zwei Kommunalpolitikern aus dem Kreis

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Über den Reiz des politischen Engagements sprachen Ina Remus und Nils Suchetzki mit Redakteurin Cordula Orphal (v.r.).

Über den Reiz des politischen Engagements sprachen Ina Remus und Nils Suchetzki mit Redakteurin Cordula Orphal (v.r.).

  • Ina Remus und Nils Suchetzki haben vor allem eine Gemeinsamkeit: Sie sind in der Kommunalpolitik beheimatet.
  • Ansonsten haben der SPD-Mann aus Königswinter und die CDU-Frau aus Lohmar zumindest auf parteiischer Ebene wenig gemeinsam.
  • Doch nun findet sich eine weitere gemeinsame Aufgabe.

Rhein-Sieg-Kreis – Er hat das rote Parteibuch mitgebracht, sie einen schwarzen Ordner: Politisch sind sich Ina Remus (CDU Lohmar) und Nils Suchetzki (SPD Königswinter) nicht grün, einig aber darin, dass sie nicht mehr zu einer Minderheit gehören wollen. Cordula Orphal sprach mit dem Studenten (22) und der Verwaltungsfachfrau (47) über das Mitreden in der Kommunalpolitik.

Sie sind seltene Exemplare, meist sind es Männer jenseits der 45, die sich in den Ortsvereinen und -verbänden, in den Ausschüssen und im Stadtrat engagieren. Wie gewinnt man die anderen?

Suchetzki: Wir beobachten bei uns seit einiger Zeit einen Dominoeffekt. Je mehr junge Leute mitmachen und ihr Gesicht zeigen, desto eher kommen auch Jüngere auf uns zu. Homepage, Facebook, Instagram – wir bewegen uns auf allen Kanälen. Und zeigen auch Flagge auf Veranstaltungen: Man muss sich doch nicht schämen, in der SPD zu sein.

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Remus: Das Wichtigste ist wohl, Leute zu begeistern, Menschen in der Nachbarschaft anzusprechen, bei Festen. Klar machen, dass man auf der örtlichen Ebene viel bewegen kann, zum Beispiel für mehr Abfallbehälter zu sorgen und bessere Busverbindungen. Aktuell habe ich es geschafft, das Talentförderprogramm des DFB für junge Fußballer nach Donrath zu holen.

Was war Ihr Antrieb, Parteimitglied zu werden?

Suchetzki: Eine Begegnung mit dem Bundespräsidenten beim einem Fußball-Länderspiel in Dortmund. Ich war 13, hatte ein Autogrammbuch dabei, wollte Unterschriften der Nationalspieler sammeln. Und Frank-Walter Steinmeier, damals Vizekanzler, heute Bundespräsident, saß in unserer Nähe. Er gab mir ein Autogramm, wir sprachen miteinander. Das hat mich sehr beeindruckt und nicht mehr losgelassen, so dass ich mit 14 eingetreten bin, ein paar Klassenkameraden waren auch dabei. Seit einem Jahr bin ich der SPD-Vorsitzende in meiner Stadt, wohl mit der jüngste in ganz Deutschland.

Frau Remus, wir Frauen sind gleichberechtigt, aber der Anteil in den Parteien liegt weit unter 50 Prozent. Woran liegt das?

Remus: Vielleicht haben Frauen zu viel zu tun. Ich selbst bin erst mit 42 eingestiegen, ich wurde angesprochen, ob ich nicht mitmachen wollte. Dann wurde ich schnell Geschäftsführerin des CDU-Ortsverbandes Donrath/Scheiderhöhe, ein reines Ehrenamt ohne Aufwandsentschädigung. Frauen sind selbstverständlich berufstätig, ich arbeite als Abteilungsleiterin in der Finanzverwaltung einer Kommune. Wie die meisten habe ich Kinder, zwei. Und zum Glück einen Mann, der mir den Rücken frei hält. Politik macht mir Spaß, das will ich auch anderen vermitteln.

Und die begeisterten Neumitglieder sind dann enttäuscht, wenn sie nur Plakate kleben, aber nicht mitreden und mitentscheiden dürfen? Die Ochsentour schreckt doch ab?

Remus: Wir müssen schon etwas bieten, mittelfristig auch die Mitarbeit in der Fraktion. Die Ochsentour gibt es so nicht mehr, im Gegenteil: Jede und jeder, die mitmachen wollen, werden auch an die Hand genommen. Entscheidend ist wohl eher, ob man sich die Aufgaben zutraut. Für mich ist die Arbeit als sachkundige Bürgerin ein guter Kompromiss.

Suchetzki: Wir Jungen sind damals ganz offen aufgenommen worden, und so läuft es nach wie vor. Dass man erst mal jahrelang Plakate kleben muss, habe ich nicht erlebt. Für mich war der Zusammenhalt bei den Jusos ganz wichtig, auch auf Kreisebene, wo wir das Thema „Bezahlbarer ÖPNV“ vorangetrieben haben. Wir unterstützen zum Beispiel die jungen SPD-Bürgermeisterkandidaten in Eitorf und Hennef und die amtierende Bürgermeisterin von Neunkirchen-Seelscheid. Ich kandidiere jetzt erstmals für den Stadtrat und auch für den Kreistag.

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Wie lässt sich das mit ihrem Lehramtsstudium Englisch/ Geschichte vereinbaren?

Suchetzki: Das verzögert sich, klar. Aber auch durch die Arbeit. Ich war schon im Büro der Sankt Augustin Bundestagsabgeordneten Bettina Bähr-Losse tätig und arbeite derzeit mit halber Stelle als Aushilfslehrer an einer Hauptschule. Da ist auch viel Geduld gefragt, wie in der Politik.

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