Kommunalwahl 2020 in NiederkasselStadtbahnlinie soll endlich aufs Gleis

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Die Stadtbahnlinie in Niederkassel ist eines der wichtigsten Themen vor der kommunalwahl.

Die Stadtbahnlinie in Niederkassel ist eines der wichtigsten Themen vor der kommunalwahl.

Niederkassel – Die Wahlkämpfer in Niederkassel haben ein Problem: Drei zentrale Themen, die die politische Diskussion in der Stadt zurzeit beherrschen, werden im Wesentlichen andernorts entschieden. Der Bau einer neuen Rheinquerung, der Rheinspange 553, die die linksrheinische A 59 mit der rechtsrheinischen A 555 verbinden soll, ist ein Bundesprojekt und wird vom Land planerisch vorangetrieben. Die rechtsrheinische Stadtbahn ist ein Regionalprojekt, bei dem die Stadt nur ein Akteur neben anderen ist. Und beim umstrittenen Plan zum Bau von Anlagen zur Herstellung von Ethylenoxid auf dem Lülsdorfer Evonik-Areal fallen maßgebliche Entscheidungen wohl vor allem bei der Bezirksregierung und möglicherweise vor Gericht. Dennoch hat sich das Gros der im Stadtrat vertretenen Parteien inzwischen zu allen drei Projekten positioniert – mehr oder weniger konkret. Übereinstimmend setzen sich CDU, SPD, Grüne und FDP für den Bau der neuen Stadtbahn-Linie ein. Damit enden aber auch die Gemeinsamkeiten.

Hinter der Rheinquerung mit Autobahn steht uneingeschränkt nur noch die FDP, die eine Rheinbrücke mit Nordtrasse als wichtigen Bestandteil der Infrastruktur und als Wirtschaftsfaktor begrüßt. Auch die CDU befürwortet die Rheinquerung, spricht sich jetzt aber für eine Tunnellösung aus.

Die SPD lehnt den Autobahnbau uneingeschränkt ab und ist damit auf Konfrontationskurs zur Kreis-SPD. Die Niederkasseler Genossen fordern ein Umdenken bei der Verkehrspolitik. Die einzige Rheinbrücke, die sie akzeptieren, ist eine für die geplante neue Stadtbahn mit Platz für Fußgänger und Radfahrer. Ähnlich argumentieren die Grünen, die die Autobahnverbindung vehement ablehnen und stattdessen „eine Stadtbahnverbindung Bonn-Niederkassel-Köln mit möglichst wenig negativen Auswirkungen auf das Naturschutzgebiet Lülsdorf/Langel, die Siegaue und die Umwelt“ fordern. Übereinstimmend lehnen inzwischen alle im Rat vertretenen Parteien den Bau der Ethylenoxid-Anlagen im geplanten Lülsdorfer Logistik-Zentrum ab. Als letzte schwenkten – wenige Wochen vor der Wahl – CDU und FDP ins Lager der Gegner um.

Weitere politische Schwerpunkte in den Wahlprogrammen der im Rat vertretenen Parteien:

CDU

Beim Thema Kultur sollen Kinder das erste halbe Jahr Gruppenunterricht in der städtischen Musikschule kostenlos besuchen können. Zudem regt die Partei eine Diskussion über die Schaffung einer zentralen Stadtbücherei an. Mit modernen Wohnkonzepten will sie die kommunalen Planungs- und Gestaltungsmöglichkeitenbesser ausschöpfen. Als Ergänzung zum Lülsdorfer Hallenbad sollen die Pläne für einen Badesee oder ein Rheinbad weiterentwickelt werden. Bei der Verkehrspolitik soll „keine Verkehrsform gegen die andere ausgespielt werden“.

SPD

„Zukunftsplan Niederkassel“ ist das Wahlprogramm der SPD überschrieben. Dessen Kernpunkte sind unter anderem die Bevorzugung gemeinnütziger Investoren und städtischer Gesellschaften beim Wohnungsbau als Mittel der Mietpreisbremse, eine Aufwertung des Rheinufers mit Spielplätzen, Strandbars und Sportmöglichkeiten sowie die Ansiedlung einer „attraktiven Dependance einer Hochschule oder Universität der Region“. Im Zuge der Erweiterung des Lülsdorfer Schulzentrums fordert die SPD die „Halle für alle“, eine Dreifach-Sporthalle, die zusammen mit der neuen Schulmensa auch als „Stadthalle“ genutzt werden kann. Bis 2030 soll die Stadt nach dem Willen der SPD klimaneutral werden, etwa durch Baumpflanzungen und durch mehr Energieeffizienz Dachbegrünung und ausreichend Grünflächen bei Neubauprojekten.

Zwei treten gegen den Amtsinhaber an

Stephan Vehreschild will es noch einmal wissen. Der 61-Jährige CDU-Politiker strebt seine dritte Amtszeit als Bürgermeister an. Im Jahr 2014 wurde der gelernte Tischler mit Meistertitel, der vor seinem Wechsel ins Rathaus als Sicherheitsingenieur bei der Berufsgenossenschaft Holz in Köln gearbeitet hat, mit einer satten Mehrheit von rund 65 Prozent im Amt bestätigt. Er erzielte dabei ein noch deutlich besseres Ergebnis als die CDU, die auf knapp 55 Prozent kam. Als politisches Ziel einer möglichen dritten Amtszeit nennt Vehreschild, der sein Amt nach eigenen Angaben jeden Tag „mit viel Liebe und Engagement“ ausübt: „Zusammen mit allen Niederkasseler Bürgerinnen und Bürgern möchte ich die erfolgreiche Entwicklung, die unsere Stadt in den letzten Jahren genommen hat, weiter gestalten.“

Matthias Großgarten gehört zur Riege der jungen Bürgermeisterkandidaten der SPD im Rhein-Sieg-Kreis. Der 30-Jährige, der auch an der Spitze der Niederkasseler SPD steht, hat Sozialwissenschaften studiert und zuletzt als Büroleiter des SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Hartmann gearbeitet. Nach der Geburt seines Sohnes ist Großgarten noch bis September in Elternzeit. Politische Erfahrung sammelte er außer im MdB-Büro seit 2014 auch als Mitglied des Stadtrates und des Kreistags. Seine Ziele als Bürgermeister: „Ich will dafür sorgen, dass mehr bezahlbare Wohnungen in Niederkassel gebaut werden. Davon profitieren nicht nur junge und ältere Menschen, sondern wir alle. Da Niederkassel eine Pendler-Stadt ist, brauchen wir eine gute Verkehrsanbindung. Ich kämpfe für mehr Busse und den Bau einer Stadtbahn, denn nur so schaffen wir eine schnelle Alternative zum Auto.“

Annette Wickel bewirbt sich für die Freien Demokraten um das Amt der Bürgermeisterin. Die 58 Jahre alte Mondorferin gehört dem Rat seit 16 Jahren an, in den beiden vergangenen Jahren als Vorsitzende der dreiköpfigen FDP-Fraktion. Die gelernte Friseurin und Bürokauffrau arbeitet als Geschäftsführerin des FDP-Kreisverbandes Rhein-Sieg und im Wahlkreisbüro der FDP- Bundestagsabgeordneten Nicole Westig. Wickel tritt an „für ein liberales Niederkassel, das von der Vielfalt der Lebensentwürfe und durch gegenseitigen Respekt, Meinungspluralismus und Toleranz unabhängig von Alter, Geschlecht, Religion, Herkunft oder sexueller Orientierung geprägt und bereichert wird“.

Grüne

Die Grünen wollen bei allen Vorhaben der Stadt künftig prüfen, ob es klima- und umweltfreundlichere Alternativen gibt. Umweltverträgliche Mobilität wollen sie unter anderem durch günstigere ÖPNV-Tickets, Tempo 30 in geschlossenen Ortschaften (außer auf Verbindungsstraßen) und die Einbeziehung des Rheins in den Nahverkehr schaffen. Der Fahrradverkehr soll einen höheren Stellenwert bekommen.

Beim Wohnungs- und Städtebau fordern sie den konsequenten Einsatz erneuerbarer Energien und eine 30-Prozent-Quote für den sozialen Wohnungsbau. Verwaltungsleistungen der Stadt sollen Schritt für Schritt digital zugänglich gemacht werden. Zudem soll die Stadt neue Wirtschaftsformen fördern, die durch Digitalisierung möglich sind.

FDP

Zu den Kernforderungen des FDP-Wahlprogramms „Neuer Anstrich fürs Rathaus“ gehört der rasche Ausbau des Schulzentrums Nord mit neuem Standort für die Mondorfer Förderschule sowie neuer Dreifach-Sporthalle. Das Rathaus soll zum „digitalen Bürgeramt“ werden, um einfache Verwaltungsangelegenheiten online erledigen zu können.

Bus, Bahn und Fahrrad sollen als Teil einer „ideologiefreien“ städtischen Verkehrspolitik zur Alternative zum Auto werden, dieses aber nicht ersetzen. Beim Wohnungsbau setzt sich die FDP für mehr Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und altersgerechte Wohnungen ein. Sie fordert mehr Engagement der Stadtentwicklungsgesellschaft gegen das Ladensterben und gegen Leerstände. Nachdem die Pläne für einen Freizeitsee in Mondorf gescheitert sind, votieren die Liberalen für die Schaffung eines Freibades im Niederkasseler Baggersee.

AfD

Die AfD ist seit 2014 mit einem Mandat im Rat vertreten. Angaben zu einem Kommunalwahlprogramm finden sich auf der Internetseite der Niederkasseler AfD nicht. Eine Bitte der Redaktion um Informationen zu den politischen Themen der Partei für die anstehende Kommunalwahl blieb bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet.

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