DNA-SpurenMord an junger Frau in Lohmar nach 30 Jahren aufgeklärt?

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Ein Mord an einer jungen Frau 1987: Nun gibt es wieder eine Spur.

Lohmar – Der Mord an der Tochter eines Gastwirts erschütterte vor 30 Jahren ein ganzes Dorf. Jetzt könnte den Fahndern vielleicht ein Coup gelungen sein: Spezialisierte Spurenkundler des Erkennungsdienstes und ein Team des Landeskriminalamtes haben über eine DNA-Spur mögliche Ansätze zur Aufklärung, wie die Bonner Staatsanwaltschaft und die Polizei Bonn in einer gemeinsamen Presseerklärung mitteilen.

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Der Ort heute, an dem die junge Frau an Pfingsten 1987 umgebracht wurde.

Am Morgen des 9. Mai 1987 wurde die damals 23 Jahre alte Claudia L. (Nachname geändert) von ihrer Mutter in ihrer Wohnung über dem beliebten Ausflugslokal der Familie entdeckt. Sie war erwürgt worden und lag gefesselt in ihrem Badezimmer. Wahrscheinlich hatte sie Einbrecher überrascht. Die Tageseinnahmen fehlten, der Tresor stand offen. Eine Mordkommission der Bonner Polizei sicherte die Spuren, der Täter aber wurde nicht gefasst. Jetzt steht ein 61 Jahre alter Mann im dringenden Verdacht, die Tat begangen zu haben.

„Alle waren erschüttert“

Erleichterung, dass der Täter nach 30 Jahren möglicherweise endlich gefunden ist, macht sich nicht breit im Ort. Dafür war der Mord an der 23-Jährigen zu grausam. Eine „Schockstarre“ habe damals in der Bevölkerung geherrscht, sagte am Montag Rolf Lindenberg (77), ein Freund der Familie und Ex-Bürgermeister.

„Alle waren erschüttert, die Stimmung im Dorf war sehr gedrückt“, erinnert sich Hans-Martin Pleuger (71). Er war wie der jetzt 81 Jahre alte Vater des Opfers Kommunalpolitiker im Lohmarer Rat. Am Tag der Beerdigung seien der Kirchhof und das Gelände voller Menschen gewesen. Auch Kripobeamte, die einen Täter aus dem näheren Umfeld nicht ausschlossen, hätten sich darunter gemischt. Wie unvergessen die junge Frau sei, zeige laut Pleuger das stets perfekt gepflegte Grab. 

Grabstein Lohmar

An dem kommt auch Horst Schöpe (77), Ex-Bürgermeister und damals Beigeordneter, heute immer vorbei auf seinem Weg zum elterlichen Grab und ist jedes Mal erneut schockiert. Schöpe ist in der Jugend mit der Mutter des Opfers gemeinsam zur Schule gegangen und sagt: „Das war unfassbar. Man wusste nicht, wie man reagieren sollte. Die Familie hat das unheimlich schwer getroffen.“

Detlef M. schon in den 1980ern im Blick der Ermittler

Lindenberg, der am Montag mit dem Vater des Opfers sprach, übermittelte auf Anfrage dieser Zeitung dessen Wunsch, sich derzeit nicht öffentlich äußern zu wollen.

Der jetzt dringend tatverdächtige Detlef M. war schon 1987 und 1988 zeitweise in den Blick der Ermittler geraten, der Betonbauer war Stammgast in der Gaststätte gewesen. Doch ihm konnte damals nichts nachgewiesen werden, wie Recherchen dieser Zeitung ergaben. Staatsanwaltschaft und Polizei bestätigen, dass die damaligen Ermittlungen nicht „zu einem konkretisierbaren Tatverdacht“ geführt hätten. Ein Jahr später, im November 1988, beging er eines der spektakulärsten Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Er tötete den 15 Monate alten Patrick Padberg und seine Großmutter. Anschließend inszenierte er eine Entführung und versuchte, 1,6 Millionen Mark, etwa 800.000 Euro, zu erpressen. Wegen dieser Tat wurde Detlef M. in Arnsberg wegen zweifachen Mordes, Entführung, Erpressung und schweren Raubes zu lebenslanger Haft verurteilt. Er sitzt derzeit noch in der Justizvollzugsanstalt Rheinbach ein.

Spuren akribisch gesichert

Nunmehr bereitete sich M. auf eine mögliche Entlassung vor. Er stritt in einer aktuellen Vernehmung ab, etwas mit der Tötung von Claudia L. zu tun zu haben. Ein Haftrichter des Siegburger Amtsgerichts erließ auf Grundlage der neu gewonnenen Erkenntnisse und auf Antrag der Bonner Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen ihn. Der 61-Jährige, der zur Tatzeit in Honrath lebte, hat gegen den Haftbefehl Beschwerde eingelegt, das Landgericht Bonn entscheidet darüber. M. war neben dem Padberg-Fall auch wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und wegen Eigentumsdelikten in Erscheinung getreten.

Die akribische Spurensicherung vor 30 Jahren führte jetzt zu den neuen Entwicklungen. „Die Altfälle werden immer wieder überprüft“, sagte Frank Piontek, Pressesprecher der Bonner Polizei auf Anfrage. „Die Analysetechnik verbessert sich, es gibt neue Möglichkeiten, mit der sich zum Beispiel aus alten DNA-Spuren etwas Neues finden lässt.“ Das ist jetzt in der Kooperation von Beamten aus Bonn und Düsseldorf offenbar gelungen.  

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