Aufstand der kleinen OrteBeim Kirmeskorso ziehen alle über Lohmar her

Lesezeit 3 Minuten
Hinter Gittern, so fühlt sich die örtliche Landjugend, weil Wahlscheid vor 50 Jahren nach Lohmar eingemeindet wurde.

Hinter Gittern, so fühlt sich die örtliche Landjugend, weil Wahlscheid vor 50 Jahren nach Lohmar eingemeindet wurde.

  • Beim Kirmeskorso zogen die Wahlscheider, die nun 50 Jahre zu Lohmar gehören, nach Herzenslust über den Hauptort Lohmar her.
  • Es war mal wieder ein großer Spaß für die Region – wir haben das Event begleitet und die besten Auftritte fotografiert.

Lohmar – Das war eine Steilvorlage für die Wahlscheider, um mal wieder kräftig über den Hauptort der Stadt herzuziehen. 50 Jahre gehören sie nun zu Lohmar. Zugleich fand in der Phase der kommunalen Neuordnung 1969 auch die erste Mondlandung statt. Man konnte schon gar nicht mehr mitzählen am Zugweg, wie oft die Wahlscheider ihre Nachbarn auf den Mond schießen wollten.

Sogar in weißen Astronauten-Anzügen ging beim ausgelassenen Kirmeskorso am Montag die Nachbarschaftsgruppe „Querbeet“ hinter einem hohen Wagen. Darauf ebenfalls Astronauten und eine Papp-Apollo-Rakete . Sie nannten sich nicht wie die US-Raumfahrtbehörde NASA, sondern WASA: Wahlscheider Aeronautics and Space Administration. Zur Melodie von Major Tom dudelte aus ihrem Lautsprecher: „Völlig losgelöst/von der Erde/fliiiiiegt Lohmar . . . “ Weiter hieß es verschmitzt, dass Wahlscheid ja da bleibe.

Kräftige Ex-Handballer im Kegelclub

Der Kegelclub „Wehwehchen“, bestehend übrigens aus kräftigen Ex-Handballern, trug schwarze T-Shirts. Darauf war ein Lohmarer Ortsausgangsschild zu sehen – also: Lohmar rot durchgestrichen. Das musste ja alles nicht verwundern. Denn schon auf dem Plakat zur Ankündigung der Kirmes, hatten die Organisatoren ein historisches Foto vom Kirmeskorso aus der Zeit nach der Eingemeindung abgedruckt. Zu sehen ist ein Auto, das dekoriert ist mit dem Schriftzug „Auf der Flucht“ und dem Spruch „Leever no’m Mond als noh Luhmer“.

Die örtliche Landjugend zeigte noch drastischer, wie man sich als Wahlscheider angeblich fühlt. Hinter dicken Gitterstäben in geringelter Sträflingskleidung präsentierten sich die jungen Leute, eskortiert von Mädels in nachgemachten US-Polizeiuniformen mit großer Schirmmütze. Ihr Wagen hieß „Lohmarer Stadtgefängnis“, ihr Spruch: „Seit einem halben Jahrhundert sitzen wir Gefangenen von Lohmar ein.“

Wahlscheid eine verkehrte Welt

Anscheinend ist Wahlscheid eine verkehrte Welt oder sogar eine ganz eigene. Jedenfalls für die konfettiwerfenden Frauen, die sich „Jecke Höhner“ nennen und ihren Wagen „Planet Wahlscheid“ nannten. Übrigens ohne Seitenhieb auf Lohmar.

Knallhart einen verpasst bekamen die Lohmarer, die am nächsten Wochenende auf dem Frouardplatz Kirmes feiern, mit zwei hintereinander von einer Fußgruppe gezogenen flachen Wagen . Auf dem vorderen saßen vier fröhlich sich zuprostende Schaufensterpuppen mit biergefüllten Gläsern auf dem Tisch. Auf dem hinteren Wagen kam als Kontrast schön fies die Darstellung der Lohmarer Kirmes: ein menschliches Skelett, das allein auf einer halbzerbrochenen Bierbank sitzt, vor sich zerdrückte leere Bierdosen.

Spaß an d’r Freud

Neben all diesen Gemeinheiten bot der von Gerd Lindenberg und Siegfried Janzen moderierte Umzug auch einfach Spaß an d’r Freud. So bei den Pänz der Kita „Fledermäuse“, die solch einen Flattermann auch als größere Pappmaschee-Figur mitführten. Oder eine Gruppe aus der Straße „Aggerbusch“, die gelb-schwarz geringelt als munterer Bienenschwarm den Zochweg entlangtanzte, zugleich aber ökologisch bewusst ein „Herz für Bienen“ forderte.

Nach dem Umzug hatte das Kirmes-Organisationsteam um Marco Schmitz, Sandra Eimermacher und Günther Werner noch das Schörreskarrenrennen zu bieten für verschiedene Altersklassen oder für Feuerwehr gegen MGV Höffen. Zudem gab es auch einen Bürgermeister-Wettbewerb mit acht Teilnehmern.

KStA abonnieren