Die Autobahn-Gesellschaft hat den Abschnitt der A3, an dem zahlreiche Unfälle passierten, neu kategorisiert. Dennoch ist er kein Unfallschwerpunkt.
Risiko auch für RettungskräfteTempo 100 soll Abschnitt der A3 am Rastplatz Sülztal sicherer machen

In dem Abschnitt gilt nun Tempo 100. Die Autobahn GmbH hatte die Maßnahme eingeführt, obwohl der Abschnitt ihren Regelungen zufolge nicht als Unfallschwerpunkt gilt.
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Vor dem Rastplatz Sülztal auf der Autobahn 3, wo sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Unfälle ereigneten, gilt jetzt ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde (vorübergehend galt auch Tempo 80). Als Unfallschwerpunkt sieht der Autobahnbetreiber den Abschnitt trotz neuer Zählmethode jedoch weiterhin nicht.
Bisher mussten innerhalb eines Kalenderjahres und eines Kilometers mindestens sechs Unfälle passieren, die entweder Tote, Schwerverletzte, Leichtverletzte oder großen Schaden zur Folge hatten. Zugleich mussten die betreffenden Unfälle dieselbe Ursache haben, damit nicht menschliche Faktoren das Ergebnis beeinflussen. Dies sei die Regelung des Landes NRW seit dem Jahr 2017 gewesen, erläutert eine Sprecherin der Autobahn GmbH.
Neue Kategorisierung für A3 bei Sülztal
Nun habe die Behörde eine eigene Kategorisierung festgelegt, die im Oktober in Kraft getreten sei. „Unfälle werden nun über einen Dreijahreszeitraum und ohne feste Abschnittseinteilung über eine Länge von 1000 Metern ermittelt“, teilt die Sprecherin mit. Dabei werde die Schwere der Unfälle gewichtet: „So werden Unfälle mit Getöteten und Schwerverletzten mit dem Faktor 5, Unfälle mit Leichtverletzten oder großen Sachschäden mit dem Faktor 1 gewichtet.“ Für jeden Streckenabschnitt würden anschließend zwei Kenngrößen ermittelt, nämlich die gewichtete Unfallzahl und die gewichtete Unfallrate. Bei ersterer spiele auch das Verkehrsaufkommen eine Rolle.
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Betrachtet werden damit also die tatsächliche Anzahl der Unfälle und die relative Schwere. Tödliche Unfälle fallen so mehr ins Gewicht. Allerdings traten sie im Sülztal weitaus seltener auf als Unfälle mit lediglich Leichtverletzten oder zerstörten Fahrzeugen.
A3 im Sülztal auch gemäß neuer Verordnung kein Unfallschwerpunkt
Das zu erfüllende Quorum bei der gewichteten Unfallzahl betrage 27 Punkte, bei der gewichteten Unfallrate sind es 13 Punkte. Die Art der Unfälle – zum Beispiel überhöhte Geschwindigkeit, Glatteis oder Trunkenheit – spiele keine Rolle mehr. Doch ein Unfallschwerpunkt, betont die Sprecherin weiter, sei der Abschnitt auch gemäß der neuen Verordnung nicht. „Im Vordergrund steht nach wie vor die Unfallursachenermittlung.“
Die Sprecherin verweist auf die Straßenverkehrsordnung, nach der in Entscheidungen immer der Straßenbaulastträger und die Polizei anzuhören sind. Die Schilder mit Tempo 100 seien aufgestellt worden, um das Unfallgeschehen, das Verkehrsverhalten, die Verkehrsabläufe und mögliche weitere verkehrssichernde Maßnahmen zu erforschen. Zugleich solle der Abschnitt dadurch auch sicherer werden.
A3 Sülztal: Tempo 100 gilt in Gegenrichtung schon länger Tempo 100
In der Gegenrichtung gilt bereits ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde, in der Behelfsauffahrt Euelen steht ein Blitzer. Das hat mit drei Unfällen innerhalb weniger Tage im November 2017 zu tun. Bei Unfällen auf der Autobahn wird stets die Feuerwehr mit alarmiert, um mit ihren großen Fahrzeugen die Unfallstelle abzusichern. Doch an einem dunklen Sonntagabend nutzte alle Vorsicht nichts: Auf gleicher Höhe des heutigen Rastplatzes war die Freiwillige Feuerwehr Lohmar gerade dabei, einen Unfall abzuarbeiten. Doch ein Mann übersah die Absperrungen, raste zwischen zwei Feuerwehrautos hindurch und fuhr einen Feuerwehrmann an, der lebensgefährlich verletzt wurde.
Christopher Wegemann, heute stellvertretender Wehrleiter, kennt den Freiwilligen gut: „Er ist noch immer in der Feuerwehr, aber nur in der Hygieneeinheit. Er ist nie wieder ganz der Alte geworden, und ihm schießen Tränen in die Augen, wenn wir über Einsätze auf der Autobahn sprechen.“ Der Unfall vor acht Jahren habe nicht nur ihn, sondern alle Ehrenamtlichen geprägt: „Wir haben daraufhin einen Verkehrssicherungsanhänger gekauft und unser Kleinfahrzeug mit einer Warntafel ausstatten lassen.“

Christopher Wegemann, stellvertretender Wehrleiter der Feuerwehr Lohmar, steht vor einer Verkehrswarntafel, die die Stadt nach einem Eigenunfall vor acht Jahren gekauft hat.
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Das Kleinfahrzeug stehe 800 Meter vor der Unfallstelle, der Anhänger 200 Meter. „Davor steht noch ein Löschfahrzeug als Prellbock, denn wenn da ein Lkw reindonnert, wird der Anhänger zum Geschoss“, sagt Wegemann. Der Anhänger kann Pfeile in zwei Richtungen anzeigen, als Warnschild und über Signalleuchten. Auch ein X ist möglich, wenn der Standstreifen gesperrt ist.
„Nach dem Unfall 2017 haben wir unsere Lehren gezogen und unsere Einsatzkonzepte angepasst: Wir fahren erst mal nur mit drei Fahrzeugen auf die Autobahn, der Rest wartet auf dem Rastplatz. Wir steigen auf der Seite aus, die dem Verkehr abgewandt ist und stehen, wenn möglich, an der Leitplanke. Eine Person beobachtet immer den fließenden Verkehr“, schildert Wegemann. Einmal im Jahr erhielten die Ehrenamtlichen des Löschzugs Lohmar und aus Scheiderhöhe, die für die Autobahn zuständig seien, eine Unterweisung über das richtige Verhalten auf der Autobahn.
Natürlich sei ihm eine Vollsperrung lieber, um sicher arbeiten zu können. „Wir verstehen aber, dass der Verkehr fließen muss. Außerdem kann es im Stau zu Folgeunfällen kommen.“ Dass die Feuerwehr Lohmar immer wieder an dieselbe Stelle ausrücken muss, möchte Wegemann nicht bewerten. „Der Abschnitt wurde uns eben zugewiesen, wenn es da knallt, fahren wir hin und helfen. Aber die Häufigkeit steigert die Gefahr, dass uns etwas passiert, darum ist ein mulmiges Gefühl bei diesen Einsätzen immer dabei.“

