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Treffpunkt Chemiepark LülsdorfAuf Tuchfühlung mit der Industrie der Region

3 min
Industrie hautnah erleben, Veranstaltung der Initiative Industrie im Kasino des Chemieparks Lülsdorf

Industrie hautnah erleben: Veranstaltung der Initiative Industrie im Kasino des Chemieparks Lülsdorf

Initiative Industrie will Unternehmen stärker sichtbar machen und zeigen, wie sie den Alltag prägen.   

Verabschiedet sich Deutschland davon, Industriestandort zu sein? Die Sorge treibt nicht wenige um und macht vor der Region nicht halt: Ein guter Grund für die Initiative Industrie Bonn/Rhein-Sieg bei der IHK Bonn/Rhein-Sieg, jetzt im Kasino des Chemieparks Lülsdorf Flagge zu zeigen, nach der Devise Industrie hautnah erleben.

Die Firmen Hennecke, Kuhne Group, Pohl, Kautex und Lemo sowie der Rhein-Sieg-Kreis, Fraunhofer, Mittelstand-Digital, und die IHK Bonn/Rhein-Sieg stellten sich vor, ebenso wie der Gastgeber Chemiepark.     

Türen zu den Unternehmen aufstoßen

„Wir wollen Türen zu den Unternehmen aufstoßen“, erläuterte Veranstalterin Christine Lötters von der Agentur SC Lötters, „wir müssen einfach viel mehr zeigen, was wir machen.“ Natürlich seien viele Firmen exportorientiert und blickten derzeit vor allem Richtung USA. „Wir dürfen aber die Baustellen zu Hause nicht vergessen.“ Allerdings gehe es der Initiative nicht darum, politische Botschaften zu transportieren. 

Industrie hautnah erleben, Veranstaltung der Initiative Industrie im Kasino des Chemieparks Lülsdorf, Torsten Spiller (links) von der Firma Hennecke im Gespräch mit Rafael Reiser, Geschäftsführer des Chemieparks

Torsten Spiller (links) von der Firma Hennecke im Gespräch mit Rafael Reiser, Geschäftsführer des Chemieparks

Die Bedeutung der regionalen Industrie ist nach Darstellung der Initiative groß. Die Bruttowertschöpfung des produzierendes und verarbeitenden Gewerbes habe 2020 bei rund 17 Prozent gelegen, 2009 seien es noch 10,5 Prozent gewesen. Jedes sechste sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis sei ein Industriearbeitsplatz, bei annähernd  5000 Betrieben komme man auf 56.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.

Stimmung könnte besser sein

Die Stimmung aber könnte besser sein. „Die Zuversicht fehlt“ stellt Peter Kuhne fest, dessen Maschinenbauunternehmen Kuhne Group auf 85 Jahre Erfahrung im Bau von Extrusionsanlagen blickt. „So eine lange Rezession habe ich noch nie erlebt, und ich bin seit 40 Jahren dabei.“

Zur Eröffnung der Veranstaltung hatte Kuhne noch auf der Bühne festgestellt: „Es wird Zeit, dass in der Politik der Groschen fällt“, weniger Bürokratie würde Unternehmen helfen.  „Die Zeiten werden dunkler, wir müssen etwas tun, damit die Industrie hierbleibt.“    

Dabei ist Kuhne selbst nicht einmal so unzufrieden. „Die USA sind ein guter Markt, trotz der Zölle.“ Seine Gruppe habe den Vorteil, dass es die Maschinen, die vor allem in der Verpackungsproduktion zum Einsatz kommen, woanders schlicht nicht gebe. „Seit zehn Jahren investieren wir verstärkt in die Entwicklung.“ Allein drei Millionen Euro habe sich das Unternehme Patente kosten lassen.  

Lokale Wertschöpfungsketten sind wichtig

Mit dem Geschäft zufrieden zeigte sich auch Rafael Reiser, Geschäftsführer des Chemieparks Lülsdorf, in dem Unternehmen von einem Schiffsanleger, einer Schienenanbindung und einem Netz von Pipelines, darunter ein Ethylen-Netz profitieren. Mit Evonik gebe es eine gute Kooperation. Doch auch Reiser mahnt: „In Deutschland wird nicht investiert.“ Wichtig seien lokale Wertschöpfungsketten. 

95 Prozent der Produktion von Maschinenbauer Hennecke in Sankt Augustin gehen in den Export, ist von Torsten Spiller, Direktor für Marketing und Kommunikation zu erfahren, der an einem Stand erläutert, was sich alles aus Polyurethan fertigen lässt: eine Hutablage fürs Auto ebenso wie ein Fahrradsattel oder eine Frontniere mit Funktionselementen für einen elektrischen BMW. „Wir sind sehr breit aufgestellt“, so Spiller, sodass das Unternehmen auch schwierige Zeiten gut meistern kann. Problematisch werde es, „wenn es allen Branchen gleichzeitig schlechtgeht“.

Bedenklich stimmt dabei auch eine Beobachtung von Gerald Fichtner, Geschäftsführer der Weiterbildungsgesellschaft der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg: Das Interesse an metallverarbeitenden Berufen gehe derzeit zurück. Grund könnte die zunehmende Automatisierung sein – oder, wie ZF in Eitorf zeige, die schwierige Lage der Industrie.