Tausende Menschen in Rhein-Sieg müssen bis zum 19. Januar ihren alten „Lappen“ umgetauscht haben. Doch was, wenn kein Termin mehr frei ist?
Kaum TermineFür rund 26.000 Führerscheine im Rhein-Sieg-Kreis läuft die Umtauschfrist ab

Den rosafarbenen Führerschein müssen die Jahrgänge 1965 bis 1970 bis zum 19. Januar eintauschen.
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Mein Führerschein ist rosa, die Stempel sind verwischt - und mein Porträtbild grünlich, Folge eines Hauptwaschgangs. Zugegeben: Auch ohne Schleuderprogramm wäre ich auf dem Foto von 1983 nicht wiederzuerkennen. Ich gehöre zu dem Jahrgang, der den alten Lappen in einen EU-Kartenführerschein umtauschen muss, aber schleunigst. Für etwa 26.000 Menschen im Kreis, die von 1965 bis 1970 geboren sind, läuft die Frist in wenigen Tagen ab. Doch das Siegburger Straßenverkehrsamt scheint vernagelt wie Fort Knox.
„Keine freien Termine gefunden“, teilt mir das Online-Portal des Rhein-Sieg-Kreises mit. Für welchen Zeitraum, diese Info bleibt die behördliche Internetseite schuldig. Die Zeit drängt. Stichtag ist der 19. Januar. Aber es gibt ja die Hotline 02241/13 39 39. Theoretisch. Praktisch sind „alle Leitungen belegt“. Versuchen Sie es doch online, rät die freundliche Frauenstimme vom Band. Danke.
20 Euro Bußgeld drohen Säumigen im Rhein-Sieg-Kreis
Frage an die Pressestelle: Was tun, wenn's pressiert? Und welche Strafen drohen, wenn Säumige die Frist verpassen? „Erst mal ein frohes neues Jahr“, wünscht mir die Mitarbeiterin. So viel Zeit muss sein. Sie beruhigt mich: Die Kreisverwaltung bittet bei verspäteten Anträgen nicht extra zur Kasse. Es bleibt bei den 25,30 Euro Gebühren. Wenn man hingegen in eine Polizeikontrolle kommt, werden 20 Euro Bußgeld fällig. Der ungültige Führerschein gilt nur als Ordnungswidrigkeit.

Redakteurin Cordula Orphal musste auf dem Weg zum neuen Führerschein viele Hürden überwinden.
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Darauf könnte man es ankommen lassen. Die Fahrerlaubnis gilt ja unabhängig vom Dokument. Doch halt, stop, der ADAC warnt: Für einen Mietwagen ist ein gültiger Führerschein erforderlich. Ich klicke nochmal auf die Reservierung. Ohne Erfolg. Es gibt noch eine Chance, morgens um 7.30 Uhr würden die meisten Termine freigeschaltet, heißt es in den Erläuterungen des Amtes, die würden allerdings stets „binnen weniger Minuten“ vergeben sein.
In Rhein-Sieg hat erst die Hälfte der Altersgruppe den Antrag gestellt
Ich streiche diese Möglichkeit. Die Pressestelle hat einen weiteren Tipp: Der Antrag könne in wenigen Minuten online gestellt werden mit Handyfotos von Führerschein und Personalausweis. Unglaublich. Von den bislang 13.000 Antragstellern aus meiner Gruppe hätte etwa ein Drittel diesen Weg gewählt, so die Schätzung. 13.000 fehlen also noch. Und die brauchen alle einen Termin innerhalb der nächsten 14 Tage?
Ein Teil hätte bereits einen Führerschein im Scheckkartenformat, der noch länger gültig ist, so die Auskunft. Genaue Zahlen lägen nicht vor, auch sei nicht bekannt, wie viele der älteren Jahrgänge (1953 bis 1958 beziehungsweise 1959 bis 1964) die Stichtage 2022 und 2023 verpasst haben und nun auch ins Verfahren drängen.
Ich will den Umtausch hinter mich bringen. Beim Internet-Antrag sind die Gebühren per Giropay zu zahlen (hab ich nicht) oder per Kreditkarte (ja!). Man braucht allerdings ein digitales, biometrisches Passbild. Nächste Hürde. Ich habe nur ein recht aktuelles auf Papier. Frage an die Pressestellen-Mitarbeiterin: Könnte ich das einfach abfotografieren? Schulterzucken.
Rätselhafter Online-Antrag des Rhein-Sieg-Kreises: Wie breit sind 628 Pixel?
Ich klicke durch den Antrag. Fotografiere den alten Lappen von vorn und von hinten, dann meinen Personalausweis. Jetzt lade ich das abfotografierte Porträt-Foto hoch, das kleinere, scharfe wird nicht akzeptiert, warum ist mir unklar. Das größere mit leichter Unschärfe schon. Zuletzt muss ich eine Unterschrift leisten. Das stellt sowohl mich wie auch das System vor ein Problem.
Wie groß muss die Signatur sein? Erster Versuch: Ich unterschreibe auf einem weißen Blatt, lege es auf den Esstisch, nehme es mit der Handy-Kamera in den Fokus. Die Lampe spendet genug Licht, aber auf dem Papier liegt ein Schatten. Ich umkreise den Tisch. Vor- und Nachname sind jetzt deutlich sichtbar, beim Hochladen erscheint aber eine Fehlermeldung: „Das Bild muss im Querformat eine Mindestbreite von 628 Pixel und eine Mindesthöhe von 152 Pixeln aufweisen.“ Ist es zu groß, zu klein? Rätselhaft.
Neuer Versuch. Tausende haben es schon vor mir geschafft. Ich unterschreibe schwungvoll und zirka zehnmal größer. Suche eine Fotoposition ohne Schatten. Hochladen, nur noch drei Klicks. Geschafft, glaubte ich. Doch bei der Bezahlung per Kreditkarte hakt's, mein Fehler. Passwort vergessen, neues beantragt. Dauert zu lange, Antrag ist verschwunden, alles nochmal von vorn. Aus den „wenigen Minuten“ wurde eine halbe Stunde.
Am Ende entdecke ich die Möglichkeit, per Paypal zu zahlen. Hätte ich das mal vorher gewusst. Geholfen hätte mir ebenfalls ein Hinweis, dass der Antrag nicht unbedingt im Kreishaus gestellt werden muss. Alternativ könne er auch „beim zuständigen Bürgeramt des jeweiligen Wohnortes eingereicht werden“, teilt die Pressestelle des Kreises am Folgetag schriftlich mit. In Lohmar gibt es genug freie, online reservierbare Termine.