„Müssen uns dem Virus stellen“Wie Experten aus Rhein-Sieg auf den „Corona-Herbst“ blicken

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Ein Schild hängt an der Tür einer Apotheke.

Die Augustinus-Apotheke in Sankt Augustin hat an der Tur ein Warnschild angebracht.

Corona bleibt auch im Rhein-Sieg-Kreis ein Begleiter in der Erkältungssaison. Was Ärzte, Apotheker, Pflegeheime und Unternehmen erwarten.

Mitten im Spätsommer wirkt das Coronavirus wie eine ferne Wolke am Horizont: Da könnte etwas aufziehen, doch ob sich daraus ein kurzer Regenschauer oder ein richtiges Gewitter entwickelt, ist noch völlig offen. Klar ist: Die Infektionszahlen steigen – wenn auch auf geringem Niveau – in den vergangenen Wochen wieder an. Wie also blickt der Rhein-Sieg-Kreis auf den nahenden Herbst?

Kassenärztliche Vereinigung rät gerade den Älteren zur Impfung

„Das Virus ist nun endemisch geworden und daher werden wir uns nicht mehr, wie zu Beginn, mit Isolierungsmaßnahmen im großen Umfang schützen können“, sagt Jacqueline Hiepler, Ärztin aus Hennef und Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Rhein-Sieg-Kreis. „Wir müssen uns den Viren stellen.“

Hiepler rechnet in den kommenden Wochen mit einer Zunahme der Infektionen. Die Symptome der Patienten seien derzeit aber deutlich schwächer als in den Vorjahren. „Eine Einweisung ins Krankenhaus war nicht nötig, die Patienten hatten aber mehrere Wochen mit einem Hustenreiz zu kämpfen“, sagt die Ärztin. Hiepler rät gerade älteren und chronisch kranken Patienten zu einer erneuten Auffrischung der Corona-Impfung.

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Apotheken registrieren „merklichen Anstieg“ der Corona-Fälle

Der neue Impfstoff wird in der Apotheke von Ulrike Jüngel-Sandner in Sankt Augustin in diesen Tagen verstärkt nachgefragt. „Die Arztpraxen sind sehr aktiv, ab dem 18. September werden wir den Impfstoff ausliefern können“, sagt die Sprecherin der Apotheken im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis.

Jüngel-Sandner beobachtet einen „merklichen Anstieg“ der Kunden mit positivem Corona-Test. „Derzeit treffen die Infektionen wieder alle Altersgruppen“, sagt die Apothekerin. Auch deshalb hängt an der Tür der Augustinus-Apotheke ein Schild mit der Bitte, bei starken Erkältungssymptomen vor der Apotheke zu warten. „Wir kommen dann raus“, sagt Jüngel-Sandner.

Masken und Corona-Tests in einem Regal.

Corona-Tests und FFP2-Masken werden in den Apotheken wieder deutlich mehr nachgefragt.

In der Apotheke stehen weiterhin Plexiglasscheiben zum Schutz der Mitarbeiter. Masken würden vom Personal derzeit zwar nicht durchgehend getragen. „Wir beobachten die Situation aber genau und fahren die Hygienemaßnahmen bei Bedarf wieder hoch.“

Das tun viele Kunden bereits von sich aus. Die Nachfrage nach FFP2-Masken und Tests sei gestiegen. Das rät Ulrike Jüngel-Sandner dann auch mit Blick auf den Herbst: Bei typischen Symptomen sollte auf Corona getestet werden. Außerdem sei es wichtig, wieder vermehrt auf die allgemeinen Schutzmaßnahmen zu achten. „Wir alle müssen selbstverantwortlich handeln, um andere zu schützen.“

Seniorenzentren bitten Infizierte, freiwillig im Zimmer zu bleiben

„Es gibt im Moment keinerlei Auflagen oder Verordnungen zu den Tests“, so Dennis Böhnke, stellvertretende Leitung der Caritas-Altenheime Helenenstift in Hennef und Haus Elisabeth in Niederkassel. „Es ist alles freiwillig“. Wenn Mitarbeitende zum Beispiel mit einem Schnupfen zum Dienst kommen, biete man einen Test an. „Wenn jemand starke Symptome hat, gilt wie bei jeder anderen Erkrankung: Man geht zum Arzt oder bleibt erst einmal zuhause.“ Freiwillig, sagte Böhnke auf Anfrage, tragen derzeit Beschäftigte eine FFP2-Maske, wenn sie erkältet sind, auch wenn der Test negativ ausfiel.

Gleiches gilt für die Bewohnerinnen und Bewohner in den beiden Altenheimen. „Wir bieten einen Test an“, so Böhnke. Ist er positiv, spreche man mit den Infizierten, ob sie sich freiwillig in ihrem Zimmer für einige Tage isolieren wollen. Dieses Prozedere ist laut Böhnke aber auch schon jetzt üblich, wenn Menschen stark erkältet seien. Steigende Infektionszahlen unter Beschäftigten oder Bewohnern hat Dennis Böhnke bislang noch nicht verzeichnet.

Bei Reifenhäuser in Troisdorf arbeiten Corona-Infizierte mit Maske

„Wir sind wachsam und vorbereitet“, sagte Oliver Brandl, Sprecher des Maschinenbau-Unternehmens Reifenhäuser in Troisdorf. Man habe ein Auge auf die Inzidenzzahlen im Umfeld der Standorte des Unternehmens; es habe aber bislang noch keine Infektionen gegeben.

„Wir folgen den Vorgaben der Politik“, erklärte Brandl zum Umgang mit infizierten Beschäftigten: „Wer arbeitsfähig ist und im Homeoffice oder mobil arbeiten kann, der tut das, bis er negativ ist.“

Die Beschäftigten in Betrieb und Fertigung, für die Homeoffice nicht möglich sei, arbeiten – sofern arbeitsfähig – mit Maske. „Aber auch das“, so Oliver Brandl, „ist noch nicht eingetreten.“

Deutsche Bahn setzt auf enge Abstimmung mit Ministerien

Auf enge Abstimmung mit Fachministerien, Bund und Ländern setzt die Deutsche Bahn. „Wir setzen deren Verordnungen um“, erklärte ein Sprecher der DB-Zentrale in Berlin. Derzeit seien coronabedingte Krankmeldungen nicht angestiegen, sagte er.

Keine Einschränkungen für Besucher des Helios-Klinkums in Siegburg

„Wir registrieren aktuell bei unseren Mitarbeitenden und Patienten einen leichten Anstieg an Corona-Fällen“, schreibt Caroline Hensiek, Pressesprecherin des Helios-Klinikums in Siegburg auf Anfrage der Reaktion. Dabei handele es sich um Fälle mit mildem Verlauf. Mitarbeitende, die arbeitsfähig sind, dürften arbeiten.

„Sie müssen allerdings einige Tage konsequent während der gesamten Dienstzeit eine FFP2-Maske tragen und ihre Pausen alleine verbringen.“ Besucher könnten jederzeit Patienten besuchen. Bei einem nur kurzen Aufenthalt empfiehlt das Klinikum, ganz auf Besuche zu verzichten.

„Gleiches gilt im Sinne der Eigen- und Fremdverantwortung für Besuchende mit Grippe-ähnlichen Symptomen.“ Im Herbst und werde man Epidemiologie der Atemwegserkrankungen und Verläufe regelmäßig bewerten und je nach Entwicklung angepasst reagieren.

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