Nach GroßbrandAusgebrannte Häuser in Siegburg abgeriegelt – aus Schutz vor Gaffern

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Die Brände haben verheerenden Schaden angerichtet.

Siegburg – Absperrgitter, rot-weißes Flatterband, Ordnungsamtsmitarbeiter in gelben Warnwesten: Die Straße Im Urnenfeld mit den neun vom Feuer schwer in Mitleidenschaft gezogenen Wohneinheiten ist verbotene Zone. Hinein dürfen nur die vom Brand betroffenen Hausbesitzer und ihre Angehörigen, Feuerwehr, Ordnungsamt, Polizei.

Am Donnerstagnachmittag ist Sturmsicherung angesagt. „Wir lassen Dachziegel und lose Teile abnehmen“, berichtet Siegburgs Stadtsprecher Jan Gerull auf Anfrage. Stephan Marks aus dem Planungs- und Bauaufsichtsamt hat nach einer Begehung entschieden, dass die Feuerwehr die Dächer abdecken soll.

Die Einsatzkräfte fahren am Morgen mehrfach auf den Brückberg, weil wieder einzelne Glutnester aufgeflammt sind und abgelöscht werden müssen. In regelmäßigen Abständen fährt ein Fahrzeug zur Kontrolle durch die Straße Im Urnenfeld.

Bahn fällt Bäume an den Gleisen

In Hebekörben fahren Experten über die vom Großbrand geschädigten Dachstühle und begutachten verkohlte Balken und Träger, zersplitterte und verrutschte Schindeln. Alles, was herabstürzen und zu einer Gefahr werden kann, wird entfernt. Schließlich ist eine Unwetterwarnung mit Sturmböen mit bis zu 100 Stundenkilometern für den Rhein-Sieg-Kreis herausgegeben worden.

Die Hausbewohner auf der gegenüberliegenden Straßenseite seien gebeten worden, die Rollläden herunterzulassen, falls der Sturm Teile herunterreiße und über die Straße schleudere. Doch bis zum späten Nachmittag werden dort keine Sturmeinsätze der Feuerwehr verzeichnet.

Während die Häuser gesichert werden, hat die Bahn entlang der Bahnstrecke sämtliche Bäume gefällt. Auch am Mittwoch hatte es schon Fällarbeiten gegeben. Es sei nicht klar gewesen, wie sehr das Feuer die Stämme geschädigt habe, so eine Bahnsprecherin.

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Feuersbrunst auf dem Brückberg an der ICE-Strecke.

Ob die zum Teil schwerst beschädigten Wohnhäuser abgerissen werden müssen oder saniert werden können, kann Gerull am Donnerstag noch nicht sagen. Der Statiker, der am Mittwochnachmittag die Gebäude überprüfte, hat am Abend grünes Licht für die Brandopfer gegeben: „Die betroffenen Bewohner konnten ein paar Habseligkeiten aus ihren Häusern holen.

Sie durften in Begleitung der Feuerwehr hineingehen, aber nur die Teile der Häuser betreten, die vom Feuer nicht zu stark beschädigt waren“, erläutert Gerull. Tabu sind die oberen Stockwerke und Dachgeschosse, wo schwarz verkohlte Balken aus weit aufgerissenen Löchern ragen.

Am Donnerstag seien auch die letzten Bewohner aus dem Urlaub zurück zu ihrem abgebrannten Haus gekommen. Die Stadt habe mit ihnen Kontakt gehabt, ebenso wie die anderen der insgesamt 21 Betroffenen seien sie aber bei Freunden oder Verwandten untergekommen.

„Wir schauen von Tag zu Tag, was wichtig ist.“

Wie es allerdings mittel- oder langfristig in der Straße Im Urnenfeld und für die Betroffenen weitergehe, könne er noch nicht sagen: „Wir schauen von Tag zu Tag, was wichtig ist.“ Die streng überwachte Absperrung rund um die betroffene Straße und die Brücke über die Gleise wird von der Stadt aber auch eingerichtet, um Katastrophentouristen fernzuhalten.

Rund 100 Schaulustige, berichten Mitarbeiter des Ordnungsamts, seien am Abend und in der Nacht zum Brückberg gekommen. Anwohner, so Gerull, hätten sich massiv beschwert über Falschparker und Neugierige, die zum Teil in Privatgärten eingedrungen seien, um einen möglichst guten Blick auf die Brandschäden zu erhalten.

Sie seien „hemmungslos bis zu den zerstörten Häusern“ vorgedrungen und hätten ungeniert Fotos der ungeschützten Räume gemacht. „Es ist ein schmaler Grat zwischen dem Kümmern und sich ein Bild machen und im Weg sein“, sagt auch Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), die am Donnerstag in Begleitung von Kreisbrandmeister Dirk Engstenberg die Straße besucht.

Die Bundestagsabgeordnete ist in Brückberg geboren und aufgewachsen. „An dem Bahndamm habe ich als Kind gespielt.“ Erschüttert habe sie der Anblick der zerstörten Häuser und das Gespräch mit den Bewohnern, die sichtbar bis „ins Mark getroffen“ seien: „Der Verlust ist ja so vielfältig, es ist nicht nur das Materielle, man trauert doch jedem Teil hinterher. Es lässt sich gar nicht ermessen, was die Menschen verloren haben.“

Vieles sei aber auch positiv: „Der enge Zusammenhalt der Anwohner und was Feuerwehr und Rettungskräfte geleistet haben.“

Ursache ist unklar

Nach wie vor ist die Ursache des Feuers unklar. Ermittler des LKA und des Polizeipräsidiums Köln durchkämmten am Mittwoch die abgebrannte Böschung auf beiden Seiten der Gleise und entnahmen Bodenproben. Diese werden im Labor auf Brandbeschleuniger wie Benzinuntersucht, weil auch eine Brandstiftung zum jetzigen Zeitpunkt nicht auszuschließen ist.

Wahrscheinlicher aber sei, so ein Beamter, dass eine achtlos weggeschnippte Zigarettenkippe oder eine Glasscherbe das Feuer in der Böschung verursacht haben könnte, das dann auf die andere Seite der Gleise übersprang und rasend schnell auf die Häuser übergriff.

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„Mit hoher Wahrscheinlichkeit spielten der zur Brandzeit herrschende Wind und die Luftverwirbelung vorbeifahrender Züge eine Rolle bei der Ausbreitung des Feuers“, teilte die Stadt Siegburg am Donnerstag mit. „Wir suchen weiterhin dringend Zeugen, die den Brand und seine Ausbreitung gesehen haben“, ergänzt Burkhard Rick, Sprecher der Kreispolizei Rhein-Sieg.

Aus seiner Behörde ist Kriminalhauptkommissar Reinhold Weber in der Ermittlungsgruppe. Er ist versierter Brandermittler.

Hinweise nehmen das Polizeipräsidium Köln, das die Ermittlungen leitet, unter 0221/22 90 und die Siegburger Polizeiwache unter 02241/541 32 21 entgegen.

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