Notbremse eines ZugesRichterin will Angeklagten mit Urteil „ein bisschen wehtun“

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Symbolbild_Amtsgericht

Im Amtsgericht Siegburg (Symbolbild) 

Siegburg/Hennef – Der 23. August 2019 sei, so hielt Richterin Kirstin Stilz den vier Angeklagten aus Troisdorf vor, „keine Sternstunde“ in ihrem Leben gewesen. Und die drei Beschuldigten, die zum Termin ins Amtsgericht erschienen waren, widersprachen nicht: Kurz vor 22 Uhr hatten sie, damals zwischen 16 und 18 Jahren alt, an jenem Abend den Bahnübergang an der Brölbahn in Hennef überquert, obwohl die Schranken geschlossen waren. Nur durch eine Notbremsung konnte der Zugführer eine Kollision vermeiden.

Seinetwegen könne das nicht der Fall gewesen sein, gab ein heute 18-Jähriger an. Er sei weit weg gewesen von den Gleisen. Erst im Nachhinein sei ihm die Tragweite des Verhaltens bewusst geworden. Er habe den Zug am Bahnhof erreichen wollen, sagte der zweite Angeklagte aus; auch Alkohol sei wohl im Spiel gewesen.

„Nicht die cleverste Idee“, machte ihm die Richterin klar, auch im Zug hätten sich ja Fahrgäste verletzen können. Er habe kaum noch Erinnerungen an den Abend, erklärte der dritte Angeklagte. Der gleichwohl die Schuld an der Notbremsung auf sich nahm. „Es kann nicht sein, dass wegen der anderen die Notbremse gezogen wurde.“

Richterin verpflichtet junge Angeklagte zu Suchtseminar

Geprägt vom Bemühen, den jungen Leuten keine Steine in den künftigen Lebensweg zu legen, war die Urteilsfindung der Richterin: Insgesamt 100 Euro muss der erste Angeklagte bezahlen, der sich in Ausbildung befindet und daher für Sozialstunden keine Zeit erübrigen könnte.

„Ein bisschen wehtun“ müsse die Strafe gleichwohl, betonte die Richterin. Vier Termine beim Troisdorfer Jugendbüro für Ausbildung und Beruf wurden dem jungen Mann auferlegt, der die Freunde entlastet hatte. Richterin Stilz wollte „sichergehen, dass er etwas macht“.

Gegen Auflagen wurde auch das Verfahren gegen den dritten Angeklagten eingestellt: Wegen Drogenbesitzes bereits zu 30 Sozialstunden verurteilt, muss er insgesamt 40 Stunden ableisten, einen Kurs gegen die Sucht bei der Diakonie hat er bereits begonnen.

Aber, so betonte die Richterin: „Ihnen laufe ich nicht mehr lange hinterher.“ Sollte er die Auflagen nicht erfüllen, drohe ihm Arrest.

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