Tödlicher Pedelec-Unfall in TroisdorfBewährungsstrafe und Geldbuße für Angeklagten

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Der Angeklagte gestand seine Schuld bereits am ersten Prozesstag ein.

Siegburg/Troisdorf – Eine Entschuldigung des 40-Jährigen, der vor zwei Jahren den Tod ihres Mannes verschuldet hatte, wollte die Zeugin und Nebenklägerin nicht hören. „Dafür ist es ein bisschen zu spät“, erklärte sie. „Ich muss damit leben, ich bin jetzt allein. Und er muss mit der Schuld leben, einen Menschen totgefahren zu haben.“ Dafür, dass sich der Mann hochalkoholisiert ans Steuer gesetzt habe, habe sie „absolut kein Verständnis“. Die 63-Jährige sagte am Dienstag im Prozess zu dem Unfall in Troisdorf aus, bei dem sie selbst schwer verletzt wurde.

Das Geständnis des Angeklagten ersparte dem Schöffengericht die Anhörung von mehr als 30 weiteren Zeugen. Fünf Verhandlungstage waren dafür angesetzt. Stattdessen sprach Richter Ulrich Wilbrand gestern schon das Urteil: zwei Jahre Haft, ausgesetzt zur Bewährung. Außerdem bekam der 40-Jährige, der als Techniker im Gastrogewerbe arbeitet, mehrere Auflagen.

30 Meter weit war das Pedelec des 64-Jährigen über die Straße geschleudert worden, das andere wurde durch die Wucht des Zusammenstoßes mit dem Audi in eine Hauseinfahrt geschleudert.

30 Meter weit war das Pedelec des 64-Jährigen über die Straße geschleudert worden, das andere wurde durch die Wucht des Zusammenstoßes mit dem Audi in eine Hauseinfahrt geschleudert.

10.000 Euro muss er in Raten an die gemeinnützige Stiftung „LK 13: Senfkorn und Sauerteig“ zahlen, für die sich der Verstorbene engagiert hatte und die heute von seiner Frau geführt wird. Er muss unentgeltlich 100 Arbeitsstunden beim Bonner Verein für Gefährdetenhilfe leisten. Sein Führerschein bleibt für weitere zwei Jahre entzogen, in denen er regelmäßig nachweisen muss, dass er weder Alkohol noch Drogen konsumiert. Dazu kommen erhebliche Gerichtskosten – zwei Gutachten wurden bestellt – und Regressforderungen der Versicherer.

Anwalt verlas Erklärung

„Ich wünschte, ich könnte es rückgängig machen.“ Der Satz stammt aus der Erklärung, die Verteidiger Carsten Rubarth für seinen Mandanten, einen geschiedenen, zweifachen Vater, verlas. Erinnern könne der sich nicht an jene verhängnisvollen Sekunden am 7.  April 2019 in der Troisdorfer Innenstadt, als er mit seinem Wagen frontal in zwei an der roten Ampel wartende Pedelec-Fahrer fuhr. Nur das Bild einer kaputten Scheibe setzte sich bei ihm fest. Wie er in Polizeigewahrsam gekommen sei, wisse er nicht und auch daran, sich ins Auto gesetzt zu haben, könne er nicht erinnern. Mit ehemaligen Schulkameraden, die er zufällig am Rotter See getroffen habe, habe er Bier und Cognac getrunken.

2,8 Promille waren nach dem Unfall festgestellt worden, zum Tatzeitpunkt waren es laut Gutachter sogar drei Promille. Der Angeklagte überfuhr eine rote Ampel und setzte die Fahrt nach dem Unfall, bei dem auch ein anderer Pkw und eine Gartenmauer beschädigt wurden, bis zum Parkplatz des Waldfriedhofs fort. Von dort ging er zu Fuß in den Wald. Ein Zeuge verfolgte ihn und hielt Kontakt zur Polizei, die den Mann festnahm.

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Die Eheleute aus Rösrath wollten an jenem Sonntag ihre neuen motorisierten Fahrräder ausprobieren. Für die Osterferien war eine Tour zum Bodensee geplant. Als sie auf der Altenrather Straße an der Einmündung Am Prinzenwäldchen/Römerstraße standen, hatten sie keine Chance, dem Auto auszuweichen. Die Wucht des Aufpralls ließ ein Pedelec 30 Meter durch die Luft fliegen, das andere wurde in eine Hauseinfahrt geschleudert. Ein Knall im Kopf, dann Schmerzen in der Schulter und in den Beinen, das Wort Fahrerflucht fiel – nur an wenig konnte sich die Frau erinnern, als sie anderntags auf der Intensivstation aufwachte und gefragt wurde: „Was sollen wir mit Ihrem Mann machen?“ Eine Operation erschien sinnlos, es gab keine Hirnströme mehr. Der 64-Jährige, ehemaliger Vorstandsvorsitzender einer Versicherung starb noch gleichem Tag an den Folgen eines schweren Schädel-Hirn-Traumas.

Die Ehefrau wurde mehrmals operiert, musste wegen zehn gebrochener Rippen ein halbes Jahr lang hochgradige Schmerzmittel nehmen – „das halten Sie sonst nicht aus“ – und ist in physiotherapeutischer Behandlung. „Weg ist das nicht“, sagte sie zu den psychischen Auswirkungen. Im Herbst 2019 erfolgte die Wiedereingliederung in ihre Arbeit als Schulleiterin. Der bis dahin nicht straffällig gewordene Angeklagte wurde wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung verurteilt. Wegen der Trunkenheit gilt eine verminderte Schuldfähigkeit. Hinweis auf Alkoholsucht fand der Sachverständige nicht, mit Tunnelblick habe der Mann gehandelt. So wurde der Vorwurf einer vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs fallengelassen. Neben dem Geständnis wurde dem Angeklagten zugute gehalten, dass er sich wegen seiner Schuldgefühle in therapeutische Behandlung begeben hat.

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