StudieMenschen in Westfalen sind einsamer als im Rheinland

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Während der Corona-Pandemie war der Präsenzunterricht vielerorts ausgesetzt.

Düsseldorf  – Jeder siebte Mensch in NRW fühlt sich einsam. Das geht aus dem Gesamtbericht der Enquete-Kommission des Düsseldorfer Landtags hervor, die sich mit dem Thema „Einsamkeit und die Folgen der sozialen Isolation“ beschäftigt. Aus der Studie, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger" vorliegt, geht hervor, dass die Menschen im Rheinland weniger häufig unter Einsamkeit leiden als die Einwohner von Westfalen.

„Die höchste Einsamkeitsprävalenz wurde in einem Gürtel gefunden, der sich aus Ost- und Südwestfalen, durch das Münsterland und das Sauerland bis ins Siegerland erstreckt“, heißt es in dem Gesamtbericht. Danach klagen in Köln im Mittel 13,9 Prozent der Menschen über Einsamkeit. Im Siegerland sind liegt der Vergleichswert bei 17,6 Prozent.

Niedrigster Wert in Hamburg

Die Einsamkeitsquote in NRW liegt mit 14,4 Prozent knapp über dem Bundesdurchschnitt (14.1 Prozent). Das Land mit den meisten einsamen Menschen ist Mecklenburg-Vorpommern, das eine Quote von 19,8 aufweist. Der niedrigste Wert wurde in Hamburg mit 8,7 Prozent gemessen. Die Enquete-Kommission griff bei ihren Analysen auf eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien zurück.

„Einsamkeit und Isolation sind große Herausforderungen, die längst breite Teile unserer Gesellschaft betreffen“, sagte SPD-Gesundheitsexperte Josef Neumann dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Es gebe eine Vielzahl von sozialen, medizinischen und psychologischen Ursachen. „Corona war nochmal ein Brennglas, das diese Vereinsamungstendenzen offengelegt hat. Die Einsetzung der Enquetekommission durch den Landtag zeigt die große Bedeutung des Themas für unsere Gesellschaft“, so Neumann.

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Der Bericht legt unter anderem einen starken Zusammenhang zwischen dem Einkommen und der sozialen Situation offen. Bei den Alleinerziehenden besteht offenbar ein besonders hohes Einsamkeitsrisiko. „Hier gab jede vierte Person an, sich mindestens manchmal einsam zu fühlen“, heißt es in dem Bericht. Alarmierend ist zudem der hohe Anteil von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich isoliert fühlen. Bei den Auszubildenden ist der Anteil der Einsamen zwischen 2013 und 2017 um sieben Prozent auf 16 Prozent angestiegen.

„Einsam ist, wem es an vertrauensvollen freundschaftlichen oder familiären Beziehungen und somit auch an emotionaler Unterstützung fehlt“, sagte Konstantin Achinger, der Vorsitzende der NRW-Jusos. Das Problem liege darin, dass die Orte, an denen solche Beziehungen nachhaltig aufgebaut werden könnten, an Bindungskraft verlören. „Konkret sind das beispielsweise Sportvereine oder Jugendverbände. Corona hat die Situation hier weiter verschärft“, so Achinger.

Nicola Dichant, Sprecherin der Grünen Jugend, kritisierte, die Politik habe viel zu wenig auf die Bedürfnisse von Jugendlichen und jungen Menschen geachtet. „Einsamkeit bei jungen Menschen muss endlich als Problem anerkannt und bekämpft werden. Dafür müssen Angebote, wie Telefonseelsorge oder die Schaffung von inklusiven Begegnungsorten ausgeweitet werden", sagte Dichant unserer Zeitung.

Abschlussbericht im Frühjahr

Der Abschlussbericht der Enquete-Kommission, der konkrete Handlungsempfehlungen enthalten soll, wird erst im nächsten Frühjahr vorgestellt. Schon jetzt steht fest, dass die Fraktionen einen Schwerpunkt bei der Bekämpfung von Einsamkeit im Städtebau sehen. Da viele Menschen oft nicht in der Nähe ihrer Angehörigen leben würden, komme der Nachbarschaft eine neue Bedeutung zu – ein guter Kontakt zu den Nachbarn könne vor allem ältere Menschen vor Einsamkeit schützen, bilanziert der Bericht.

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