Kommentar zur AfD„Gegen Verfassungsschutz kämpfen“ – Gaulands entlarvende Sätze

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AfD Parteitag 301120

Jörg Meuthen (l.) und Tino Chrupalla beim Bundesparteitag der AfD

  • Die AfD bietet bei ihrem Parteitag am Niederrhein ein bizarres Schauspiel.
  • Die Rechtspartei zerfällt in zwei fast gleich große Teile.
  • Ein Kommentar

Ein „Schneller Brüter“ ist ein Kernkraftwerk, das während seines Betriebs mehr spaltbares Material herstellt, als es in der gleichen Zeit verbraucht. Der „Schnelle Brüter“ in Kalkar am Niederrhein ist nach Protesten nie in Betrieb gegangen und heute ein Freizeitpark. Fast 30 Jahre nach dem Aus des Atomprojekts hat der Brüter am Wochenende erstmals jede Menge spaltbares Material hergestellt. Die AfD bot bei ihrem Bundesparteitag auf dem Gelände ein Schauspiel, das mit Kernschmelze nur unzureichend beschrieben ist.

Die Rechtspartei zerfällt in zwei fast gleich große Teile. Der eine will Bewegungspartei sein, paktiert mit Rechtsextremen oder ist selber rechtsextrem. Die Vertreter des Ex-„Flügels“, angeführt von Björn Höcke und dem neuen Brandenburger Fraktionschef Hans-Christoph Berndt, nutzen Bundestag und Landtage als Bühne. Sie wollen das parlamentarische System lächerlich machen und gewinnen ihre Kraft auf der Straße. Nach dem Ausplätschern der migrationsfeindlichen Bewegungen müssen sie neue Inhalte finden.

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Die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen kommen ihnen gerade recht. Wie andere Rechtsextreme docken sie an die Bewegung an, prägen sie zumindest im Osten maßgeblich. Dass die AfD durch diese Allianz bei ihrer ohnehin geschrumpften bürgerlichen Klientel unwählbar wird, nehmen sie in Kauf. Bundestags-Fraktionschef Alexander Gauland steht fest an der Seite dieses Bewegungsflügels. Er will sich vom radikalisierten Brandenburger Landesverband wieder für den Bundestag aufstellen lassen.

In Brandenburg ist die AfD bereits Verdachtsfall des Verfassungsschutzes, im Bund steht diese Entscheidung unmittelbar bevor. Gauland schreckt das nicht: „Wir müssen gegen den Verfassungsschutz kämpfen“, sagt er in die Kameras. Was Parteichef Jörg Meuthen mache, sei eine „Verbeugung vor dem Verfassungsschutz“. Der Ehrenvorsitzende wirft dem Parteichef Feigheit vor dem Feind vor – in diesem Falle ist der Feind der Staat. Entlarvender kann ein Satz nicht sein.

Meuthen kämpft um bürgerliche Rest-Klientel

Auch Meuthen hält die Einstufung der Gesamt-AfD als „Verdachtsfall“ für kaum noch abwendbar, dennoch kämpft er um die bürgerliche Rest-Klientel. Nach Punkten, also Wahlergebnissen, geht Meuthen als knapper Sieger aus diesem Parteitag hervor. Alle Nachwahlen zum Parteivorstand gingen in seinem Sinne aus, er hat im Führungsgremium der Partei eine komfortable Mehrheit. Zugleich hat er die Bundestags-Fraktionsspitze mit Gauland, Alice Weidel und Tino Chrupalla in die Schranken gewiesen.

Die AfD geht maximal gespalten ins Wahljahr 2021. Der eigentliche Anlass des Parteitags, die Verabschiedung eines Sozial- und Rentenprogramms, geriet völlig in den Hintergrund.

Einen Unterschied zwischen diesem Parteitag und einem Atomunfall aber gibt es: Der Fallout richtet sich nicht nach außen, sondern nach innen.

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