Noch keine Zulassung in SichtWann kommt der Impfstoff für die unter Fünfjährigen?

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(Symbolbild)

Berlin – Bis sich Kinder unter fünf Jahren gegen Covid-19 impfen lassen können, dürfte noch etwas Zeit vergehen. Die Impfstoffstudien von Biontech/Pfizer und Moderna sind noch nicht abgeschlossen. Vor allem die richtige Dosierung bereitet zurzeit noch Schwierigkeiten.

Nach wie vor gibt es Menschen in Deutschland, die sich nicht gegen Covid-19 impfen lassen können. Dazu zählen etwa die vier Millionen Kinder unter fünf Jahren. Für sie hat die Europäische Arzneimittel-Agentur (Ema) noch keinen Corona-Impfstoff zugelassen. Ob sich an dieser Situation zeitnah etwas ändern wird, ist fraglich. Denn weder Biontech/Pfizer noch Moderna – die Pharmafirmen, die zurzeit die Corona-Vakzine für Kinder und Jugendliche produzieren – haben bisher einen entsprechenden Zulassungsantrag bei der Ema gestellt.

Auch in den USA steht die Zulassung eines Corona-Impfstoffs für die unter Fünfjährigen noch aus. Weil die Zahl der Infektionen und Krankenhauseinweisungen unter den Kleinkindern während der Omikron-Welle gestiegen war, hatte die US-Gesundheitsbehörde FDA die Impfstoffhersteller Biontech und Pfizer dazu angehalten, schnellstmöglich erste Ergebnisse aus den laufenden Studien zu übermitteln. Was folgte, war ein ernüchterndes Zwischenfazit.

Biontech-Studie: Zwei- bis Vierjährige haben weniger Antikörper

Mitte Dezember gaben die Pharmafirmen bekannt, dass zwei Dosen ihres mRNA-Vakzins zwar Immunreaktionen bei den unter Fünfjährigen auslösen, diese je nach Altersgruppe aber unterschiedlich stark ausfallen.

Bei den Kindern zwischen sechs Monaten und zwei Jahren ließen sich nach einer doppelten Impfung ausreichend Antikörper feststellen; die Zwei- bis Vierjährigen wiesen hingegen nur 60 Prozent den Antikörperspiegel der Vergleichsgruppe, also der 16- bis 25-Jährigen, auf, wie die „New York Times“ Mitte Februar berichtete. Sicherheitsbedenken habe es keine gegeben.

Warum die Immunsysteme der Zwei- bis Vierjährigen schlechter auf die Impfungen reagiert haben, ist unklar. Womöglich hat dabei die Dosierung eine Rolle gespielt: Das Studiendesign von Biontech und Pfizer sah vor, dass die jungen Probandinnen und Probanden unter fünf Jahren zwei Dosen à drei Mikrogramm erhalten. Das entspricht einem Zehntel der Menge, die bei Erwachsenen injiziert wird. Es könnte sein, dass diese Dosierung für die Zwei- bis Vierjährigen nicht ausgereicht hat.

Biontech testet dritte Impfdosis für Kleinkinder

Um die Immunantworten der unter Fünfjährigen noch einmal zu steigern, testen Biontech und Pfizer in ihrer laufenden Studie nun die Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit einer weiteren Drei-Mikrogramm-Impfdosis. Diese dritte Dosis soll mindestens zwei Monate nach der zweiten verabreicht werden. Anfang April könnten entsprechende Daten verfügbar sein, erklärte Biontech Mitte Februar in einer Pressemitteilung.

Auf diese Ergebnisse will die US-Gesundheitsbehörde FDA warten. Ein für den 15. Februar angesetztes Treffen, bei dem es um die Zulassung des mRNA-Vakzins für Kinder zwischen sechs Monaten und vier Jahren gehen sollte, hatte die Behörde kurzerhand auf unbestimmte Zeit verschoben. „Auf der Grundlage der vorläufigen Einschätzung der Behörde und um mehr Zeit für die Auswertung zusätzlicher Daten zu haben, sind wir der Ansicht, dass zusätzliche Informationen über die laufende Auswertung einer dritten Dosis als Teil unserer Entscheidungsfindung für eine mögliche Zulassung berücksichtigt werden sollten“, teilte die FDA vor rund zwei Wochen mit.

Dass Kleinkinder drei Impfungen zur Grundimmunisierung benötigen, ist nicht ungewöhnlich. Auch bei Krankheiten wie Tetanus, Diphterie, Keuchhusten, Hepatitis B und Pneumokokken braucht es drei Impfungen, um ausreichend geschützt zu sein. Der Schutz muss dann regelmäßig aufgefrischt werden.

Moderna verwendet höhere Impfdosis

Auch der Impfstoffhersteller Moderna arbeitet an einem Corona-Impfstoff für unter Fünfjährige. Derzeit läuft eine Studie mit Kindern zwischen zwei und fünf Jahren. Erste Ergebnisse will die Firma im März vorstellen, verkündete sie Mitte Januar in einer Pressemitteilung.

Anders als bei Biontech und Pfizer erhalten die jungen Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer höhere Impfstoffdosen. Schon bei den Erwachsenen hatte Moderna mit 50 Mikrogramm eine höhere Dosis für die Corona-Impfungen gewählt. Bei den fortschreitenden Studien von Biontech/Pfizer und Moderna stellt sich jedoch eine wesentliche Frage: Braucht es überhaupt einen Corona-Impfstoff für die unter Fünfjährigen?

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Während der Omikron-Welle haben sich tatsächlich viele Kleinkinder mit dem Coronavirus angesteckt. Die Sieben-Tage-Inzidenz, die die Anzahl der Fälle der vergangenen sieben Tage pro 100.000 Einwohner beschreibt, liegt in der Altersgruppe der Null- bis Vierjährigen aktuell bei 1140,5, wie Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zeigen.

Auch die Zahl der Hospitalisierungen ist in dieser Altersgruppe gestiegen, vor allem gab es mehr Neuaufnahmen auf den Normalstationen, wie Daten der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) zeigen. Allerdings blieb die Zahl der intensivmedizinischen Behandlungen und Todesfälle weiterhin gering.

Kinderärzte raten von Off-Label-Impfungen ab

Um beurteilen zu können, wie gefährlich die Virusvariante Omikron für Kinder und Jugendliche genau ist, mangele es noch an belastbaren Daten, heißt es vonseiten der DGPI. Grundsätzlich entwickeln sie meist eher asymptomatische oder milde Krankheitsverläufe, wenn sie sich mit dem Coronavirus anstecken. Schwere Erkrankungen, gerade bei Kindern mit Vorerkrankungen oder Immunschwäche, können aber nicht ausgeschlossen werden. Sie könnten besonders von einer Corona-Impfung profitieren.

Eine Studie der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC legte zuletzt zudem nahe, dass eine Impfung mit dem Vakzin von Biontech/Pfizer vor dem multisystemischen Entzündungssyndrom Pims schützen könnte. Eine seltene Erkrankung, die durch eine vorangegangene Corona-Infektion ausgelöst wird, vor allem Kinder betrifft und mit Symptomen wie Fieber, Blutgerinnungsstörungen, Herzmuskelentzündungen oder Magen-Darm-Problemen einhergehen kann. Auch vor Long-Covid-Symptomen, also Spätfolgen der Corona-Infektion, könnte eine Impfung die Kinder schützen.

Wie genau das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Vakzine am Ende ausfallen wird, lässt sich heute noch nicht sagen. Dafür müssen die klinischen Studien der Impfstoffhersteller abgewartet werden. Expertinnen und Experten empfehlen, auf die Ergebnisse und Zulassungen der Gesundheitsbehörden zu warten, ehe man sein Kind gegen Covid-19 impfen lässt.

„Ich rate von Off-Label-Impfung von unter Fünfjährigen ab, weil wir keine Studiendaten haben und nicht mal die richtige Dosis kennen“, machte Jörg Dötsch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, vergangene Woche gegenüber dem RND deutlich. „Aber ich verurteile niemanden, der sein Kind off-label impfen lässt. Es ist sehr schwierig für Eltern, im Moment die richtige Entscheidung zu treffen – wir Kinderärzte helfen, egal was passiert.“

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