Erste Runde im TV-TriellScholz defensiv, Baerbock kämpferisch, Laschet unter Druck

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Triell im studio

Annalena Baerbock (Grüne) und Armin Laschet (CDU) begrüßen sich neben Olaf Scholz (SPD) im Studio zum ersten Triell.

Die erste Runde des Schlagabtauschs geht an Armin Laschet - zeitlich gesehen. Der Unionskanzlerkandidat hat im Triell bei RTL am Sonntagabend über den gescheiterten Afghanistan-Einsatz als derzeit größte internationale Krise eine Minute länger gesprochen als Olaf Scholz und Annalena Baerbock. Es soll gerecht zugehen bei dieser für den bisher recht inhaltsleeren Wahlkampf so wichtigen Fernsehauftritt der drei Konkurrenten. Der CDU-Chef formuliert seine Bilanz aber auch am drastischsten: Es handele sich um ein „Desaster des Westens - auch der Bundesregierung“.

TV-Triell Moderatoren

Die Moderatoren Peter Kloeppel und Pinar Atalay stehen anfangs der Sendung im Fernseh-Studio in Berlin-Adlershof.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident geht damit nicht nur auf Distanz zu Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, sondern auch demonstrativ zu der Frau, die 18 Jahre die Christdemokraten führte und deren Kanzlerschaft mit dieser vierten Legislaturperiode nach 16 Jahren selbstbestimmt enden wird. Laschet steht unter enormem Erwartungsdruck, das Umfragetief der Union, die künftig ohne Angela Merkel auskommen muss, hat sich verstetigt. CSU-Chef Markus Söder treibt ihn vor sich her, er hält Laschet für zu schwach für diesen Wahlkampf - und lobt stattdessen die scheidende Merkel, wo er kann.

Laschet beim Thema Afghanistan nicht ganz sattelfest

Richtig sattelfest erscheint Laschet beim Thema Afghanistan aber nicht. Geiseln würden nicht freigekauft, es werde nun sehr lange dauern, bis Ortskräfte noch herauskämen. Dabei laufen im Hintergrund Verhandlungen darüber, wer wie schnell aus dem Land kommt - auch durch Geld.

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Laschet Triell

Armin Laschet beim Triell

Dieses in der deutschen Wahlkampf-Geschichte erste Triell, in dem neben den Kanzlerkandidaten von Union und SPD mit Annalena Baerbock eine Herausforderin der Grünen dabei ist, dürfte die Sinne viele Zuschauerinnen und Zuschauer für die Wahl am 26. September schärfen. Die SPD lag in einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Insa bei der Sonntagsfrage bei 24 Prozent, die Union bei 21, die Grünen bei 17, die FDP bei 13, die AfD bei 11 und die Linke bei 6 Prozent.

Olaf Scholz überraschend defensiv, Baerbock kämpferisch

Scholz wirkt in dem Triell gemessen an seinem kämpferischen Auftritten vor Ort phasenweise überraschend defensiv. „Bedrückt“ ist er ob des jähen Endes 20-jähriger Militärmission und westlicher Wertevermittlung am Hindukusch. Über autofreie Innenstädte müssten die Städte entscheiden und der Kampf gegen den Klimawandel sei auch ein Industrieprojekt, das Deutschland weiterhin Wohlstand sichern werde. Und während seine Wahlplakate maßgeschneidert wirken, sieht es nun so aus, als sei das Jackett des dunklen Anzugs eine Nummer zu groß für den 63-Jährigen.

Baerbock Triell

Annalena Baerbock beim TV-Triell

Platziert in der Mitte zwischen Laschet und Scholz zeigt sich Baerbock kämpferisch. Manchmal breitet die 40-Jährige die Arme zu beiden Seiten aus und erklärt, warum ihrer Ansicht nach die beiden Vertreter der großen Koalition gravierende Fehlentscheidungen beim Afghanistan-Mandat oder beim Klima- und Umweltschutz getroffen haben.

Weiteren Lockdown lehnen alle Drei ab

Einen weiteren Lockdown in der Pandemie lehnen alle Drei ab. Laschet erweist sich abermals als Vertreter des weichen Kurses. Das was Söder kommen sieht - Vorteile für Genesene und Geimpfte, was im Umkehrschluss Einschränkungen für Impfverweigerer bedeutet - weist Laschet von sich. Die sogenannte 2G-Regel, die jetzt im SPD geführten Hamburg gilt, ist für ihn „kein Thema“. Eine Impfpflicht lehnen Scholz und Laschet klar ab, Baerbock sagt: „Stand heute: Nein“.

Scholz

Olaf Scholz beim TV-Triell

Beim Klimaschutz will Laschet „nichts verbieten“, Baerbock will vorschreiben: Solarpflicht für alle Dächer, zwei Prozent des Landes für Windräder, Kohleausstieg vorziehen. Laschet hat sich eine Formulierung zurecht gelegt: Die Grünen würden der Industrie Fesseln anlegen und forderten sie dann auf, schnell zu laufen.

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Schließlich sollen alle etwas Nettes übereinander sagen. Baerbock über Laschet: „Rheinische Frohnatur.“ Laschet über Scholz: „Er ist lange dabei und hat viel Erfahrung“. Scholz über Baerbock: „Engagierte Politikerin“. Er hoffe, dass sie gemeinsam einen Weg für die Zukunft finden werden. So gab es auch noch so etwas wie ein Koalitionsangebot. Bei der Gesamtzeit der Redeanteile liegen alle Drei am Ende übrigens nah bei einander. Jeweils rund 28 Minuten. Zeitlich ausgeglichen. 

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