KommentarCorona-Treffen von Bund und Ländern mit entmutigenden Vorzeichen

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Halbgare Entscheidungen nach stundenlangem Streit: Das muss diesmal anders laufen.

Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Damit muss die inzwischen berühmt-berüchtigte Ministerpräsidentenkonferenz, die an diesem Dienstag erneut zu einer Sondersitzung zusammenkommt, leben: Nach dem Chaos im bisherigen Corona-Management blicken die Deutschen mittlerweile skeptisch auf Krisentauglichkeit und Verantwortungsbewusstsein dieser Runde.

Zugleich stimmte bisher ja, womit viele Verantwortliche sich entschuldigten: Es ist für uns alle die erste Pandemie. Das gilt nun nicht mehr. Heute wissen wir, dass die Bund und Länder im vorigen Sommer Vorkehrungen für die dritte Welle verschliefen und sich nicht einmal auf einheitliche Schritte einigten, als die Zahlen längst explodierten.

Insofern bekommen sie nun doch eine zweite Chance: Sie können beweisen, aus ihrem schlechten Krisenmanagement gelernt zu haben - indem sie die erneut steigenden Zahlen ernst nehmen und sich auf schnelle, vorausschauende und einheitliche Schritte einigen. Ohne Nachtsitzungen, ohne Selbstvermarktung, ohne Ausscherer.

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Die vierte Welle läuft bereits

Das ist viel verlangt mitten im Wahlkampf. Und es gibt entmutigende Vorzeichen: Die Bundesregierung leugnet, was ihr Robert-Koch-Institut längst vermeldet: dass die vierte Welle schon läuft. Einzelne Wahlkämpfer fischen nach Stimmen von Impfskeptikern. Und auch CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet will keine Wähler verschrecken, wenn er erst im Herbst über Schritte zur Verbesserung der Impfquote nachdenken mag. Nur: Wird man fürs Wegducken wirklich gewählt?

Keine Frage: Derzeit sind Krisenmanager gefragt. Noch besser wären jedoch Politiker, die vorausschauend handeln. Die Warnungen ernst nehmen, Vorsichtsmaßnahmen einleiten. Das gilt für die Hochwassergebiete wie für die Klimakrise - und es gilt für Corona in der Delta-Variante. Wir wissen heute, dass exponentielles Wachstum frühes Handeln erfordert. Die Ministerpräsidenten dürfen sich also weder verstreiten, noch vertagen. Sie brauchen nachvollziehbare Regeln, die in allen Ländern gelten.

Dann lassen sich weitere Lockdowns womöglich vermeiden. Immerhin planen oder haben mehr als 80 Prozent der Deutschen ihre Impfung. In den Schulen werden Luftfilter eingebaut. Es gibt billige Tests und Masken. Daran können Bund und Länder ihr Alarmsystem anpassen. Sie können sich um Schutz für jene kümmern, die man nicht impfen kann, vor allem Kinder.

Lautstarke Minderheiten

Über Impfverweigerer müssen sie sprechen - dürfen sich aber über dieses Zehntel der Bevölkerung nicht zerstreiten. Kurzfristiger Applaus lautstarker Minderheiten hat noch keinem genutzt.

Die Ministerpräsidenten sollten bedenken, dass die meisten Deutschen bisher diejenigen unterstützten, die ihre Sorgen ernst nahmen, statt sie ihnen ausreden zu wollen. Vage Angst vor Corona-genervten Wählern ist es jedenfalls nicht wert, dass wir schon wieder schlecht vorbereitet in die nächste Welle reiten, obwohl man es hätte besser wissen können. Nein: müssen.

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