Kommentar zu TrumpZehn Republikaner für Impeachment: Der Damm ist gebrochen

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Donald Trump

„Dump Trump“ – weg mit Trump: Bislang war das eine linke Parole, zuletzt auch ein Hashtag auf Twitter. Dump Trump? Noch bis vor Kurzem war das für die Republikaner ein verbotener Gedanke. Doch in der vergangenen Nacht ist der Damm gebrochen: Zehn Republikaner im Repräsentantenhaus haben angesichts der Attacke von Trump-Fans aufs Kapitol mir den Demokraten für ein Impeachment gestimmt.

Vor allem die Worte der Republikanerin Liz Cheney hallen nach. Sie ist die Tochter des früheren Vizepräsidenten Dick Cheney, Abgeordnete aus Wyoming, Nummer drei in der republikanischen Hierarchie im Repräsentantenhaus. “Der Präsident der Vereinigten Staaten“, sagte sie, “hat diesen Mob gerufen, den Mob versammelt und die Flamme dieses Angriffs entzündet. Alles, was folgte, war sein Tun. Nichts davon wäre ohne den Präsidenten passiert.“

Alle Augen richten sich auf den Senat der USA: Stimmt auch die zweite Kammer für ein Impeachment Die Schlüsselfigur ist Mitch McConnell, der republikanische Mehrheitsführer im Senat. Er will sich Zeit lassen und das Thema erst nach der Amtseinführung Joe Bidens im Senat behandeln. Was aber wird er seinen Parteifreunden raten? Und wie wird er selbst abstimmen?

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Zur Sache selbst sagt McConnell nichts. Aber schon darin liegt etwas Sensationelles. McConnells Schweigen markiert den Beginn neuer Zeiten: Trump, abgewählt als Präsident, verliert jetzt noch die Macht über seine Partei. Lange hatte Trump die Republikaner durch und durch dominiert. Doch die streifen jetzt ihre Scheuklappen ab und leisten sich einen eigenen Blick auf die Welt. Und vieles, was sie sehen, spricht dafür, sich so schnell wie möglich loszusagen vom 45. Präsidenten der USA. Vier Überlegungen könnten und müssten die Republikaner motivieren, gegen Trump vorzugehen. Erstens: Mit Trump blamiert sich die Grand Old Party vor der Geschichte. Langjährige Trump-Kritiker unter den Republikanern wie etwa die Senatoren Ben Sasse und Mitt Romney sagen das schon lange. Inzwischen aber sehen es zögernd auch andere ein. Wer als konservativer Politiker in kommenden Wahlkämpfen Recht und Ordnung zum Thema machen will, kann nicht an seiner Seite den Mann auftreten lassen, der den Sturm aufs Kapitol entfacht hat. Zweitens: Ein Impeachment brächte eine machtpolitische Klarstellung. Der Kongress, eben noch von einem höhnenden Mob als Quasselbude herabgewürdigt, könnte vorführen, wie das System der USA in Wirklichkeit funktioniert – und wo in Washington im Konfliktfall der Hammer hängt.

Drittens: Mit einem Impeachment wäre der Quälgeist schnell abgeschüttelt – ohne nervtötende, vielleicht jahrelange Diskussionen, die der Partei anderenfalls drohen würden. Viertens: Würde zusätzlich per Senatsbeschluss angeordnet, dass Trump auch im Jahr 2024 nicht wieder Präsident werden kann, wäre der Weg zugleich schon freigeschossen für die Generation der Nachfolger. Diese Aussicht macht den Dump-Trump-Gedanken für alle Jüngeren in der Partei verlockend.

Mit Moral oder Staatsräson haben all diese Überlegungen nicht sehr viel zu tun. Doch was soll“s? Entscheidend ist die saubere Trennung von Trump. Mit Blick auf die emotionale Lage der Nation könnte es tatsächlich sinnvoll sein, erst Joe Biden zu vereidigen und sich dann in aller Ruhe den Verfehlungen Trumps zu widmen. Es geht nicht ums Tempo, sondern um Gründlichkeit und um Klarheit. Vor allem geht es darum, dass die USA gleichsam wieder das Licht einschalten nach vier dunklen Jahren. Die Republikaner würden, wenn sie dabei helfen, allen einen Dienst erweisen, sich selbst und auch ihrem Land.

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