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Kommentar zum InfektionsschutzgesetzSieg der Vernunft und wissenschaftlichen Evidenz

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Masken und auch Tests sind bewährte Mittel im Kampf gegen die Pandemie.

Berlin – Es sind nicht der Kanzler und sein Vize, die sich gerade blamiert haben. Es sind die Liberalen, die sich wieder einmal lächerlich machen. Dass Olaf Scholz und Robert Habeck auf ihrer Reise nach Kanada mit der Flugbereitschaft keine Maske getragen haben, ist mitnichten ein Skandal.

Alle Reisende mussten einen negativen PCR-Test vorweisen, und damit herrschte an Bord ein Schutzniveau, das mit normalen Flügen oder Bahnfahrten nicht vergleichbar ist. Der Skandal besteht vielmehr darin, dass die FDP in das Geschrei der Querdenker einstimmt und die Fotos ohne Maske als Begründung dafür nutzt, das neue Infektionsschutzgesetz im weiteren parlamentarischen Verfahren zu schleifen.

Führung sollte ein Vorbild sein

Natürlich ist es nicht sonderlich klug von der Führung des Landes, derartige Missverständnisse zu provozieren. Sie sollte in jeder Hinsicht Vorbild sein und sich auch schärferen Regeln unterwerfen als den Vorschriften, die für die breite Masse gelten. Das muss die Konsequenz aus dem Vorfall sein – nicht aber ein niedrigeres Schutzniveau für die Gesamtbevölkerung. Allenfalls wäre eine Prüfung sinnvoll, ob die hocheffizienten Klima- und Filteranlagen von Flugzeugen ausreichen, um zumindest nach dem Start und vor der Landung, wenn diese Systeme mit voller Leistung arbeiten, generell auf eine Maskenpflicht verzichten zu können.

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Aber wie bei allen Ausnahmen stellt sich die Frage, ob sie praktikabel handhabbar und kontrollierbar sind. Grundsätzlich gilt, dass Masken und auch Tests - gemessen am Verhältnis zwischen dem gesundheitlichen Nutzen und der verursachten Freiheitseinschränkung - bewährte und in der Bevölkerung weitgehend akzeptierte Mittel im Kampf gegen die Pandemie sind. Und diese ist leider noch immer nicht vorbei, auch wenn auch die Lage gegenwärtig entspannt scheint.

Sieg der Vernunft und wissenschaftlichen Evidenz

Es ist daher ein Sieg der Vernunft, dass die Ampelkoalition bei der nun beschlossenen Neufassung des Infektionsschutzgesetzes die ursprünglich geplante, aber völlig unsinnige Regelung aufgegeben hat, wonach bei Verhängung einer Maskenpflicht zum Beispiel in Restaurants alle Personen ausgenommen werden müssen, deren letzte Impfung nicht mehr als drei Monate zurück liegt. Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz für eine derartiger Fristenregelung.

Unter den vorherrschenden Omikron-Varianten können sich frisch geimpfte beziehungsweise Genesene offensichtlich genauso anstecken wie Menschen, bei denen eine Immunisierung oder eine Infektion schon etwas länger zurück liegt. Das gilt auch für die Übertragung des Virus durch Geimpfte oder Genesene auf andere Menschen. Gerade Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der immer wieder die Bedeutung der Wissenschaft für politischer Entscheidungen betont, hätte einer derartigen Lösung nie zustimmen dürfen.

Ausnahmen sind vermeidbares Sicherheitsrisiko

Noch viel wichtiger ist, dass Koalition auch den Plan aufgegeben hat, Beschäftigte oder Besucher von Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen von verpflichtenden Tests zu befreien, wenn sie frisch geimpft oder genesen sind. Auch hier fehlt der wissenschaftliche Beweis dafür, dass von ihnen keine Gefahr mehr für die Mitmenschen ausgeht. Dabei sind in dieser Frage die Anforderungen für eine Evidenz sogar noch höher als im Fall des Maske-Tragens in der Gastronomie oder bei Veranstaltungen. Schließlich geht es um den Schutz von Patientinnen und Patienten sowie Pflegebedürftigen, die hochgradig gefährdet sind.

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Es wäre fahrlässig, wenn der Bundestag auf Betreiben der FDP diese Verbesserungen gegenüber den ursprünglichen Plänen wieder kippen würde. Ausnahmen von Masken- und Testverpflichtungen sind weder sinnvoll noch notwendig, sondern ein vermeidbares Sicherheitsrisiko. (rnd)

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