Kommentar zur WohnungskriseVerzweiflung ist riesengroß – Politik muss Zeichen setzen

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Symbolbild

Es war von Beginn an ein ambitioniertes Ziel: 400.000 Wohnungen pro Jahr wollte die Ampel-Koalition bauen. Fachleute hatten schon früh Zweifel daran geäußert, dass das überhaupt zu machen ist. Nun räumt Bauministerin Klara Geywitz ein, dass sie ihr Ziel verfehlen wird. Überraschend kommt das Eingeständnis der Ministerin nicht, besorgniserregend ist es trotzdem.

Die Wohnungen werden dringend gebraucht. Nahezu jede Person hat schon Probleme auf dem Wohnungsmarkt erlebt. Die Krise zeigt sich im Alltag vieler Menschen: Da sind Familien mit mittleren Einkommen, die sich im Inneren der Großstädte keine Dreizimmerwohnungen mehr leisten können, weil die Kaltmieten immer weiter anziehen.

Da sind Geringverdiener, die seit Jahren vergeblich auf Wartelisten von Sozialwohnungsanbietern stehen. Und da sind die Menschen, die selber ein Haus bauen wollen, aber an Rohstoffmangel, Bürokratie und überlasteten Bauämtern verzweifeln. Dass es in naher Zukunft kaum Verbesserungen geben wird, ist für Betroffene eine Hiobsbotschaft.

Kein Fortschritt bei sozialem Wohnungsbau

Und der Bedarf an günstigem Wohnraum wird wegen der hohen Flüchtlingszahlen noch größer. Dieses Jahr könnten mehr Geflüchtete nach Deutschland kommen als in den Jahren 2015 und 2016. Bereits jetzt schlagen die Kommunen Alarm und fordern mehr Unterstützung. Für all diese Menschen braucht es ebenso langfristige Wohnungsangebote wie für den Rest der Gesellschaft.

Doch paradoxerweise kommen Bund und Länder beim Sozialwohnungsbau seit Jahren nicht voran. Die Politik wird aktuell von ihren Versäumnissen der Vergangenheit eingeholt. Und nun kommen weitere Faktoren hinzu, die den Bau von Wohnungen zusätzlich erschweren.

So hat sich der Materialmangel seit der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine verschärft, weswegen die Zahl der Baugenehmigungen abnimmt. Baukosten sind in die Höhe geschossen, doch manche Länder haben die Förderprogramme nicht schnell genug angepasst. Wenn dann doch genügend finanzielle Mittel aufgebracht werden können, gibt es zu wenig Personal, weil das Thema Fachkräftemangel verschlafen worden ist.

Bundesregierung muss Hürden abbauen

Mehr noch: Bauanträge stecken Monate bis Jahre in den zuständigen Behörden fest, weil das Baurecht zu kompliziert ist und die Ämter unterbesetzt sind. Ganz zu schweigen vom fehlenden Bauland etwa in den Städten, weil in den letzten Jahren nicht effizient genug gebaut worden ist. Von der Planung über die Bewilligung bis hin zum Bau reihen sich also Hürde an Hürde an Hürde.

Die Bundesregierung muss mithilfe der Länder dafür sorgen, dass diese Hürden abgebaut werden: Dafür braucht es kreative Lösungen, die das Baurecht vereinfachen und das Personal der Ämter aufstockt. Das könnte einen ersten Knoten beim Bau durchschlagen.

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Unter dem Strich liegt es aber auch an den finanziellen Mitteln: Die Bundesregierung muss mehr Geld in die Hand nehmen, damit trotz massiver Baukostensteigerungen genug günstiger Wohnraum entstehen kann. Es wäre auch ein Zeichen an die Gesellschaft, dass der soziale Wohnungsbau ganz oben auf der Agenda steht.

Wenn die Politik in Bund und Ländern in dieser Frage versagt, drohen gesellschaftliche Verwerfungen. Die Verzweiflung unter den Wohnungssuchenden ist bereits jetzt riesengroß. Es könnte sich also ein gefährlicher Cocktail aus Wohnungsnot, steigender Energiekosten und hoher Inflation zusammenzubrauen, der den sozialen Zusammenhalt gefährdet.

Die politisch Verantwortlichen müssen jetzt ein Zeichen setzen, dass sie Lösungen für alle Betroffenen suchen und zeitnah finden werden. Sonst könnte sich die Verzweiflung früher oder später auch in Wut gegen Geflüchtete manifestieren - das muss dringend verhindert werden.

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