Kyffhäuser-TreffenHöcke rechnet mit AfD-Bundesvorstand ab

Lesezeit 3 Minuten
Björn Höcke 070719

Björn Höcke

Leinefelde – Sein Auftritt lässt lange auf sich warten und wird mit viel Pathos als Höhepunkt der Veranstaltung inszeniert: Björn Höcke, Landeschef der AfD Thüringen und Rechtsaußen der Partei, betritt unter minutenlangem Jubel den Saal in Leinefelde, nachdem ein emotionaler Einspieler den Anführer der „Flügel“-Bewegung begrüßt. Höcke winkt eine Weile, verbeugt sich mehrfach, so ist es im Livestream zu verfolgen. Vor Ort war keine Presse zugelassen.

Zum fünften Mal traf sich der völkisch ausgerichtete „Flügel“, diesmal vor allem mit Blick auf die für die AfD vielversprechenden Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen am 1. September sowie Thüringen am 27. Oktober. Doch bevor es, mehr oder weniger, um Inhalte geht, thematisiert Höcke erst einmal Interna.

Es ist eine Abrechnung mit dem Bundesvorstand, der nach Höckes Ansicht seit anderthalb Jahren vor allem Machtpolitik betreibe und an wichtigen Aufgaben scheitere. Vor allem dem Gleichbehandlungsgrundsatz komme der Vorstand nicht nach, die Schiedsgerichte müssten ausgetauscht werden. Hintergrund sind vorausgegangene Entscheidungen, die sich gegen verschiedene Vorhaben Höckes richteten.

Björn Höcke will „Geschichte schreiben“

Für die Zukunft kündigt er an, selbst für den Vorstand kandidieren zu wollen – sollte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) im Herbst abgewählt werden und die AfD „Geschichte schreiben“. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass die AfD bei der Wahl tatsächlich stärkste Kraft in Thüringen wird. So oder so könne er versichern, dass der aktuelle Bundesvorstand nicht wiedergewählt werde, sagt Höcke unter tosendem Applaus in Leinefelde. Das Treffen steht diesmal unter dem Motto: „Der Osten steht auf“.

Das könnte Sie auch interessieren:

Seit Januar ist die „Flügel“-Bewegung vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall im Bereich des Rechtsextremismus eingestuft. Das Treffen dürfte die Beamten daher besonders interessiert haben, um festzustellen, wer sich dieser Vereinigung, die keine festen Mitgliedschaften verlangt, zugehörig fühlt.

Co-AfD-Chef Jörg Meuthen nahm erstmals nicht teil. In scharfen Tönen stimmten dafür Höcke, Parteichef Alexander Gauland und der brandenburgische Landeschef Andreas Kalbitz die Partei auf den Wahlkampf im Osten ein.

Situation in Sachsen ist Thema

Auch die zu zwei Dritteln für ungültig erklärte AfD-Kandidatenliste für die Sachsen-Wahl war Thema in Thüringen. Für Partei- und Fraktionschef Alexander Gauland ist die Kürzung der Liste durch den Landeswahlausschuss aufgrund von Formfehlern der Partei ein Affront gegen die AfD. „Man will einer demokratischen Partei das Recht nehmen, bei den anstehenden Wahlen stärkste Kraft zu werden“, sagte Gauland wörtlich bei seinem Grußwort in Leinefelde.

Die AfD werde sich gegen diese „Ungerechtigkeit“ wehren, fügte er unter dem Jubel von rund 800 „Flügel“-Anhängern hinzu. „Wir sind die Demokraten, die anderen sind es nicht!“ Er kündigte eine Erststimmen-Kampagne an.

AfD-Chef Gauland sieht Benachteiligung

Sein Parteikollege und brandenburgische Landeschef Andreas Kalbitz, der von der Moderatorin großspurig als künftiger Ministerpräsident präsentiert wurde, rief zum „Widerstand“ auf und betonte die Bedeutung des „Flügels“. „Wir haben den Anspruch, im Osten stärkste Kraft zu werden, unser Land zurückzuholen. Dafür machen wir keine Kompromisse“, sagte Kalbitz. „wir werden uns nicht prostituieren in irgendeiner Juniorkoalition mit der CDU.“ Die AfD müsse dabei gemeinsam an einem Strang ziehen.

Den „Kampf gegen Rechts“ durch den Staat scheint AfD-Chef Gauland im Übrigen nicht zu unterstützen. In Bezug auf den mutmaßlich von einem Neonazi erschossenen Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) sagte er am Samstag: „Die Altparteien haben einen Ermordeten instrumentalisiert“; wo es bei straffälligen Migranten stets um Einzeltäter gehe, würden jetzt „mit allen Mitteln Hintermänner und Netzwerke konstruiert“.

AfD-Mitglieder aus Nordrhein-Westfalen waren beim Kyffhäusertreffen nicht anwesend – bei einem vorgezogenen Landesparteitag in Warburg streitet der Verband an diesem Wochenende um seine Führung. Die Doppelspitze aus den beiden Vorsitzenden Thomas Röckemann und Helmut Seifen soll nach Angaben eines Parteisprechers mitsamt dem Landesvorstand abgewählt oder zum Rücktritt bewegt werden. Mit den nötigen Mehrheiten wird auf dem Parteitag, der bis Sonntagnachmittag dauern soll, dem Vernehmen nach aber nicht gerechnet

KStA abonnieren