Scheu vor Enttäuschung Selenskyjs?Warum Scholz nicht nach Kiew reist

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Olaf Scholz 180222

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

Macron hat sich bereiterklärt, dem Beispiel der Ministerpräsidenten Polens, Tschechiens und Sloweniens zu folgen und nach Kiew zu reisen - wenn das denn einen Nutzen habe. Was wird der Bundeskanzler machen? Nach RND-Informationen wird in der Regierung befürchtet, dass Erwartungen an Nato-Hilfe geschürt würden - die Scholz abermals ablehnen müsste.

Osteuropäische Präsidenten fordern weitere Staatschefs auf

Ihr Solidaritätsbesuch im umkämpften Kiew in der vorigen Woche sorgte für Aufsehen - die Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien reisten mit dem Zug zum ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, um so ihre Unterstützung für den Freiheitskampf seines Landes gegen Russland zu zeigen. Danach rief Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki Kanzler Olaf Scholz (SPD) und weitere Staats- und Regierungschefs auf, es den Osteuropäern gleich zu tun. Bisher ist es aber nicht dazu gekommen. Woran liegt das?

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärte umgehend seine Bereitschaft, eine solche Reise zu unternehmen, ließ aber wissen, dass sie einen wirklichen Nutzen haben müsste. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte noch am selben Abend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“: „Wenn es einen Beitrag leistet - ich würde immer fahren.“ Wenn es denn einen Beitrag leistet, wenn es denn einen Nutzen hat. Die Formulierungen offenbaren Befürchtungen.

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Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, hebt seine Hand während er per Videokonferenz mit dem US-Kongress spricht.

Habeck sagte noch auf die Frage, ob Scholz nach Kiew fahren sollte: „Ich bin nicht die Reiseplanung des Bundeskanzleramts und kann auch nicht für Olaf Scholz sprechen.“ Sprechen kann für Olaf Scholz dessen Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Er sagt am Montag in der Bundespressekonferenz auf die Frage nach den Reiseplänen des Bundeskanzlers, dass generell rechtzeitig über anstehende Auslandsreisen informiert werde. Am Montag war das nicht der Fall.

Nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) gibt es in der Regierung eine gewisse Scheu, die so begründet wird: Was wäre die Erwartungshaltung an ein Treffen von Scholz oder Macron oder ihren Amtskollegen mit Selenskyj in Kiew? Die westlichen Staats- und Regierungschefs würden keinen Millimeter von ihrem Nein zur Nato-Unterstützung für die Ukraine abrücken können. Die Begründung dafür haben sie seit Beginn des russischen Angriffskrieg am 24. Februar stets mitgeliefert: Sie wollen eine Eskalation verhindern, die die Gefahr eines dritten Weltkriegs berge.

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Für Selenskyj, gegen dessen Land Moskau in aller Härte Krieg führt, wäre das aber kein Trost. Bei ihm sterben Zivilisten seit Wochen, Städte werden von Russland plattgemacht. Er warnt den Westen, dass Putin es nicht nur auf die Ukraine abgesehen habe.

Eine etwaige Reise von Scholz oder Macorn und anderen in die umkämpfte Hauptstadt würde vermutlich die Erwartung schüren, dass es sich Nato-Partnerstaaten anders überlegen müssten - was sie nicht könnten, heißt es. Was also wäre der „Beitrag“, der „Nutzen“? Eine wichtige Solidaritätsbekundung, argumentieren Anhänger der Reise von Morawiecki und seinen beiden Amtskollegen. Das würde Selenskyj aber wenig nützen, lautet ein Gegenargument. Da helfe es ihm mehr, wenn Deutschland, wie jetzt erörtert wird, fabrikneue Waffen kauft und sie an die Ukraine weiterleitet.

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