Kölner Lehrer spricht Klartext„Kinder brauchen in der Schule schnelles Internet“

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Kinder in der Schule Symbolbild

Viele Schulen in der Region haben noch keine Gigabit-Anschlüsse. Kinder müssen im Unterricht häufig deutlich langsamere Leitungen nutzen.

  • Kay Reichwehr ist Lehrer und Medienbeauftragter der Helios-Grundschule in Köln. In dieser Funktion ist er die wichtigste Person für die Digitalisierung der Schule.
  • Im Interview spricht er darüber, warum schnelle Leitungen auch für Grundschüler immer wichtiger werden und warum jetzt die Grundlagen für die Zukunft gelegt werden müssen.
  • Außerdem erzählt er von den weiteren Bausteinen guter digitaler Bildung.

Herr Reichwehr, wie wird Internet in normalen Zeiten im Unterricht an der Helios-Grundschule genutzt? Kay Reichwehr: Sehr unterschiedlich. Da wir noch kein flächendeckendes WLAN haben, nutzen einige Gruppen es ständig, andere müssen für die Internetnutzung den Raum wechseln. Die Kinder brauchen das Internet für Forschungsprojekte, zum Recherchieren oder für Erklärvideos, zum Beispiel die Sendung mit der Maus. Sie sammeln Erfahrungen, lernen mit dem Internet-ABC, Fakten von Meinungen zu trennen, oder wir schauen gemeinsam Kindernachrichten über das Internet.

Wie wichtig ist der Anschluss an sehr schnelle Internetleitungen für Ihren Schulalltag?

Der schnelle Anschluss wird notwendig, wenn wir plötzlich eine große Masse von Kindern haben, die gleichzeitig digital arbeiten wollen. Wir haben aktuell 50 Tablets an der Schule und wollen die Zahl verdoppeln. Wenn dann 100 Schüler gleichzeitig im Netz sind, mit Apps arbeiten, die vor allem in der Grundschule sehr bild- und videoorientiert sind, entstehen große Datenmengen, die durch die Leitungen gehen müssen. Wenn Kinder eigenständig, selbstorientiert und mit eigenen Lernzielen lernen und forschen, brauchen sie ein schnelles Internet. Die Grundlage dafür sind schnelle Leitungen, die ins Gebäude reinführen.

Zur Person

Kay Reichwehr (30) ist Lehrer für Mathe, Deutsche und Sport an der Helios-Grundschule in Köln. Als Medienbeauftragter der Schule ist er sowohl für die digitale Datenverwaltung zuständig als auch für die Verwaltung von Lernapps und Endgeräten. Zudem gibt er Workshops für Kolleginnen und Kollegen und ist im ständigen Austausch mit Behörden und Schulträger, um schnelle Internetleitungen zu garantieren.

Einige Kommunen behandeln Grundschulen bei den Leitungen zweitrangig. Reicht für jüngere Kinder auch eine niedrigere Internet-Geschwindigkeit?

Natürlich braucht eine Grundschule mit 200 Plätzen weniger Kapazitäten als eine Gesamtschule mit 1300 Kindern. Aber es steckt ja auch noch vieles in den Grundschulen in den Kinderschuhe. Ich plädiere dafür, jetzt die Grundlagen dafür zu schaffen, dass wir uns weiterentwickeln können. Vielleicht brauchen wir gerade nur eine 50-Mbit-Leitung, aber in fünf Jahren schon eine viel schnellere, weil – auch getrieben durch die Corona-Krise – in Zukunft mehr Geräte und mehr Apps gleichzeitig am Netz sind. Daher müssen jetzt zukunftsfähige Leitungen gelegt werden. Nicht nur in weiterführenden Schulen, sondern auch in Grundschulen.

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Noch wichtiger wird die Versorgung mit schnellem Internet, wenn es in Zukunft einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen geben sollte, dort Hausaufgaben mit digitalen Hilfsmitteln oder Lernübungen mit Apps gemacht und auch mal ein Film geguckt werden soll.

Kay Reichwehr Heliosschule

Kay Reichwehr ist Lehrer und Medienbeauftrager an der Helios-Grundschule in Köln.

Wie gehen Sie damit um, dass die Leitung zwar liegt, aber nicht überall WLAN verfügbar ist?

Wir haben zwei Schulgebäude. In einem von beiden, einem Containerbau, haben wir jetzt provisorisch selbst für eine bessere Abdeckung gesorgt. Im Hauptgebäude sind wir schon gut verkabelt. In vielen Schulneubauten wird dieser Aspekt von Beginn an mitgeplant, das ist ein Lichtblick. Aber an anderen Schulen geht es nicht von heute auf morgen, da gibt es halt noch dicke Betonwände und jeder Raum braucht einen eigenen Anschluss. Ich habe den Eindruck, es passiert jetzt viel in diese Richtung, aber eigentlich ist es zu spät.

Ist die Schule Ihrer Kinder an das superschnelle Gigabit-Internet angebunden. Finden Sie es heraus:

Ist mit der Versorgung mit schnellen Anschlüssen guter digitaler Unterricht gewährleistet?

Nein. Wäre digitaler Unterricht ein Haus, bildeten die Gigabitleitungen ein stabiles Fundament, das WLAN die Wände. Ich brauche aber auch die Geräte, Apps, Zugänge zu ihnen – und vor allem Lehrkräfte, die damit umgehen und mit digitaler Hilfe mit Kindern lernen können. Dafür brauche ich Zeit für Fortbildungen. Und zwar für alle Lehrkräfte, weil der Fokus bisher selten auf der digitalen Bildung lag. Und besonders für Lehrkräfte, die schon länger im Schuldienst sind. Um im Bild zu bleiben, sind diese Bausteine der digitalen Bildung das Dach, die Heizung, Fenster, ein Sofa und alles andere, um sich in einem Haus wohlzufühlen. An vielen Schulen gibt es die Bausteine schon, aber sie müssen auch zusammengefügt werden.

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